Mitte Mai hatte Dean Burch die 18-wöchige Rekrutenschule beendet, zehn Tage später gewann er einen Kranz am Glarner-Bündner Schwingertag. «Ich hatte während der ganzen RS kein Schwingtraining gemacht, ich hatte zwar Ausdauer, fürs Schwingen war ich aber sicher nicht in körperlicher Bestverfassung», sagt der 1,80 Meter grosse und 82 Kilo schwere Athlet.«Die frühen Erfolge habe ich meiner mentalen Stärke zu verdanken», sagt Dean Burch. Er habe dabei sogar erfolgreich erstmals den Brienzer angewandt, ohne ihn vorher trainiert zu haben. Es hat sich also im Kopf entschieden, dass der Widnauer am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest vom kommenden Wochenende in Pratteln starten darf. Denn nach diesen beiden Kränzen – Burch hatte schon 2021 einmal Eichenlaub gewonnen – stand seine Teilnahme am Saisonhöhepunkt praktisch fest.[caption_left: In Wil gewann Dean Burch bereits zum zweiten Mal einen Kranz am St. Galler Kantonalschwingfest. Bild: pd]Burchs Bonus-Ziel: Am Sonntag noch schwingen«Ich rechnete schon mit einer Selektion, in der Woche vor dem Entscheid war ich aber extrem nervös», sagt Dean Burch. Nun ist die Vorfreude aufs erste Eidgenössische riesig, Burch möchte so gut schwingen, dass er am Sonntag im fünften und sechsten Gang noch dabei ist, denn rund ein Drittel der 278 Schwinger scheiden nach vier Gängen aus.«Es wird sicher schwer, den Schnitt zu überstehen», sagt der Widnauer, «und selbst wenn ich es nicht schaffe, wäre es nicht schlimm: Mit der Teilnahme am Eidgenössischen habe ich mein Ziel bereits erreicht.» Vorläufig gebe er sich damit zufrieden: «Ich habe noch viel Zeit, um höhergesteckte Ziele anzupeilen.»Nach den zwei Kranzgewinnen im Frühsommer blieben Burch weitere Auszeichnungen versagt. Das lag einerseits daran, dass der Brienzer nun nicht mehr funktionierte, die Gegner hatten sich darauf eingestellt. Vor allem hatte Burch jegliches Kalkül über Bord geworfen. «Mein bevorzugter Stil ist der Angriff», sagt Burch, «und ein paar Mal bin ich damit knapp gescheitert.» Etwa vor zwei Wochen am Schwägalp-Schwinget. Dort brachte Burch Johann Borcard an den Rand einer Niederlage. Der Rheintaler suchte die Entscheidung und kassierte prompt einen Konter. Zwei Gänge später gelang Rocard ein Gestellter gegen den überlegenen Festsieger Samuel Giger.Dean Burch kam zum Schwingen, nachdem sein jüngerer Bruder Dave damit angefangen hatte. Der Bruder hat inzwischen aufgehört, auch die Schwingkarriere von Vater Toni Burch endete wegen einer Verletzung früh. Dean Burch kämpft seit zehn Jahren im Sägemehl, immer in Montlingen, als Jungschwinger war er aber nie an einem Eidgenössischen dabei.Seit ein paar Jahren steht er auch als Ringer im Einsatz, in dieser Sportart wird er aber kürzertreten: «Das Schwingen wird intensiver, deshalb brauche ich mehr Erholung. Zudem habe ich als Armdrücker ein Hobby gefunden, indem ich sogar international mithalten kann», sagt Burch. Nach dem Eidgenössischen gilt sein Fokus der Armdrücker-WM, die er im Herbst in der Türkei bestreiten kann.«Viele sehen nicht, wie viel ich trainiere»Vielfältig wie seine Sportarten, ist auch Burchs Trainingsprogramm: Armdrücken, Krafttraining, sogar ein Geheimtraining mit einem Kollegen ist dabei. Im Schwingkeller sei er relativ selten, etwa zweimal pro Woche. Gerne trainiert er auch bei den Kollegen aus Mels oder dem St. Galler Stadtverband: «Deshalb sehen das viele nicht: Aber ich habe es vor allem deshalb ans Eidgenössische gebracht, weil ich sehr viel trainiere.» [caption_left: Fabian Ulmann (rechts) ist in Pratteln zwar dabei, wird aber wohl nicht zum Einsatz kommen. Bild: pd]Trotz des Kranzgewinns wohl nur ZuschauerDer 22-jährige Montlinger Fabian Ulmann war im Juni 2021 der erste Neukranzer des Schwingklubs Mittelrheintal nach zehnjähriger Durststrecke. Dem Premierenerfolg am Schaffhauser Kantonalen folgte das zweite Eichenlaub kurz darauf am St. Galler Kantonalschwingfest in Kaltbrunn.Damit war er vor dieser Saison ein Anwärter auf einen Platz am Eidgenössischen Schwingfest. «Dadurch habe ich mich zu stark unter Druck gesetzt, ich konnte Anfang Saison nicht befreit schwingen», blickt Ulmann zurück. Er und sein Umfeld erkannten zwar weitere Fortschritte gegenüber dem «Durchbruchjahr» 2021, in den Resultaten schlugen sich diese aber nur bedingt nieder – auch weil Ulmann als Kranzschwinger in der Regel stärkere Gegner zugeteilt bekommt als zuvor. Deshalb ist er auch zufrieden mit der Saison 2022, vor allem, weil der ersehnte Kranzgewinn doch noch eintraf: Am 10. Juli wurde der Montlinger am Appenzeller Kantonalschwingfest in Urnäsch zum dritten Mal gekrönt.«Ich möchte beweisen, dass sie falsch liegen»Mit diesem Leistungsausweis hatte Fabian Ulmann eine Selektion fürs Eidgenössische Schwing- und Älplerfest in Pratteln erwartet. Aber der Nordostschweizer Schwingerverband vergab keinen seiner 65 Startplätze an den 22-jährigen Rheintaler, stattdessen ist Ulmann nur als Ersatz in Pratteln dabei. «Dass ich nicht aufgeboten wurde, war eine grosse Enttäuschung», sagt Fabian Ulmann, «auf der Ersatzliste sind sogar Schwinger vor mir, die in diesem Jahr keinen Kranz geholt haben.» Auch Robert Hutter, Präsident des SK Mittelrheintal, kann die Nichtberücksichtigung Ulmanns nicht verstehen.Für den Sanitär-Installateur, der soeben die Zusatzausbildung zum Chefmonteur abgeschlossen hat, ist seine Ersatzrolle in Pratteln jedoch kein Karriereknick: «Im Gegenteil, ich möchte vielmehr zeigen, dass der Verband falsch lag.» Und es gibt in den kommenden Jahren weitere Feste mit eidgenössischem Charakter: Das Unspunnenfest 2023, das Jubiläums-Schwingfest 2024 und das nächste Eidgenössische in drei Jahren.Höchstwahrscheinlich werde er in Pratteln nicht zum Einsatz kommen, sagt Ulmann, aber eine Resthoffnung besteht noch. Auf Pratteln hat er sich vorbereitet, wie wenn er am Samstag um 8 Uhr zum Anschwingen antreten müsste.