Chris EggenbergerDer 23-jährige Thomas Percy aus Balgach bezeichnet sich selbst als leidenschaftlichen Freidenker und Laizisten, also Verfechter der Trennung von Kirche und Staat. Im Format «WG der Religionen» des Schweizer Radios und Fernsehens, in dem fünf Menschen mit verschiedenen Glaubensrichtungen eine Wohngemeinschaft gründeten, repräsentierte der Politikstudent den Atheismus, den Nichtglauben.Er vertrat damit einen Viertel der Schweizerinnen und Schweizer, so viele werden landesweit als konfessionslos eingeordnet. Seine Ablehnung des Glaubens an einen Gott traf in der Wohngemeinschaft auf Vertreter aus dem Christentum, Judentum, Islam und auf eine Buddhistin.Percy wuchs zwar christlich-reformiert auf, Religion spielte in seinem Leben aber nie eine grosse Rolle. Nach seiner Konfirmation begann er, sich stark mit dem Islam und später auch seinem eigenen Glauben auseinanderzusetzen.Vorträge von Atheisten wie dem US-amerikanischen Wissenschaftler Richard Dawkins halfen dem Balgacher, «seine Wahrheit» im aufgeklärten Humanismus zu finden. Er beschreibt sich selbst nicht als Gegner der Religion, die Glaubensfrage solle jeder mit sich selbst ausmachen. Problematisch werde es allerdings, wenn Religionsgemeinschaften im Staat privilegiert seien, so wie zum Beispiel in der Schweiz.Vegi-WG mit viel PfefferAls Grund für seine Teilnahme an diesem ungewöhnlichen Experiment nennt er neben seiner Leidenschaft für den Glauben, oder eben Nichtglauben, die Möglichkeit, seine Standpunkte mit religiösen Menschen auf neutralem Boden diskutieren zu können.Gerade angekommen im vorübergehenden Zuhause wartete auch schon die erste Herausforderung. Vorurteile und Rituale der Teilnehmer trafen aufeinander. Sinnbild dafür: Beim ersten gemeinsamen Znacht traute sich keiner, ein Tischgebet zu sprechen; wer wollte, tat dies leise für sich.Die Zurückhaltung sei nach den ersten Unterhaltungen aber schnell verflogen, sagt Percy. Die Offenheit im Haus habe eine fruchtbare Grundlage zum Gespräch geboten. Zum Beispiel sei es spannend gewesen, dass bis auf jemanden alle Teilnehmer Vegetarier gewesen seien, alle aus verschiedenen Beweggründen. Thomas Percy bedauert etwas, dass «nur» vier etwa halbstündige Folgen produziert wurden. «Wir hatten viele tiefe Gespräche, die am Ende herausgeschnitten werden mussten, das ist etwas schade», erklärt er. Insgesamt ist Percy aber sehr zufrieden mit dem Experiment. Er habe zahllose interessante Gespräche geführt und viel gelernt; vor allem die individuelle Auslebung des Glaubens jeder Person habe ihn beeindruckt. Ausserdem habe er sich von seinem christlichen Kollegen zu einem kurzen morgendlichen Fokus auf sich selbst überzeugen lassen.Auf heikle Themen zugehen mithilfe einer DragqueenZwei Folgen der «WG der Religionen» wurden bereits ausgestrahlt. In der ersten ging es ins Haus Tao, ein buddhistisches Meditationszentrum im Kanton Appenzell und in der zweiten führte der Jude Shirtai seine Mitbewohner in die Synagoge seiner jüdischen Gemeinde in Zürich. Kurz vor Schluss ging es unter der Leitung von Thomas Percy auf eine Sternwarte. Am «Ort der Wissenschaft» wartete eine böse Überraschung auf den Atheisten. Der Leiter der Warte war ein gläubiger Christ.In der dritten Folge, die heute Donnerstagabend gezeigt wird, hat Percy aber noch ein Ass im Ärmel: Mit einer Dragqueen, also einem Mann, der sich als Frau darstellt, will er die Stellung von Frauen und Homosexuellen in der Religion ansprechen – kritisieren. Provokant, wird einer sagen, intelligent ein anderer; laut Percy sei die Aktion bei seinen WG-Kollegen aber gut angekommen.Hinweis «WG der Religionen», donnerstags, 21.05–21.50 Uhr, SRF 1 und im Player auf srf.ch