10.04.2020

Ihr Wissen ist jetzt besonders gefragt

Selbst wenn ihre Beratung nun sehr geschätzt wird: Auch Apotheken und Drogerien spüren die Corona-Krise.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Corona bestimmt momentan unser Leben. Auch den Alltag in den Drogerien und Apotheken. Nicht weil viele vom Virus Infizierte Medikamente abholen kämen, sondern wegen der Vorsichtsmassnahmen, die Apotheken und Drogerien ebenso einzuhalten haben wie andere Geschäfte des täglichen Bedarfs. Und weil man hier einige Dinge bekommt, die gerade jetzt besonders gefragt sind.Denken in AlternativenDesinfektionsmittel beispielsweise. In der Sternen Apotheke in Altstätten war die Nachfrage danach enorm, besonders in den ersten Tagen, nachdem der Bundesrat die nach wie vor geltenden Hygienevorschriften kommuniziert hat. Dominik Schnell, der anfangs Jahr die Apotheke von seinen Eltern Judith und Peter Schnell übernommen hat, fand zwar laufend Lieferanten, die liefern konnten. Trotzdem überlegte man sich im Team, was alternativ zum Desinfizieren abgegeben werden könnte, sollten die Lieferungen einmal ausbleiben. «Wacholdergeist zum Beispiel», sagt Peter Schnell, «der besteht zu 70 % aus Alkohol.» Letztlich habe aber selbst in den turbulenten ersten Tagen, als alle Unternehmen sich auf die neue Situation erst einstellen mussten, der Nachschub an Medikamenten und Drogerieartikeln besser funktioniert, als zu befürchten gewesen war. Das Bestellte wurde vielleicht ein paar Stunden später geliefert als gewohnt. «Aber es kam», windet Peter Schnell den Lieferanten ein Kränzchen. Innert weniger Tagen sei die Lieferkette neu organisiert gewesen.Fachleute suchen händeringend nach MaskenGross ist die Nachfrage momentan auch nach Hygiene- und Atemschutzmasken. Nicht nur von Privatkunden, sondern beispielsweise auch von selbständigen Hebammen oder Physiotherapeuten: «Die suchen händeringend nach Masken, weil solche jetzt für ihre Arbeit vorgeschrieben sind», sagt Petra Hagel, Geschäftsführerin der  Zentral-Apotheke in Heerbrugg. Angebote gebe es zwar durchaus, aber teils zu horrenden Preisen und teils mit fragwürdigen Zertifikaten. Von denen lasse sie die Finger. Sie verzichte auch darauf, Masken in Italien zu beschaffen. Das fände sie unethisch: «Dort brauchen sie die Masken jetzt dringend selbst», sagt Petra Hagel.Dass Arztpraxen momentan nur dringende Behandlungen durchführen dürfen, merkt man in den Apotheken. Die Kundenfrequenzen sind deutlich tiefer als gewöhnlich. Allerdings sei das Informationsbedürfnis gross, stellt Petra Hagel fest.In der Sternen-Apotheke in Altstätten ist es nicht anders. Das hänge nicht zuletzt mit den sozialen Medien zusammen, sagt Dominik Schnell, «da werden die verrücktesten Geschichten herumgeboten … das verunsichert die Leute enorm». In der Apotheke bekommen sie Informationen, die «verheben».Die Verunsicherung vieler zeigte sich beispielsweise in einer grossen Nachfrage nach Schmerzmitteln und hustenstillenden Medikamenten. Dies merkte man auch in der Dropa Drogerie in Oberriet, wo es lediglich nicht rezeptpflichtige Medikamente zu kaufen gibt. Um einen Engpass zu verhindern, rationierte der Bundesrat den Verkauf von Schmerzmitteln und hustenstillenden Präparaten.Mittlerweile werde meist nur noch gekauft, was gerade benötigt werde, sagt Barbara Wellerdieck, die Betriebsleiterin der Dropa Drogerie in Oberriet. Im Besonderen Geschenke wie beispielsweise Parfums würden momentan kaum nachgefragt.Eine Einbahn durch die ApothekeWas für andere Geschäfte gilt, die momentan geöffnet haben dürfen – im Besonderen, dass nicht mehr als ein Kunde pro zehn Quadratmeter Fläche im Geschäft sein darf –, gilt auch für Apotheken und Drogerien. Auf dem Boden wurden Abstandsmarkierungen angebracht und Plexiglasscheiben an der Kasse. In der Sternen-Apotheke ermöglichten die zwei Zugänge die Einrichtung einer «Einbahn» für die Kunden: vom Rathaus her gehts hinein, zur Marktgasse hinaus. Die Leute würden sich vorbildlich daran halten, sagt Judith Schnell. Auch an den Hinweis beim Eingang, vor der Apotheke zu warten, wenn schon mehrere Personen in der Apotheke bedient werden.Hauslieferdienst extrem gefragtAnfangs seien immer wieder ältere Leute noch selbst in die Drogerie gekommen, sagt Barbara Wellerdieck. Man habe sie dann freundlich, aber bestimmt darauf aufmerksam gemacht, dass sie jetzt zu Hausen bleiben sollten und dass man das Gewünschte auch gerne liefere. Die Dropa Drogerie nutzt dafür auch die Freiwilligendienste der Dorfvereine. Ihnen ist Barbara Wellerdieck sehr dankbar: «Sie entlasten unseren eigenen Hauslieferdienst sehr.»Auch die Hauslieferdienste der Apotheken sind momentan sehr gefragt, In dieser ausserordentlichen Situation mache man das gerne, versichern sowohl Peter Schnell von der Sternen-Apotheke als auch Petra Hagel von der Zentral-Apotheke.Dranbleiben und draus lernenWie wohl alle hoffen auch die Drogisten und Apotheker, dass man bald wieder ins gewohnte Leben zurückkehren kann. Gerade jetzt, wo der Frühling dazu verleite, zu den alten Gewohnheiten zurückzukehren, sei es aber umso wichtiger, sich an die Pandemie-Vorschriften des Bundesrates zu halten, sagen Dominik, Judith und Peter Schnell von der Sternen-Apotheke in Altstätten. Petra Hagel von der Zentral-Apotheke in Heerbrugg stimmt dem zu: Das mit grossem Effort Erreichte, dürfe jetzt nicht fahrlässig zunichte gemacht werden. Gleichwohl hofft sie auf eine baldige, vernünftige Ausstiegsstrategie.Dann gelte es aber auch, die Lehren aus der Krise zu ziehen: Peter Schnell hofft, dass die Leute vermehrt wieder das heimische Gewerbe berücksichtigen, statt ennet der Grenze einzukaufen. Ähnliches müsse man sich aber auch auf übergeordneter Ebene überlegen, betont er. Die Corona-Pandemie habe Schwächen der Globalisierung offengelegt, stellt Peter Schnell fest: Im Besonderen wäre wichtig, die Produktion mancher wichtiger Güter und Medikamentenwirkstoffe, die aus Kostengründen ins Ausland verlagert worden sind, wieder zurück in die Schweiz zu holen.

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