Am Ostersonntag, 9. April 2023, ist der bekannte ehemalige Motorsportler Kurt «Zubi» Kellenberger an Krebs gestorben. Bekannt war der in Walzenhausen aufgewachsene Auer vor allem als Bergrennfahrer der Spezialwagenklasse im Eggenberger BMW 320.
Am «Finale Furioso» beim letzten Bergrennen der Saison 1980, St. Peterzell – Hemberg, hatte er als Favorit schon eine Hand am Schweizer Meisterpokal. Doch das Glück war nicht auf seiner Seite. Kellenberger sei durch einen technischen Defekt ausgeschieden, hörte man aus den Lautsprechern.
Unter den schnellsten Schweizer Motocrossern
Kurt Kellenberger wurde als jüngstes von fünf Kindern – drei Brüder und zwei Schwestern – am 5. März 1944 geboren. Aufgewachsen ist er im Rennfahrerdorf Walzenhausen, dem Balkon über dem Bodensee. Von 1910 bis 1954 fand dort das Auto- und Motorrad-Bergrennen Rheineck – Walzenhausen – Lachen statt. Schon früh entdeckte Kellenberger seine Liebe zum Motorsport, so erlernte er in St. Margrethen auch den Beruf des Automechanikers.
1962 begann «Zubi» auf einer Jawa Motocrossrennen zu fahren. Weil er nur 1,62 m gross war, trauten ihm viele das Fahren dieser schweren Motorräder nicht zu. Doch «Dä chli Appezeller» war von Beginn an einer der Schnellsten. Nach zwei Jahren stieg er vom Amateurverband SAM in die höhere Klasse des Schweizer Landesverbandes FMS auf.
Dafür kaufte er die damals wohl beste Motocross-Maschine der englischen Marke Greeves. Und: Um weiterhin an SAM-Rennen in der Region starten zu können, legte er sich kurzerhand das Pseudonym Silvio Haller zu.
In bester Erinnerung ist ein Rennen in Herisau, wo er als Lokalmatador über sich hinauswuchs und von Beginn an führte. Er lag vor grossen Namen wie Walter Kalberer, dem Liechtensteiner MFK-Experten Manfred Schurti, Urs Sonderegger oder den Gebrüdern Folghera. Nach einigen Runden stürzte er am Sprung – in der lokalen Presse stand, so weit sei in Herisau noch nie jemand gesprungen. Kellenberger sagte später: «Ich war einfach zu schnell. Zudem waren die Motorräder schwere Eisenhaufen, mir ging nach einigen Runden die Kraft aus. Die heutigen filigranen und leichten 125er-Zweitakter wären die richtigen Motorräder für mich.»
Der nächste Schritt führt zu Autorennen
Nach einigen guten Resultaten beendete «Zubi» die Motocross-Karriere – den Rennhelm hängte er aber nicht an den Nagel. Von 1970 bis 1980 fuhr er Autorennen. In diesem Jahrzehnt zählte er in Mini Cooper, Renault 8 Gordini, Renault Alpine A110 und Eggenberger BMW 320 an Slaloms und Bergrennen zur Elite. Als schönste Zeit im Autorennsport bezeichnete Kellenberger die Zeit mit Renault Alpine und BMW 2002. Dabei war damals sein guter Freund Franz «Fasoli» Niederer, ein wahrer Allrounder.
War das Auto durch einen Abflug oder eine Kollision beschädigt, wurden über Nacht Polyester gepflastert, Seitenwände ersetzt, genietet und am Motor geschraubt. «Wachte ich am Morgen auf, stand die Karre da wie eine Eins», sagte Kellenberger.
An der Berg-Europameisterschaft St.Ursanne – Les Rangiers im Jura war es einmal sehr knapp, doch Franz Niederer war die Ruhe selbst. Kurz vor dem Start wurde das Auto fertig, dann ging es los. Mit dem Renault Alpine A110 1300S, dieser «flachen Flunder aus Dieppe in Nordfrankreich», siegte «Zubi» 1974 am Slalom auf dem Flugplatz Altenrhein. Ein Jahr zuvor gewann er auch den Slalom auf der Autobahn in Buriet vor deren offizieller Eröffnung.
1980 war das Finale am Hemberg dramatisch
Sechs Anwärter auf drei Titel gab es 1980 beim Schweizer Meisterschaftsfinal am Bergrennen St. Peterzell – Hemberg. Erstmals in der Geschichte der Meisterschaft fielen drei von vier Entscheidungen erst in der letzten Prüfung der Saison. In den Kategorien Serien-, Spezial- und Rennwagen kam es zu erbitterten Duellen, erhoben doch in allen Kategorien noch mehrere Piloten Anspruch auf den Titel.
Bei den Spezialwagen waren dies der Berner Rolf Hadorn und Kurt Kellenberger. Der BMW 320, mit dem er an den Start ging, war nach dem Muster des Tuners Eggenberger aus dem Unfallwagen von Edy Brandenberger (Zwischenwasser 1978) aufgebaut worden. Die Aufgabe war klar: Kellenberger musste ankommen und siegen.
Auch der Altstätter Armin Buschor im hochdrehenden ABR Armin Buschor Racing VW Polo gehörte zu den Favoriten. Im zweiten Rennlauf brach bei seinem Polo in der Ausfahrt vom «Bienenhüsli-Rank» aber eine Antriebswelle und er rollte gemächlich ins Ziel. Einige Besserwisser meinten, Buschor habe «gelupft», um Hadorn siegen zu lassen. Davon wollte Kellenberger nichts wissen: «Armin Buschor ist ein Freund und ein absolut fairer Sportsmann. Bei seinem Polo brach wirklich eine Antriebswelle.»
Buschor startete als Mitfavorit ins Rennen, hatte aber keine Chance mehr, den Meistertitel zu gewinnen. Kellenberger aber musste ins Ziel kommen, um die im Reglement geforderten sieben von zehn zählbaren Resultaten zu erreichen. Nur: Ein technischer Defekt verhinderte dies – und damit auch den Gewinn der Schweizer Meisterschaft in der Spezialwagenklasse.
In Walzenhausen wollte «Zubi» es nochmals wissen
Später beendete Kellenberger seine grosse Karriere, Sport blieb ihm aber immer wichtig. Bis ins hohe Alter fuhr er regelmässig mit dem Velo von Au auf den St. Anton, er wanderte auch gern.
Bei seinem alle drei Jahre stattfindenden Heim-Grand-Prix, dem Bergsprint Walzenhausen, schlüpfte er doch noch einige Male in den Rennoverall. «Ich will nur schauen, ob es noch geht», sagte er jeweils lachend. Und demonstrierte der jüngeren Generation dann im getunten VW Scirocco seines Verwandten Hansjörg Bardill die hohe Kunst des Autorennfahrens.
Sein Neffe Beat Kellenberger und Hansjörg Bardill sind bei Bergrennen als Autorennfahrer aktiv – nun auch im Andenken und zu Ehren ihres Onkels, des Champions Kurt Kellenberger, der bis zur Pensionierung als Betriebsmechaniker bei der Feyco in St. Margrethen arbeitete. Kellenberger hinterlässt seine Frau Vreni, seine erwachsenen Söhne Patrick (Unihockeymeister, Europacupsieger und Nationaltorhüter) und Pascal (ehemaliger Eishockeyspieler) sowie zwei Enkelkinder.