Andrea C. PlüssTatsächlich, es riecht nach Kaffee in den Räumen der Alois Traeubler AG. Zwei Röstmaschinen stehen in der kleinen Küche, dazu eine Kaffeemühle. «Wenn wir degustieren, sind wir immer zu dritt», sagt Firmeninhaber Christian Gunsch. Ausser ihm selbst noch Ehefrau Melanie, die die Firmenbuchhaltung führt sowie Mitarbeiter Sandro Steiger.Der 53-jährige Christian Gunsch ist seit 2002 mit seiner Firma MC Grecof im Rohkaffeehandel tätig. An der Alois Traeubler AG erwarb er vor dreizehn Jahren 60 Prozent, bis er die Handelsfirma, die in Wallisellen ansässig war, 2017 ganz übernahm.30 Jahre Erfahrung im KaffeegeschäftEinen Rohkaffeehändler erwartet man im Rheintal nicht unbedingt. Globalisierung und Digitalisierung lassen die Märkte und Börsen enger zusammenrücken. Spricht man mit Christian Gunsch, wird jedoch schnell klar, dass sich damit allein kein Rohkaffeehandel aufziehen liesse. Gunsch, gebürtig aus Samedan GR, machte dort seine ersten Schritte in die Welt des Kaffees bei der Firma Café Badilatti aus Zuoz GR.Er lernte, las Fachliteratur, besuchte Produzenten und Kunden. «Am meisten gewinnt man an Erfahrung in Situationen, die schwierig sind. Die Erntezeiten der Kaffeepflanzen sind weltweit unterschiedlich. Die Erkenntnis, wann man wo etwas kaufen sollte oder besser auch nicht, wächst durch Erfahrung», sagt Christian Gunsch. Nach neun Jahren bei Badilatti wechselte Gunsch die Branche und zog nach Buchs.Während einer Cabriofahrt stiess er bei Widnau auf ein Schild «Bauland zu verkaufen». Er kaufte das Land, baute ein Haus und lebt seitdem mit der Familie in Widnau. Und er kehrte im Rheintal beruflich zum Rohkaffeehandel zurück.Erzählt Christian Gunsch von der Abwicklung seiner Geschäfte, dem Import der Ware, dem Verkauf, den Börsengeschäften, fühlt man sich an Trader aus der Bankenwelt erinnert. In der Welt des Kaffeehandels spricht man vom Ursprung und meint den Erzeuger. Man «kauft die Börse» oder «deckt sich mit Kaffee ein». Gunsch erklärt: «Wenn ich heute einen Kontrakt abschliesse und Kaffee für das nächste Jahr verkaufe, weiss ich nicht, wo sich der Kaffeepreis dann befindet. Deshalb werden Hedgegeschäfte an der Börse geführt.»Sind die Börsenpreise für Rohkaffee hoch, kaufen Kunden meist zwei Monate vor dem Datum, an dem die Ware gebraucht wird. «Ist der Kaffee hingegen billig, so wie aktuell, sind sie gedeckt bis 2020», erklärt Christian Gunsch das Kaufverhalten seiner Kunden. Aktuell zahlt man für ein Kilo Rohkaffee 2,40 US-Dollar, 2011 waren es noch 7 $ pro Kilo.Tausende Tonnen Kaffee lagern in BaselChristian Gunsch verschifft seine Ware vom Ursprungsland nach Rotterdam oder Antwerpen, dann per Rheinschiff nach Basel. Dort lagert er seinen Kaffee. Aktuell am Donnerstag waren dies 1504 Tonnen der Alois Taeubler AG. Über diese Firma vertreibt Gunsch auch Kleinmengen ab einem Sack. Über die MC Grecof AG beliefert er Grosskunden-Röstereien, die mindestens einen Container pro Tag abnehmen, das sind 18 bis 19,2 Tonnen. Etwa 90 unterschiedliche Sorten liegen im Lager in Basel. Mit der Rösterei Cretti aus Au beliefert Christian Gunsch sogar einen Kunden im Rheintal. Eine «Blindbestellung» bei einem ihm nicht persönlich bekannten Produzenten käme für den Händler nicht in Frage. Er kennt jeden seiner Produzenten. «Wir treffen uns meist einmal pro Jahr», ergänzt er. Dem Vorwurf, Rohstoffhändler trügen zur Ausbeutung der Menschen und der Natur in den Erzeugerländern bei, hat Gunsch «schon oft gehört». Am Handel verdienten viele, nicht nur Händler wie er. Den Handel allein dürfe man nicht als Treiber einer Negativspirale hinstellen. Gunsch sieht eher den Konsumenten in der Pflicht.Wer Fairtrade-Preise bezahle, unterstütze nicht die einzelnen Arbeiter in den Herkunftsländern. Viel eher sei es so, dass durch die zu erzielenden höheren Fairtradepreise noch mehr Wald gerodet und Kaffee angebaut werde, ist Gunsch überzeugt. Eine Trendumkehr erwartet er nicht.