22.07.2018

«Ich brauche die Herausforderung»

Theater- und Filmemacher Kuno Bont wagt sich an eine Oper. Es ist nicht das erste Mal, dass er eine Herausforderung annimmt. Nichtstun liegt ihm nicht.

Von Alexandra Gächter
aktualisiert am 03.11.2022
Alexandra GächterFür viele ist Kuno Bont der Dornröschenprinz vom Werdenberg. Mit seinem Schwert schnitt er die Dornen vom Schloss Werdenberg, weckte die Schloss-Festspiele aus ihrem Schlaf und rettete sie vor dem Untergang.Aber das ist ein Märchen. «Tatsache ist, dass ganz viele Leute ebenso engagiert und uneigennützig mitgearbeitet haben wie ich. Ihnen und ihrem Mut ist es letztlich zu verdanken, dass es zu einem Neustart kam», sagt Bont. Von der Anzahl Personen, welche vor, während und nach den Festspielen helfen, ist Bont beeindruckt. Während jeder Aufführung stehen vor und hinter den Kulissen 200 Personen im Einsatz. Als Retter der Schlossfestspiele sieht sich Kuno Bont darum nicht.Der Inszenierungsort lässt die Mühen vergessenDennoch, Kuno Bont arbeitet viel für die Schloss-Festspiele. Er ist Regisseur, Künstlerischer Leiter und Direktor. Immerhin hat er einen kurzen Arbeitsweg – die Schloss-Festspiele sieht er von seinem Schlafzimmer aus. Das ist keinesfalls nur theoretisch gemeint, oft arbeitet Kuno Bont in der Nacht. «Der wunderschöne Inszenierungsort lässt mich vergessen, wie viel Arbeit es ist. Zudem habe ich eine andere Auffassung von Arbeit. Meine kreative Arbeit als Regisseur in verschiedenen Sparten und die Tätigkeit als Bühnen- und Filmautor machen mir so viel Spass, dass ich mich dabei oft auch erholen kann. Ich kann meinen Ideen nachhängen, das ist toll.» Die Ideen scheinen ihm nie auszugehen. Die Inspiration holt er sich aus dem Leben. «Ich gehe mit offenen Augen durch die Welt. Und ich rede viel mit meiner Lebenspartnerin Bernarda. Im Zwiegespräch mit ihr entsteht sehr viel. Sie ist meine beste Kritikerin.»Bont sagt: «Aktiv zu sein hält mich jung»Vom Alter her wäre Bont bereits pensioniert. Aber den ganzen Tag in der Hängematte liegen, das kann er nicht. «Ich brauche die Herausforderung. Aktiv sein hält mich jung. Der Unterschied zu früher ist, dass ich mich heute nicht mehr stressen lasse.» Für seinen aktuellen Film nahm er sich drei Jahre lang Zeit. Früher hat er zehn Filme in zehn Jahren gemacht – neben seiner regulären Arbeit. Hauptberuflicher Theater- und Filmemacher ist Kuno Bont erst seit ein paar Jahren.Davor hat er vieles andere ausprobiert. Eine Gemeindelehre in Oberriet, Gemeindeammann in Rüthi, Kantonsrat, Journalist und Chefredaktor beim W&O. Nebenbei hat er die Freilichtbühne Rüthi und verschiedene Musicals in Buchs und Werdenberg ins Leben gerufen, die Stücke dazu geschrieben, Regie geführt, die künstlerische Leitung übernommen sowie die Theater Company für junge Talente geschaffen. Und nun ist Kuno Bont Operndirektor geworden.Das Geld reichte nicht zum Lernen eines Instruments«Die Reihenfolge meiner Karriereschritte ist gar nicht so unlogisch. Durch die Verwaltungslehre war ich bereits mit der Büroarbeit vertraut, die ich als Journalist ebenfalls machte. Als Journalist lernte ich dramaturgisch zu schreiben. Und wer Theater organisiert, kann auch Opern organisieren. Die Arbeit drum herum ist ähnlich.» Kuno Bont weiss, wie schwer es ist, etwas ins Leben zu rufen, das länger Bestand hat.Mit der Freilichtbühne Rüthi hat Kuno Bont klein angefangen. Er sagt: «Es ging nicht ohne unzählige Personen, die mithalfen. Wenn die Schloss-Festspiele sang- und klanglos untergegangen wären, wäre das unfair denjenigen gegenüber, die sich jahrzehntelang dafür eingesetzt haben. Ein Projekt, in das andere so viel Herzblut gesteckt haben, lässt man nicht einfach sterben.» Berührungsängste mit der Oper hat er nicht. Musik fasziniert ihn. Vor allem als Erlebnis.Aber wieso die beruflichen Umwege? «Ich wollte Schauspieler werden, mein Vater aber wollte, dass ich zuerst etwas Ordentliches lerne.» Auch ein Instrument hätte Kuno Bont als Kind gerne gespielt. «Dafür reichte in unserer Familie mit sechs Kindern jedoch das Geld nicht.» Immerhin: In der 3. oder 4. Klasse erhielt er eine Super-8-Kamera, die er rege benutzte. Etwas noch Wichtigeres hat Kuno Bont ebenfalls erhalten: künstlerisches Talent. Es wurde ihm in die Wiege gelegt. Geerbt von seinem Vater, einem Bühnenbauer und «dem besten Maskenbildner, den ich kenne».Der See wird in die Oper eingebundenBei seinen Projekten hatte Kuno Bont stets Erfolg. Die Oper «La Traviata» ist auf bestem Weg dazu. Dreiviertel der Tickets sind bereits verkauft. Als Erfolgsrezept nennt Kuno Bont seine Kommunikation und viel Erfahrung. «Ein weiterer Vorteil ist, dass ich sehr flexibel bin und viel Geduld habe.» Aber das ist noch nicht alles.Kuno Bont gibt sich nicht schnell zufrieden und möchte seinen Oberrieter Kopf durchstieren, wie er sagt. «Ausgefallene Ideen allein reichen nicht. Man kommt nur weiter, wenn man versucht, sie umzusetzen. Auch wenn man zuerst scheitert.»Gescheitert ist Kuno Bont bei der Idee, die Kulissenwand von «La Traviata» während der Vorstellung vom Boden aufziehen zu lassen. «Aber eines Tages werde ich dies bei einer anderen Inszenierung machen.»Als Regisseur und künstlerischer Leiter ist Kuno Bont für das Bild und die Atmosphäre von «La Traviata» verantwortlich. «Ich wähle beides mit Bedacht. Das Hauptstilmittel ist die Musik.» Aus Respekt vor Verdis Werk hat Kuno Bont keine grossen Veränderungen vorgenommen. Seine künstlerische Freiheit nutzt er trotzdem. «Es gibt eine Verbindung vom Libretto zum Werdenbergersee», verrät er. Schade sei, dass viele vor Opern Berührungsängste haben. «‹La Traviata› versteht jeder. Auch ohne Untertitel. Die Bilder und die Stimmung sprechen für sich. Ich liebe diese Oper.»Das Zentrale bei «La Traviata» sei das Leben und der Tod. «Ich möchte beides mit vollem Eindruck zeigen. Beides gehört zusammen. Erst wenn man erfahren hat, wie fröhlich, lust- und genussvoll das Leben ist, weiss man, was man verlieren kann. Und darum wird ‹La Traviata› kein Trauerspiel.»Im Leben schätzt Bont auch die kleinen Dinge, jeden einzelnen Tag und bei Produktionen jeden einzelnen Beteiligten. Dazu gehören auch die Anwohner am Werdenbergersee. Die Opernproduktion nimmt deshalb besondere Rücksicht auf den Lärm und den Verkehr.Wenn die Derniere vorbei und alles aufgeräumt ist, hat Kuno Bont Ferien. Er reist nach Italien – in Verdis Heimat. Gut möglich, dass er dort die eine oder andere Melodie von «La Traviata» singt. Singen kann Kuno Bont nämlich ebenfalls – wenn auch nicht so gut wie ein Opernsänger.

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