Gert BrudererDer 39-jährige Unternehmer hatte bewusst niemanden eingeweiht, sondern die Kandidatur bis zum Ablauf der Meldefrist geheim gehalten. Seine Frau hatte sein Feuer gesehen und ihn ermutigt: «Mach es doch!» Alle anderen, ist Pfister überzeugt, hätten bloss versucht, ihn von seinem Vorhaben abzubringen.Tatsächlich tönte es nach Bekanntwerden der Kandidatur öfter so: «Hättest du doch was gesagt, wir hätten dir abraten können.» Doch wozu? Pfister sagt: «Es steht nirgends geschrieben, dass man nicht auf direktem Weg in den Ständerat darf», und seine Erfahrungen mit dem direkten Weg seien grundsätzlich gut.Keine Lust auf ParteispielchenPolitisch ein ganz und gar unbeschriebenes Blatt ist der in Altstätten aufgewachsene Widnauer nicht. Er hatte nie ein Amt, war aber Co-Präsident der kantonalen BDP und vor den Nationalratswahlen 2011 massgeblich an der erfolgreichen Suche nach einem passenden Partner für eine Listenverbindung beteiligt. Warum aber war dies sein letzter politischer Job? Er freut sich diebisch, lächelt, sagt, auf diese Frage habe er gehofft, er brenne regelrecht darauf, eine Antwort zu geben.Die Listenverbindung der BDP mit der FDP war öffentlich bereits bekannt gegeben worden, da «läutete plötzlich das Telefon Sturm», erinnert sich Pfister. Obschon von der BDP Schweiz mit der Listenverbindung beauftragt, wurde die kantonale Parteispitze zurückgepfiffen, nachdem sie die Listenverbindung geregelt hatte. Die Listenverbindung sei wegen Partikularinteressen zu widerrufen, die FDP zu brüskieren gewesen, das habe ihn tief getroffen und von Parteipolitik Abschied nehmen lassen, sagt der Widnauer Ständeratskandidat. Auch Ränkespiele, die einst einen kandidierenden Kollegen betrafen, haben ihn ernüchtert.«Es muss nicht immer so sein, wie es immer war»Sehr bewusst beschreitet Pfister selbst einen anderen Weg. Und sagt, inzwischen hätten die Leute gemerkt, dass er kein Spinner sei, sondern anders. Klar, habe er gegen einen politisch hocherfahrenen Kandidaten als Aussenseiter, der nie ein politisches Amt bekleidete, nicht unbedingt eine Chance, aber «es muss ja nicht immer so sein, wie es immer war». Alex Pfister hat untersucht, was die bisherigen Ständeratsmitglieder gelernt und beruflich gemacht haben und ist überzeugt, im seines Erachtens überalterten Gremium gut mithalten zu können. Der 39-Jährige sagt, er traue sich zu, mit diesen Parlamentariern auf Augenhöhe zu diskutieren und Lösungen für Probleme zu finden.Als Jugendlicher hatte sich Alex Pfister für den Beruf des Flugverkehrsleiters interessiert. Also entschied er sich für eine kaufmännische Grundausbildung, die ihm den Weg ebnen sollte. In der Lehre bei einer Versicherungsfirma merkte Pfister, wie gern er im Alltag mit Menschen zu tun hatte. Indem er seinem Arbeitgeber neue Kunden bescherte, konnte er seinen Lehrlingslohn spürbar verbessern.Genau ein Jahrzehnt nach dem Ende der Lehre, die Pfister mit der Note 5 beendete, wurde er Generalagent. Das war im Jahr 2009. Davor war er nach Marbach gezügelt, wo er sieben Jahre verbrachte, 2011 unternahm er den Schritt in die Selbstständigkeit. Als Nora zur Welt kam, kaufte die Familie ein Haus in Widnau, wo sie seither lebt. Seit 2015, dem Jahr des Umzugs, ist Alex Pfister als Generalagent für die ganze Region zuständig, also auch fürs untere Rheintal.Heute ist der in Altstätten aufgewachsene Ständeratskandi-dat, der eine zehn Jahre ältere Schwester hat, Arbeitgeber von vierzig Mitarbeitenden, mit Firmenstandorten in Widnau, Altstätten, Kriessern und Rorschach sowie einer im Aufbau begriffenen Aussenstelle in Heiden.Zwei Jahrzehnte beim FC AltstättenAls Vater des dreijährigen Tiago und der fünfjährigen Nora freut Alex Pfister sich zusammen mit seiner Gattin Irene auf ihr drittes Kind, das im August zur Welt kommen wird. Pfister ist gern mit dem Bike unterwegs. Führt ihn die Tour ins Appenzellerland, fährt er meistens durch Altstätten, über die Kesselbachstrasse, wo er als Sohn eines Trolleybus-, Autobus- und Tramchauffeurs aufwuchs. In der Sek, im Wiesental, war er in Geometrie und Algebra «nicht der Allerbeste», aber mit Allgemeinwissen habe er auftrumpfen können, erzählt er. Das habe seine Lehrerin bewogen, ihn als Vorbild darzustellen. Seinen Gspänli habe sie empfohlen, auch so viel zu lesen, wie das Alex tue, worauf dieser den Arm hochstreckte und einwandte: Nein, so viel lese er gar nicht, er schaue jedoch interessante Fernsehsendungen – und offenbar die richtigen. Inzwischen sei es anders, lese er tatsächlich viel, und Sendungen wie die «Arena» und «Hart, aber fair» sieht er sich besonders gerne an. Sein Hobby? Pfister lächelt. «Politik.» Er fügt hinzu: «Die Geopolitik.» Sein Interesse gilt zurzeit den Büchern des Historikers Yuval Harari.Beim FC Altstätten, dem er als Sechsjähriger beitrat, blieb Pfister treu. Bis 2006 gehörte er acht Jahre lang der ersten Mannschaft an, er spielte in der dritten und schliesslich in der interregionalen zweiten Liga. Von 2005 bis 2007 war er Sportchef, und nach seiner Rückkehr aus Australien und Neuseeland spielte das Kiwanis-Mitglied weiter beim FCA, inzwischen bei den Veteranen. Zunehmend war er auch mit dem Rennvelo unterwegs, er bikte, fing mit Tennis an und steht im Winter häufig auf den Skiern.«Das Ergebnis zählt, nicht die Erfahrung»Vor ein paar Jahren erregte Pfister an der Rheintalmesse Aufsehen. Indem er den Rhema-Besuchern von einem knappen Dutzend grossformatiger Plakate entgegenlächelte und sie herzlich willkommen hiess, machte er sich zum Rhema-Gespräch. Statt einmal mehr einen Stand zu betreiben, habe er unkonventionell an der Rhema vertreten sein wollen, sagt Pfister – und es habe sich gelohnt. Der Standardspruch, der ihm begegnet sei, habe gelau- tet: «Du häsch mi hüt scho mol aaglächlet.»Hält man Pfister seine politisch weitgehende Unerfahrenheit vor, zieht er den Vergleich mit einem Start-up-Unternehmen. Exemplarisch zeige sich, dass das Ergebnis entscheidend sei – und nicht, mit welcher Erfahrung man zu diesem komme.Pfister sieht sich politisch als «nicht polarisierender Mann der Mitte», wobei seine wirtschaftsliberale Haltung auf der Hand liege. Das Mitglied des Generalagenten-Verbandsvorstands bezeichnet sich selbst als Brückenbauer mit klarer Haltung. So steht er «ganz klar hinter dem Rahmenabkommen mit der EU». Er spricht sich für «ehrliche Lösungen» in der Altersvorsorge aus, die der Realität Rechnung tragen, und den Klimaschutz betrachtet er als grosse Chance für die kleine Schweiz, weil er die Innovationskraft verstärke.Kandidiert Alex Pfister nur für den Ständerat, um sich bekannt zu machen? Wiederholt sei er gefragt worden, ob er sich für ein Gemeindepräsidium in Stellung bringe, sagt er selbst. Doch ein solches Ziel habe er ausdrücklich nicht. «Dafür», meint Alex Pfister, «bin ich schon zu lange und zu gerne in der Wirtschaft tätig.»