11.07.2022

«Ich bereue es keine Sekunde»

Thals Gemeindepräsident Simon Diezi hat die ersten 100 Tage im Amt mit einem Lächeln hinter sich gebracht.

Von Interview: Rudolf Hirtl
aktualisiert am 02.11.2022
Am Samstag war Simon Diezi seit 100 Tagen Gemeindepräsident von Thal. Im Interview spricht er über die öffentliche Wahrnehmung, die Zusammenarbeit im Rat und für die Gemeinde wichtige Entwicklungen.Sie sind Sie angekommen im Amt, fühlen Sie sich wohl in der neuen Rolle? Simon Diezi: Ich bereue es kei­ne Sekunde, es macht irrsinnig Spass und ich fühle mich sehr wohl in diesem Amt. Es ist wie ich mir es vorgestellt habe, spannend, herausfordernd und ex­trem vielseitig. Das Amt hat eine derartige Bandbreite, ich kann meiner Frau abends, wenn ich heimkomme, nicht in einem Satz sagen, wie mein Tag gewesen ist.Sie sind erst in letzter Sekunde auf den Wahlzug aufgesprungen, inwiefern lässt man Sie das heute spüren? Zu keiner Sekunde. Ich wurde im Rathaus sehr herzlich auf­genommen, es war sehr berührend. Was im Wahlherbst noch heiss diskutiert wurde, ist heute kein Thema mehr. Wir arbeiten im Gemeinderat ausgezeichnet und konstruktiv zusammen; es herrscht eine Art Aufbruchstimmung. Ein besonderes Kränzchen winden möchte ich der Gemeindeverwaltung, diese macht auf gut Deutsch gesagt einen verdammt guten Job.Inwiefern war und ist es ein Vorteil, bereits als Präsident der Ortsgemeinde Thal gewirkt zu haben? Dies war sehr nützlich, vor allem das vorhandene Netzwerk im Dorf Thal selbst und auch in Richtung Buechen, Staad und Altenrhein. Dass ich viele Leute kenne und nahe an den Menschen bin, dies hilft mir natürlich heute. Ich weiss, was die Sorgen sind und wo der Schuh drückt.Sind Sie bei Begegnungen auf der Strasse noch der Ortsgemeindepräsident oder schon der Gemeindepräsident? Ich werde heute in der Gemeinde in meiner neuen Rolle als Gemeindepräsident sehr stark wahrgenommen.Wie kann man Ihren Führungsstil umschreiben? Der ist sicher sehr situativ. Wenn es angebracht ist, kann ich dominant und fordernd sein, ich führe aber auch sehr kameradschaftlich und kollegial. Wenn ich merke, dass es hilfreich ist, bin ich sehr wohl bereit, auch meine Meinung zu einem Thema zu ändern.Ein Kommunalpolitiker muss einen breiten Rücken haben und auch viel ein­stecken können, man kann es nicht allen recht machen. Wie gehen Sie mit ungerechtfertigter Kritik um? Es kann Situationen geben, in denen man spontan aus seiner Haut fährt. Grundsätzlich ist es aber besser, zuerst zu reflek­tieren und erst dann zu reagieren. Mein bisheriger Werdegang stärkt mich in solchen Situationen. Ausserdem habe ich einen starken Rückhalt bei meiner Familie.Ein viel diskutiertes Thema in Thal ist der Airport. Der ursprünglich geplante runde Tisch mit Vertretern aus der Schweiz und Österreich findet nicht statt. Was sagen Sie dazu? Es ist schade, dass diese Gesprächsbereitschaft nicht mehr vorhanden ist. Unsere Position ist aber unverändert – und die haben wir eingebracht. Wir befürworten den Airport in seiner heutigen Form und Grösse. Wir sind zwar nach wie vor gegen eine Konzessionierung, wir sehen aber auch seine wirtschaftliche Bedeutung und die historische Verbindung.Eine Baustelle in Thal ist der Uferweg am Hochwasserschutzdamm in Altenrhein, wo Absperrgitter und Barrikaden regelmässig für Gesprächsstoff sorgen. Was tut der Gemeinderat hier? Aktuell führen wir Einzelgespräche mit Anwohnern. Ich bin zuversichtlich, dass wir allenfalls schon dieses Jahr, aber sicher nächstes Jahr eine mit dem Kanton abgestimmte Lösung haben. Es ist noch zu früh, um kon­kreter zu werden. Was ich sicher sagen kann, dass wir uns mit dieser Problematik beschäf­tigen.Wo drückt der Schuh sonst noch in der Gemeinde? Es sind wie anderswo kleinere und grössere Sorgen. Was wichtig ist, meine Tür im Rathaus steht immer offen, auch ohne Anmeldung. Ich nehme mir gerne Zeit, und der persönliche Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern ist mir sehr wichtig. Eine Woche, in der ich keinen Kontakt hatte und kein Anliegen abgeholt habe, ist eine verlorene Woche. Ich hatte denn auch in diesen ersten drei Monaten viele herzliche und berührende Begegnungen.Positiv ist, dass Stadler Rail trotz Umzugs nach St. Margrethen in Thal keine Ar­beitsplätze abgebaut hat. Haben Sie Hoffnung, dass dies so bleiben wird? Ich will mir an dieser Stelle nicht anmassen, diesbezüglich eine wirtschaftliche Prognose zu machen. Wir sind aber sehr froh, dass die Firma sehr erfolgreich unterwegs ist und diese Arbeitsplätze nach wie vor hier sind. Mit Gewerbevertretern haben nach meiner Wahl auch schon grundsätzliche Gespräche stattgefunden, wie der Standort Thal weiter zu stärken wäre. Die ausgezeichnete Balance zwischen Wohnen und Arbeiten ist denn auch eine der Schlüsselfaktoren unserer Gemeinde.Zahlreiche Gemeinden, auch Thal, haben vergangenes Jahr wegen der Pandemie ihre traditionellen Bundesfeiern abgesagt. Wird dieses Jahr wieder gefeiert, wer hält die Rede? Die Bundesfeier findet am Montag, 1. August, auf dem Begegnungsplatz Ost in Staad statt. Die Festrede darf ich in meiner Eigenschaft als Gemeindepräsident halten.Wie steht es um das Tempo-30-Zonen-Konzept? Basierend auf einem vereinfachten Gesamtkonzept wurden im Gemeinderat einzelne Gebiets- und Zonenabgrenzungen beraten und eine Priorisierung bezüglich Gebiete und Vorgehen festgelegt. Diese werden im nächstmöglichen Mitteilungsblatt kommuniziert.Welche Projekte beschäftigen Sie ausserdem in den kommenden Monaten? Geplant ist die Startsitzung «Altenrhein – Umfahrung Ost», und auch die Besprechung zur Machbarkeitsstudie «Sanierung Schö­nenbach, Staad» steht auf dem Programm. Beschäftigen wird uns auch weiterhin das Projekt Steinlibach.Wie steht es um die Sanierung des Rathauses? Nach dem Planerwahlverfahren zur Sanierung des Rathauses im April 2020 und der Vergabe an den Architekten im Dezember 2020, folgt nun die erste Sit­-zung mit dem Architekten. Dabei wird eine Auslegeordnung erfolgen sowie das weitere Vorgehen festgelegt.Wie macht sich der Ukraine-Krieg in der Gemeinde Thal bemerkbar? Erwähnenswert ist sicher, dass 65 Ukrainerinnen und Ukrainer in Thal und Rheineck aufgenommen wurden. Schule, soziale Dienste, viele Freiwillige und Kirchen leisten diesbezüglich einen vorbildlichen Einsatz. Wir haben zudem derzeit extrem viele Baugesuche für Fotovoltaikanlagen und Wärmepumpen. Das Gewerbe ist diesbezüglich wirklich gefordert.Was kann die Gemeinde tun, um die Energiesicherheit zu gewährleisten? Das liegt in erster Linie in der Hand von Bund und Kantonen. Es kann nicht sein, dass Gemeinden Insellösungen suchen. Über die regionalen Führungsstäbe und Zivilschutzorganisationen sind diese aber in den Prozess eingebunden. Gemeindeintern machen wir uns vorgängig Gedanken darüber, wie wir, beispielsweise in Pflegeheimen und anderen Einrichtungen, mit einer Energieknappheit umgehen. 

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