06.01.2020

«I gang, lueg, mach»

Manuel Eichmann ist mit fünf Bildern an der landesweit grössten Werkschau für Fotografie vertreten.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Auf Instagram sind unter manueleichmann gegen hundert ausdrucksstarke Fotos des 20-jährigen Heerbruggers zu finden. Sofort wird klar: Schwarz-weiss bevorzugt er. Die Bilder sind nur farbig, wenn die Farbe auf die Wirkung einen grossen Einfluss hat und somit unerlässlich ist. In jedem andern Fall «lenkt Farbe eher ab», findet Manuel Eichmann.Kleines Mädchen vorwuchtigen ArkadenDer angehende Grafikdesigner, der letztes Jahr die Berufsmittelschule abgeschlossen hat, benützt seine Kameras leidenschaftlich. Seine Sujets findet er spontan. Damit ein Bild am Ende aber das enthält, worauf es ankommt, ist gelegentlich auf einen ganz bestimmten Augenblick zu warten.Exemplarisch steht dafür das Foto mit dem vorbeirennenden Mädchen, hinter dem sich wuchtige Arkaden erheben. Oder das Bild mit der Stahlseilbrücke, in deren Mitte, exakt zwischen den Pfeilern, ein Flugzeug «eingefangen» ist.Manuel Eichmann war von seiner Freundin auf die Idee gebracht worden, sich für Photoschweiz zu bewerben – die grösste Werkschau für Fotografie in der Schweiz mit gut 300 Ausstellern und über 30000 Besuchern. Der junge Mann reichte fünf Bilder ein, die er in Kopenhagen gemacht hatte. Diese Bilder stehen für den ersten Eindruck von der Hauptstadt Dänemarks und für Gefühle in einer Stadt, die der Rheintaler ohne Vorkenntnisse besuchte.Dass die Bewerbung erfolgreich war, erfuhr Manuel Eichmann erst kurz vor Weihnachten dank unserer Redaktion. Der Bescheid der Veranstalter war nämlich im Spam-Ordner gelandet und unbeachtet geblieben.Ein Gespür füralles UnscheinbareFür den 20-Jährigen ist das Fotografieren ein Hobby wie der Fussball. Eineinhalb Jahrzehnte spielte er – bis letzten Sommer – beim FC Au-Berneck 05. Sein Verletzungspech führte dazu, dass er sich anderen Sportarten zuwenden möchte. Badminton im Kollegenkreis nennt er als Beispiel.Fotografiert hat Manuel Eichmann schon als Kind sehr gern, auf Reisen, bei Ausflügen, innerhalb der Familie. Mit dem eigenen Smartphone blieb der Spass in erster Linie ein Spass, doch nun begann der Jugendliche, die kleinen Werke bewusst zu gestalten.Mehr als eine Landschaft reizt den Hobby-Fotografen die Stadt, das pulsierende Leben. Ob in Lissabon oder Nizza, Barcelona oder Berlin – stets lässt Manuel Eichmann den Blick schweifen, mit feinem Gespür für alles Unscheinbare, das mit einem Klick zu etwas Speziellem und für immer festgehalten wird.Die Bilder leben, haben Charme, verwirren vielleicht – und erzählen ausnahmslos eine kleine Geschichte. Sein Vorgehen fasst Manuel Eichmann in wenigen Worten zusammen: «I gang, lueg, mach.»GlücklichesVersehenSelbst ein Versehen kann zu etwas Wunderbarem führen. Das erlebte der Heerbrugger als Reisender auf dem Weg vom Flughafen-Terminal zum Flugsteig. Er sah einen Uhrenverkäufer vor einem riesigen Plakat, auf dem ein Model abgebildet war. Als Manuel Eichmann das im Vorbeigehen entstandene Foto später betrachtete, war alles stark verschwommen. Er hatte die Verschlusszeit ungewollt auf eine Sechstelsekunde eingestellt gehabt. Im Nachhinein erwies sich dies als grosses Glück. Der fotografierte Uhrenverkäufer und das Model auf dem Plakat waren mit einer identischen Handbewegung sowie einer ähnlichen Frisur abgebildet – wobei die unbeabsichtigte Unschärfe die suggestive Kraft der übereinstimmenden Elemente verstärkte und so einen sehr willkommenen Effekt erzeugte. Dieses Foto trägt den Titel «Twins?» («Zwillinge?»).In der Vorstellungzwei Hobbys verbindenManuel Eichmann besitzt mit seiner Ricoh GR III eine Schnappschusskamera, die ihm durch und durch vertraut ist. Die Canon EOS 1200 D, eine digitale Spiegelreflexkamera, bekam er vor fünf Jahren zu Weihnachten geschenkt. Bald darauf erhielt er – zum 16. Geburtstag – ein 250-mm-Teleobjektiv, sodass er sehr gut ausgerüstet ist.Der Hobby-Fotograf sieht die Teilnahme an der Photoschweiz in Zürich als Chance, fotografisch interessierten Menschen einige seiner Aufnahmen zu zeigen. Er erinnert sich an Phasen, in denen er dachte: Vielleicht wird die Fotografie einmal mehr als ein Hobby sein. Mehr eine gedankliche Spielerei als ein ernsthafter Wunsch ist eine Tätigkeit, die seine bisher vorrangigen Freizeitbeschäftigungen verbände. In seiner Vorstellung fotografiert Manuel Eichmann am Rande des Fussballfeldes, bei wichtigen Spielen; warum nicht sogar in der Champions League? Diese Freude am Sport kontrastiert mit seinem Interesse an der Kunst, wobei doch alles auch perfekt zusammenpasst – wie in den Fotos des Heerbruggers. Hat der Sport nicht wie die Kunst mit der Ästhetik viel zu tun?HinweisMehr Bilder auf rheintaler.ch10. bis 14. Januar: Photoschweiz www. photo-schweiz.ch

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