28.06.2021

Hundebiss ins Gesicht

Weil ein Hofhund in Oberriet ein knapp zweijähriges Mädchen schwer verletzte, erhält der Besitzer des Hofes einen Strafbefehl.

Von Noemi Heule
aktualisiert am 03.11.2022
Heyman mag keine kleinen Kinder. Heyman ist ein Border Collie, der tagsüber auf einem Hof in Oberriet frei herumläuft. In der Nacht wird er in einen Zwinger gesperrt, auch wenn Kinder zu Besuch kommen, muss er in den Zwinger. Denn Heyman mag keine kleinen Kinder, wie die Frau, die sich jeweils um den Hund kümmert, am 1. August 2018 dem Hofbesitzer in Erinnerung ruft, bevor sie selbst aufbricht.An diesem Nationalfeiertag findet auf dem Hof ein Grillfest statt. Die Gäste versammeln sich rund um einen Steintisch, zu ihnen gehört ein knapp zweijähriges Mädchen. Heyman liegt zwei Meter entfernt auf dem Boden. Als das Mädchen den Hund streicheln will, beisst er ihm ins Gesicht, wie es in einem Strafbefehl der St. Galler Staatsanwaltschaft heisst. Das Kleinkind erleidet eine tiefe Weichteilverletzung, eine Nasenbeinfraktur, eine Verletzung des rechten Oberlids und der oberen Tränen-Nasen-Wege. Es muss notoperiert werden. Mittlerweile ist die Verletzung zwar gut verheilt, zurück bleibt aber eine Vernarbung im Bereich der Augenwinkel, die gemäss einem Bericht des Kinderspitals Zürich vermutlich eine weitere Operation nach sich zieht. Handelte der Hofbesitzer fahrlässig?Der Strafbefehl, den die St. Galler Staatsanwaltschaft Anfang Juni ausstellte, richtet sich gegen den Besitzer des Hofes. Er hatte den Hof von seinem Schwiegervater übernommen, zuerst zur Pacht, bevor er ihn gemeinsam mit seiner Frau kaufte. Mit dem Hof übernahm er Hund Heyman, den der Schwiegervater zurückgelassen hatte.  Der Beschuldigte sei als Hofeigentümer verantwortlich für die Tiere, die auf dem Hof leben, heisst es im Strafbefehl. Dies gelte insbesondere für den Hund, der tagsüber frei auf dem Hof herumläuft. Der Hofbesitzer habe die Verletzung des Kleinkindes fahrlässig in Kauf genommen, als er den Hund frei auf seinem Grundstück herumlaufen liess, während sich mehrere Gäste mit Kindern dort aufhielten – «obwohl er hätte wissen müssen, dass Heyman kleine Kinder nicht mag».  Wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung wird der 37-Jährige zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 140 Franken bestraft. Er hat gegen den Strafbefehl Einsprache erhoben. Immer mehr HundebisseDie Zahl der Hundebisse gegen Menschen stieg im Kanton St. Gallen in den letzten fünf Jahren stetig an. Waren es im Jahr 2016 noch 238 Vorfälle, verzeichnete das Amt für Veterinärwesen im vergangenen Jahr deren 305. Davon zogen 40 Hundebisse eine Strafanzeige nach sich. Im Jahresbericht heisst es dazu· «Die Anzahl Hunde, die im Kanton St. Gallen gehalten werden, hat in den letzten zehn Jahren zunächst stetig zugenommen und ist dann in den letzten drei Jahren in etwa konstant geblieben. Die Meldungen zu Bissen und Auffälligkeiten nehmen trotzdem stetig zu.»  Ein rasanter AnstiegInsbesondere im vergangenen Jahr verzeichnete das Amt einen rasanten Anstieg von Meldungen über sogenannt auffällige Hunde von 437 auf 545 Fälle – ein Plus von 108. Das Amt führt diese sprunghafte Zunahme auf die verbesserte Meldepflicht zurück. Aber auch auf Corona: Die Verlagerung der Freizeitaktivitäten ins Freie habe zu mehr Begegnungen mit Hundehaltern und deren Hunden geführt. 69 Hunde «mit übermässigem Aggressionsverhalten» wurden gemeldet (im Vorjahr waren es 21). Die meisten Meldungen bezogen sich auf Hofhunde: «Das Verbellen durch einen Hofhund kann als sehr unangenehm empfunden werden, entsprechend häufen sich die Meldungen.»

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