11.06.2018

Huckepack ist nichts für die Grenzregion

Der zunehmende Schwerverkehr trägt massgeblich zu Staus an den Grenzübergängen bei. Abhilfe schaffen könnte der Verlad von Lastwagen beim Güterbahnhof und Zoll in Wolfurt – aber nur auf den ersten Blick.

Von Kurt Latzer
aktualisiert am 03.11.2022
Kurt LatzerDer Zollhof ist voll, zwei Sattelschlepper stehen im Kreisel – nichts geht mehr. Dieses Szenario ist beim Grenzübergang Au-Lustenau beinah Alltag. Gleiches gilt während der Hauptverkehrszeiten beim Grenzübergang Kriessern-Mäder. Die verkehrsgeplagten Gemeinden dies- und jenseits des Rheins zu entlasten, ist seit über 50 Jahren ein Dauerthema.Kein Platz für nötige InfrastrukturAm Schweizer Zoll beim Güterbahnhof in Wolfurt bekommen die Lastwagenchauffeure die Pa­piere, dank denen sich der Aufenthalt an den Rheinübergängen in Grenzen halten soll. Das funktioniert aber nur, wenn der Verkehr zu- und abfliessen kann. Und genau dort liegt das Problem. Deshalb stellt sich die Frage: Warum bringt man die abgefertigten Lastwagen am Schweizer Zoll beim Güterbahnhof Wolfurt nicht auf der Schiene in die Schweiz? Die Trucks stehen ja schon unmittelbar neben den Gleisen eines Güterbahnhofs, der zu den grössten Österreichs zählt. «Der Standort Wolfurt ist auf Containerumschlag und Wechselaufbauten ausgerüstet, der Vollbetrieb nach der Erweiterung ist mit Oktober 2018 anberaumt. Auch dann ist die Verladung von Lastwagen auf die Schiene nicht vorgesehen», sagt Denise Beer, Sekretärin des Vorarlberger Landesrates Johannes Rauch. Der Platz für eine Verladeinfrastruktur sei nicht vorrätig.Kapazitätsengpässe bis 2025 nicht zu erwartenEine rollende Landstrasse (Rola) greife erst auf kurzen Entfernungen ab 90 und eigne sich für Entfernungen bis 700 Kilometer. «Auf der kurzen grenzüberschreitenden Strecke würden durch Be- und Entladevorgänge zusätzliche Stehzeiten und dadurch wieder zusätzliche Kosten entstehen», sagt Beer. Um den Schwerverkehr huckepack mit der Bahn von Wolfurt ins St. Galler Rheintal zu transportieren, brauche es einen Paradigmenwechsel bei den Wegkosten. «Die Kosten auf der Strasse sind nach wie vor zu günstig und die Kos­-ten auf der Schiene im Vergleich zu teuer, da keine Sozial- oder Umweltkosten beim Transport auf der Strasse miteinberech­- net werden», heisst es im Büro von Johannes Rauch. Bestünde bei Strassentransporten Kostenwahrheit, kämen die Güter generell auf die Schiene. «Dann stellte sich die Frage der Strecke Wolfurt – St. Galler Rheintal nicht», schreibt der Landesrat. Derzeit verkehren im Schnitt täglich sieben Güterzüge auf dem Streckenabschnitt St. Margrethen – Lustenau. Es seien bis 2025 keine Engpässe zu erwarten. «Das ent­- spricht einer Prognose für den Zeitraum 2035 bis 2040, die auf dem Wirtschaftseinbruch 2009 basiert», sagt Denise Beer. Güterterminal im Rheintal könnte helfenKönnte man die Kapazität des grenzüberschreitenden Schienenverkehrs ausbauen? «Der zweigleisige Ausbau zwischen dem Gleisdreieck Lauterach und Hard/Fussach befindet sich derzeit im Genehmigungsprozess. Es gibt bereits einen positiven UVP-Bescheid in erster Instanz. Es gibt einen Einspruch von Anrainern, weswegen das Verfahren nun in die zweite Instanz geht», heisst es im Büro Rauch.Letztes Jahr war von der Studie «Güterterminal Rheintal» in Au die Rede. Bräuchte man so einen Terminal, wollte man die Lastwagen von der Strasse auf die Schiene bringen? Denise Beer: «Diese Planungen enthalten auch keine Infrastruktur für die Verladung von Lastwagen auf Waggons. Wie in Wolfurt geht es auch dort um den Umschlag von Containern und Wechselaufbauten.» Ein Terminal analog zum Güterterminal Wolfurt könne zusätzlichen Güterverkehr von der Strasse auf die Schiene verlagern, wobei es dann um den Verkehr zwischen dem St. Galler Rheintal und beispielsweise den Nordhäfen Rotterdam und Hamburg gehe.Unmittelbar neben den Gütergleisen in St. Margrethen, beim Autobahnknoten, plant die Schweizer Zollverwaltung den Bau eines Zollabfertigungs- und Kontrollzentrums. Dies anstelle des heutigen Zollfreilagers beim Cargo Service Center. Kennt man beim Land Vorarlberg dieses Vorhaben? «Ja, dies ist uns bekannt und es ergibt in Hinblick auf den grenzüberschreitenden Schwerverkehr durchaus Sinn», sagt Denise Beer.Vor dem Terminal steht ein VerkehrskonzeptNach Anschicht von SBB Cargo setzt jede Verlagerung von der Strasse auf die Schiene ein Verkehrskonzept voraus, das die Transportlogistik vom Ausgangs- zum Zielort untersucht. «Einen Abschnitt von wenigen Kilometern isoliert zu betrachten, ist nicht Erfolg versprechend», sagt Daniele Pallecchi, Mediensprecher SBB. Zuerst müsse man beantworten, welche Güterströme (Ausgangs- und Zielort) man verlagern sollte. Erst dann könne man klären, ob ein Terminal im Rheintal dienlich wäre. Plant SBB Cargo beim Rheintaler Terminal mit? «SBB Cargo ist derzeit an keiner Planung für ein Terminal im Rheintal beteiligt. An Projekten zur Verkehrsverlagerung sind wir aber grundsätzlich interessiert», sagt Daniele Pallecchi.

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