16.03.2021

Hotel, Sektentempel, Mütterheim

Im Herbst beginnt ein neues Kapitel in der bewegten, 125-jährigen Geschichte der «Landegg» in Wienacht-Tobel.

Von Peter Eggenberger
aktualisiert am 03.11.2022
1896 wurde im damals belebten Kurort Wienacht das Hotel-Restaurant Landegg eröffnet. Die Geschichte des Hauses ist sehr wechselvoll. Ein neues Kapitel beginnt im Herbst mit dem Einzug von unbegleiteten Flüchtlingen im Jugendalter.Die zuletzt in der «Landegg» wohnhaften Asylbewerber wurden kürzlich in den «Sonneblick» in Walzenhausen verlegt. «Bis Herbst werden Reparaturen, Anpassungen und Auffrischungen ausgeführt», sagt Claudia Nef, Geschäftsführerin des Trägervereins Integrationsprojekte des Kantons St. Gallen. «Die Landegg dient künftig unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die ihr Domizil Marienburg in Thal verlassen müssen, als Wohnort.»Königliche Herrschaften von WürttembergSchon 1850 existierte am aussichtsreichen Platz der «Landegg» eine einfache Wirtschaft, die sich regen Zuspruchs erfreute. Bauherr des 1896 eröffneten Hotels mit Restaurant war dann Johannes Möhl. Im Haus logierten vornehme Herrschaften. Als prominentester Gast ging der König von Württemberg in die Geschichte des Hauses ein.Wie in vielen anderen Hotelbetrieben fehlten mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 auch hier die Gäste. Nach Kriegsende dienten die Gebäude den «Freunden von Möttlingen». Die religiöse Gemeinschaft mit deutschen Wurzeln nutzten sie als Kirche, Lagerort und Herberge. Einheimische verfolgten den steten Wechsel der Besucher mit Misstrauen.Landeskirchliches Haus und Baha’i-Zentrum1947 wurde die «Landegg» vom schweizerischen evangelisch-landeskirchlichen Verein erworben, der günstige Erholungsferien für Familien und Mütter ermöglichte. Ab 1978 wurde das Haus vom Ehepaar Ruedi und Heidy Balz geleitet. Veränderte Feriengewohnheiten und weitere Gründe führten 1982 zur Schliessung der «Landegg».[caption_left: So sieht das Haus heute aus.]Im gleichen Jahr gingen die Häuser an die Baha’i-Stiftung über. Fortan wurden sie als Tagungs- und Kongresszentrum genutzt. 1996 realisierte diese Stiftung die «Landegg»-Academy mit internationaler Studentenschaft. Die Hochschule in Wienacht bot eine Reihe englischsprachiger Studiengänge an. Ab 1999 bevölkerten rund 40 Studierende aus 32 Ländern die frühere Hotelliegenschaft.2004 wurde die «Landegg» wegen Finanzproblemen der Baha’i-Stiftung versteigert, später zum Asylbewerberheim umgenutzt. Heutige Eigentümerin der Liegenschaft ist eine Immobilienfirma aus Buchs.

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