10.07.2019

Hochwasser zerstört Bruten des gefährdeten Flussregenpfeifers

Auf den sich im Rhein befindlichen Sandbänken zwischen Rüthi und Trübbach brütet der Vogel gern – Hochwasser ist aber ein Problem.

Von Katharina Rutz
aktualisiert am 03.11.2022
Während das Hochwasser in der zweiten Junihälfte für die Menschen glimpflich abgelaufen ist, endete es für den Flussregenpfeifer tragisch. Die bedrohte Vogelart brütet auf den Sandbänken im Rhein, doch das Hochwasser hat die Bruten weggeschwemmt.Zwischen Rüthi und Trübbach liegt das bedeutendste Brutgebiet des Vogels in der Schweiz. «Normalerweise brüten hier rund 30 Paare», sagt Hannes Schumacher von Bird-life Sarganserland. Dieser Naturschutzverein erfasst seit 2014 die Bestände von Flussuferläufer und Flussregenpfeifer. Allerdings gab es zwischen Mastrils und Trübbach trotz geeigneter Lebensräume auffallend wenige Individuen der beiden Vogelarten. Dies veranlasste Birdlife Ende 2016 dazu, mit anderen Organisationen in Graubünden, St. Gallen und dem Fürstentum Liechtenstein eine Interessengemeinschaft zu gründen. Dieser gehören auch Natur Rüthi, die Naturschutzgruppe Salez und der OV Buchs an.Schon 2018 führte die starke Schneeschmelze zu hohen Wasserständen, die Kiesbänke und die Brutplätze wurden überschwemmt. Ende Mai 2018 wurden die ersten weggeschwemmten Gelege gemeldet, erst Ende Juni beruhigte sich die Situation, dass auf eine Zweitbrut gehofft werden konnte. Auch dieses Jahr muss die Hoffnung darauf gesetzt werden. «Im Moment sieht es so aus, dass alle Erstbruten des Flussregenpfeifers im St. Galler Rheinabschnitt beim Hochwasser zerstört wurden», sagt Schuhmacher.Der Rheindamm verstärkt die negativen Auswirkungen des Hochwassers für die Brutvögel, sind sich Naturschützer einig. «Mit einer Aufweitung des Gerinnes bzw. einem Versetzen der Dämme nach aussen würde der Wasseranstieg bei Hochwasser nicht so schnell und nicht so hoch sein wie jetzt. Nicht alle Kiesbänke würden überschwemmt», sagt Schuhmacher.Kiesige Flachdächerwären eine AlternativeObwohl zwischen Trübbach und Rüthi das «schweizweit wichtigste Brutgebiet» des seltenen Vogels liegt, deute das nicht auf paradiesische Lebensbedingungen hin, so Schuhmacher. Hoffnung setzt er auf die geplanten Aufweitungen bei Bad Ragaz und Maienfeld, bei Sargans und im Projekt Rhesi.Dennoch scheint es dem Vogel hier gut zu gefallen. Die Limikolenart trifft ab April ein. Bald danach beginnt das Brutgeschäft mit der Balz. Das ist die beste Zeit, die Vögel zu beobachten. Die Männchen versuchen, mit Rufen und auffälligen Flügen die Weibchen zu beeindrucken. Während sie brüten, leben sie unauffälliger. Ihre geringe Grösse und das Federkleid machen es nicht leicht, den Vogel zu sehen. Die Elterntiere brüten drei bis fünf Eier gemeinsam aus. Fressfeinde versuchen, sie vom Nest wegzulocken, an heissen Tagen kühlen sie die Jungvögel durch das mit Wasser getränkte Brustgefieder.Bei schlechten Verhältnissen versuchen Flussregenpfeifer, den Verlust durch eine Zweitbrut auszugleichen. Für die Brut ist Hochwasser eine grosse Gefahr. Untersuchungen zeigen, dass solches vor allem im Mai und Juni zu grossen Verlusten führen. So hat auch das Hochwasser im Juni wahrscheinlich alle Bruten weggeschwemmt. «Das ist sehr tragisch», sagt Hans Jakob Reich von der Naturschutzgruppe Salez. Allerdings versuchen Flussregenpfeifer auch auszuweichen. «Auf einem frisch umgebrochenen Acker jedoch haben sie nicht viel mehr Chancen», sagt Reich, «freilich würden sie wohl auch auf kiesigen Flachdächern ohne Bewuchs brüten». Für ihn wären entsprechend gebaute Flachdächer eine echte Alternative.Eine zweite Gefahr ist die Freizeitnutzung der Kiesbänke. «Wegen seiner Tarnung und der unauffälligen Lebensweise kennen die Besucher die Anwesenheit des Flussregenpfeifers gar nicht», sagt Schuhmacher. Ausserdem würden Flussregenpfeifer empfindlich auf freilaufende Hunde reagieren. Hundehalter bittet er, Hunde am Rhein zwischen Mitte April und Mitte Juli an der Leine zu führen und die Kiesbänke dann nicht zu betreten. Kommt es zu einer Zweitbrut, verlängert sich der Zeitraum bis in den August. Dann verlassen die Flussregenpfeifer ihr Brutgebiet und ziehen in ihr Überwinterungsgebiet in Afrika.

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