30.03.2021

Hier wird das Lernen zum Plausch

Im Foyer des Schulhauses Klaus hat eine ausrangierte Seilbahngondel ein zweites Leben als Lernraum bekommen.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Den Schülerinnen und Schülern vom Schulhaus Klaus steht ein ganz besonderer Gruppenraum zum Lernen zur Verfügung: Ein ausrangiertes Seilbahngondeli. Heute lernen die Kinder, anders als früher, nicht nur im Klassenplenum, sondern öfter auch in Gruppen. Die muss man natürlich irgendwie im Schulhaus verteilen können, damit sie sich nicht gegenseitig stören.Kreativität beim SchulraumschaffenNicht wenige Schulen stellt dies vor eine gehörige Herausforderung, besonders jene, die wegen der wachsenden Schülerzahl ohnehin schon knapp Platz haben. Manche Schulräte bzw. Schulkommissionen werden mittlerweile recht kreativ, um zu möglichst steuerkässeliverträglichen Kosten zu neuem Schulraum zu kommen. So hat man letztes Jahr beispielsweise sowohl in Rüthi wie auch in Kobelwald eine in die Jahre gekommene Heizung durch ein umweltverträglicheres System ersetzt – und den nicht mehr benötigten Heizungskeller zu einem lerntauglichen Raum umbauen lassen. Das ist natürlich wesentlich günstiger, als wenn man ans Schulhaus anbauen würde. So billig wie die Schule Altstätten im Schulhaus Klaus dürfte allerdings noch nicht grad eine Schule zu einem zusätzlichen Kleingruppenraum gekommen sein: Schulleiter Marco Schraner konnte die Seilbahnvierergondel «für einen kleinen dreistelligen Betrag» von den Bergbahnen Flumserberg ersteigern, wie er sagt. Das Bergbahnunternehmen hatte vor zwei Jahren vom Tannenboden auf den Maschgenkamm eine neue Achtergondelbahn gebaut und in einer Onlineauktion Liebhaber gesucht, die den 53-jährigen Gondeln der alten Bahn ein zweites Leben schenken mochten. Marco Schraner hatte Glück und kam besonders günstig zu einer, wie er erzählt.Hinein passte sie, raus bringt man sie aber nicht mehrWeil damals am Schulhaus die Fenster des Eingangsbereichs saniert wurden, konnte die Gondel durchs Fensterloch in der Wand ins Foyer gehoben werden. Durch die Tür hätte sie nämlich nicht hindurchgepasst – was bedeutet, dass man sie auch nicht mehr ohne Weiteres aus dem Schulhaus herausbringt. Dank an den Rahmen montierten Rädli lässt sich die Seilbahngondel aber leicht in die Ecke schieben, wenn ihr Platz einmal anderweitig benötigt wird. Eingebaut wurde ausserdem ein Tischchen, ähnlich jenen, wie es sie in manchen Zugsabteilen gibt. Für Bücher oder Notebooks ist es gross genug.Hier behindert die Enge nicht, sie beflügeltMit Aussenmassen von einem Meter siebzig Breite und etwas mehr als einem Meter zwanzig Tiefe ist freilich nicht besonders viel Platz in der Gondel. Aber erstens sind Primarschüler nicht so breit wie dick eingepackte erwachsene Skifahrer, und zweitens haben sie dermassen den Plausch am Lernen darin, dass die Enge sie nicht behindert, sondern beflügelt. Und wie bei einem gewöhnlichen Gruppenraum lassen sich die Türen schliessen, sollte es um die Gondel herum einmal etwas lärmig sein.«Unsere Schülerinnen und Schüler fühlen sich nicht immer nur dort wohl, wo wir Erwachsene mit viel Geld und Einsatz neue und vermeintlich optimale Lernräume gestalten», meint Marco Schraner, «die Lösung ist manchmal einfach und benötigt nur eine möglicherweise ungewohnte Herangehensweise von uns Erwachsenen.»Nicht nur die Schülerinnen und Schüler im Schulhaus Klaus sind begeistert von ihrer Lerngondel: Verschiedene Pädagoginnen und Pädagogen zeigen sich in ihren Kommentaren zu einem Post Marco Schraners auf der Social-Media-Plattform Linked-in fast ein wenig neidisch.

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