25.09.2021

Heizungen befeuern Baugesuchboom

In den Gemeinden und Bezirken im Appenzellerland ist die Anzahl Baugesuche im Vergleich zu den letzten Jahren gestiegen. Besonders auffällig sind die vielen Gesuche für die Installation von Heizungsanlagen – auch wegen der drohenden Verschärfungen im Energiegesetz.

Von Ramona Koller und Selina Schmid
aktualisiert am 03.11.2022
Ramona Koller und Selina SchmidIn Heiden ist die Anzahl eingereichter Baugesuche in diesem Jahr stark angestiegen. Das sagt Daniel Rohner, Bausekretär der Gemeinde. 2020 seien rund 10 Prozent weniger Gesuche als in den Vorjahren eingereicht worden. Im laufenden Jahr 2021 habe man den Wert des Vorjahres bereits über drei Monate vor Jahresabschluss erreicht, und übertreffe so den Durchschnitt der letzten Jahre. Rohner betrachtet das als gutes Zeichen für die Gemeinde: «Die Leute wollen in Heiden wohnen und in Heiden investieren.»Bei den Baugesuchen handle es sich vermehrt um Sanierungen. Aber auch für Neubauten von Einfamilien- und Mehrfamilienhäusern werden Gesuche eingereicht: «Insbesondere durch den Neubau der Bergstrasse sind demnächst neue Projekte für Einfamilienhäuser zu erwarten», erklärt Rohner. Auffallend sei die grosse Anzahl an Gesuchen für den Ersatz von Heizungen. Der Bausekretär vermutet einen Zusammenhang mit dem neuen Energiegesetz. «Gut möglich, dass die Bauherren noch vor Inkrafttreten desselben die Heizung mit weniger Auflagen ersetzen möchten», so Rohner. Voraussichtlich müssen Hauseigentümer im Rahmen des neuen Energiegesetzes künftig bei einem Heizungswechsel auf erneuerbare Energie umsteigen, sofern dies technisch machbar ist und zu keinen Mehrkosten führt. Dass 2021 mehr Baugesuche eingereicht wurden, habe wohl mit den Einschränkungen im Rahmen der Pandemie zu tun: «Die Eigentümer sind oft zu Hause, können weniger unternehmen und befassen sich so mit der Sanierung und Entwicklung ihrer Liegenschaft.»Laut Sandra Nater-Schönenberger, zuständiger Gemeinderätin für das Ressort Hochbau/Ortsplanung der Gemeinde Herisau, hat die Anzahl Baugesuche auch in Herisau stark zugenommen. Bereits 2019 und 2020 seien die Zahlen auf gleichbleibend hohem Niveau gewesen. «Falls bis Ende Jahr in gleicher Intensität wie bisher Baugesuche eingereicht werden, erreichen wir gegenüber 2020 eine Steigerung von ca. 35 bis 40 Prozent», erklärt Nater. Dies entspräche einer Zunahme um rund 150 Baugesuche. Mehr Stellenprozent für Hochbau- und OrtsplanungAuch in Herisau sei die Anzahl an Baugesuchen für Heizungsanlagen auffallend hoch. Aber auch kleinere An- und Umbauten sowie Neubauten von Ein- und Mehrfamilienhäusern würden geplant. Sowohl in Herisau als auch in Heiden handle es sich vor allem um Baugesuche privater Personen. Für Herisau bedeutet die Zunahme der Anzahl Baugesuche zusätzlichen Aufwand für die Mitarbeitenden der Gemeinde. «Grössere Projekte wie zum Beispiel die Ortsplanungsrevision mussten zurückgestellt werden, da sich die Mitarbeitenden bereichsübergreifend unterstützen», erklärt Nater. Ausserdem hätten sämtliche Mitarbeitenden in den letzten Monaten zusätzlichen Aufwand geleistet, um den Service public aufrechtzuerhalten. Nater weiter: «Weil sich keine Entspannung abzeichnet, hat der Gemeinderat zudem den Stellenplan der Abteilung Hochbau/Ortsplanung erhöht.» Die Gemeinderätin vermutet die Gründe für die Zunahme der Baugesuche ebenfalls in der Pandemie: «Gut möglich, dass die Bevölkerung aufgrund der Restriktionen Bereitschaft zeigt, mehr in ihr Eigenheim zu investieren.»In der Gemeinde Lutzenberg verzeichnet man laut Bausekretärin Susanne Rausch eine bedeutende Zunahme an Gesuchen für den Neubau von Einfamilienhäusern, Abbrüche und Ersatzbauten sowie grössere Anbauten. Die Anzahl Baugesuche für Heizungs- und Brennstoffanlagen bewege sich indes im üblichen Rahmen. Während bis Ende 2020 57 Baugesuche eingereicht worden seien, sei diese Zahl 2021 bereits Ende August mit 60 übertroffen worden. Auch in Lutzenberg handle es sich mehrheitlich um private Bauprojekte. «Die Gemeinde hat für zwei Gemeindeliegenschaften Baugesuche laufen, die restlichen Gesuche sind alle von Privatpersonen», erklärt Rausch. Die Zunahme von Baugesuchen bedeute auch für Lutzenberg einen administrativen Mehraufwand, der teilweise auf Kosten anderer Aufgaben bewältigt werden müsse. Weshalb die Anzahl gestiegen sei, könne man nicht beurteilen. Rausch habe aber eine Vermutung: «Gut möglich, dass die Leute in dieser schwierigen Zeit mehr auf ihre Wohnsituation und ihr Lebensumfeld achten oder nun eher die Zeit finden, ihre aufgestauten Pläne und Wünsche zu realisieren.»Pius Neuländner, Leiter Baubewilligungsbehörde der Gemeinde Teufen, beobachtete bereits 2020 ein Anstieg der Baugesuche in Teufen, aber auch in der Gemeinde Bühler, für welche er ebenfalls zuständig ist. Woran das liege, könne er nicht sagen. Vorstellen könne er sich aber, dass es mit der Attraktivität von Teufen als Wohngemeinde zu tun hat. «Wir verzeichnen hier allgemein eine hohe Bautätigkeit im Verhältnis zur Einwohnerzahl», erklärt Neuländner. 2020 und auch im laufenden Jahr beobachte man auch in Teufen einen deutlichen Anstieg der Anzahl Baugesuche für Heizungsbauten. 28 Wärmepumpen habe man letztes Jahr bewilligt. Zudem den Ersatz von 23 Ölheizungen. Deren Austausch könnte nach Inkrafttreten des neuen Energiegesetzes an zusätzliche Rahmenbedingungen geknüpft werden. «Deshalb nutzen nun wohl viele die Gunst der Stunde», mutmasst Neuländner. Vergangenes Jahr seien in Teufen sechs Einfamilien- und zehn Mehrfamilienhäuser bewilligt worden. Für die Bauverwaltung bedeute die hohe Bautätigkeit in einem immer komplexer werdenden Umfeld einen beträchtlichen Mehraufwand. Neuländner vermutet den Ursprung der Zunahme der Baugesuche darin, dass die Leute während der Pandemie vermehrt zu Hause waren und sich Gedanken über ihre Immobilien gemacht hätten.Mehr Anzeigen und Einsprachen im InnerrhodenIn Appenzell Innerrhoden zeichnet sich ein ähnlicher Trend ab: Bei der Bauverwaltung Inneres Land AI nehmen die Baugesuche stetig zu, sagt Bausekretär Markus Manser. Bis zum 17. September 2021 waren es 451 Gesuche, im ganzen Jahr zuvor 635. Einen Grund für die hohe Bautätigkeit sieht Manser im tiefen Hypothekarzins und der eingeschränkten Reisetätigkeit der einheimischen Bevölkerung, was Eigentümer zum Anlass nehmen würden, vermehrt in das Eigenheim zu investieren. Ältere Gebäude würden zudem häufig energetisch saniert.Gleichzeitig nehme die Zahl der Einsprachen in den letzten Jahren massiv zu, so Manser. Er vermutet, dass dies an der zunehmend verdichteten Bauweise liegt. Manche Einsprecher würden eine Palette möglicher Argumente ins Feld führen, welche in rechtlicher Hinsicht in keiner Weise stichhaltig seien. Manser sagt: «Es geht vermehrt nicht um die korrekte Anwendung der Baugesetzgebung, sondern allein darum, die Realisierung von Bauvorhaben, von denen sie direkt betroffen sind, aus eigennützigen Gründen zu verhindern oder zumindest zu verzögern.» Die Baukommission müsse trotzdem jede Einsprache eingehend prüfen, was sehr aufwendig sei. Manser stellt gleichermassen eine grosse Zunahme von Anzeigen wegen angeblich baurechtswidrigen Bauten fest. Ihm falle auch hier auf, dass diese Anzeigen vielfach auf persönliche, nachbarliche Fehden zurückzuführen seien. Die Bauverwaltung Oberegg verwaltet 20 Prozent mehr Baugesuche als noch vor zwei Jahren. Gemäss Bauverwalter Jürg Tobler gingen zwischen Jahresbeginn und dem 16. September 93 Gesuche ein. Zum Vergleich: 2020 waren es 95. Dabei handelt es sich vorwiegend um Wohn- und landwirtschaftliche Bauten, doch auch gewerbliche Räume entstehen. Dadurch haben die Bauverwaltung und die Baukommission mehr Aufwand, doch Tobler findet die Entwicklung positiv. Das Gewerbe profitiere von der Bautätigkeit.

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