07.12.2020

Heiligabend auf der Raststätte

Ein Montlinger Ehepaar verteilt an Weihnachten gestrandeten Lastwagenchauffeuren Pakete mit einem Festmahl.

Von Seraina Hess
aktualisiert am 03.11.2022
Seraina HessEs gibt lauschigere Plätze, um Weihnachten zu verbringen, als auf den Rastplätzen der A1 oder A13. Trotzdem werden sich Brigitte Moser und Silvano Vescio am Abend des 24. Dezembers gemeinsam mit ihrem Hund Fionnlagh in ihren mit Lebensmitteln bepackten Kleinbus setzen und auf die Autobahn fahren.Inzwischen ist es das dritte Mal, dass das Ehepaar aus Montlingen auf allen sechs Rastplätzen zwischen Rheineck und Sevelen Halt macht, an Lastwagentüren klopft und den Chauffeuren ein Päckli mit reichlich Essen überreichen wird. Selbst gemachte Sandwiches, Vermicelles, Süssgetränke, Bananen, Mandarinen, Erdnüsse, Schokolade – und das alles mindestens mal sechzig, denn so viele Lastwagenfahrer befinden sich an den Weihnachtsfeiertagen in ihren Kabinen auf den Rheintaler Rastplätzen, bis sie die Reise werktags fortsetzen dürfen.Chauffeure sitzen tagelang festEs seien vor allem polnische, russische und litauische Chauffeure, die es auf ihren Fahrten nicht rechtzeitig zu den Festtagen nach Hause schaffen. Aufgefallen ist das dem Paar vor drei Jahren, weil es oft auf dem Rastplatz in Kriessern parkierte, um von dort aus im nebenan gelegenen Wald mit dem Hund zu spazieren. «Je nach dem, wie Weihnachten fällt, sitzen Chauffeure dort tagelang fest; und ein Taxi, das einen wenigstens an Weihnachten weg vom trostlosen Rastplatz bringt, können sich die wenigsten leisten», sagt Silvano Vescio. Das bewog das Paar dazu, das übrig gebliebene Geld in der Haushaltskasse in die Essenspakete zu investieren und ein kleines – oder eher grosszügiges – Festmahl für die gestrandeten Chauffeure zusammenzustellen. Tagelang standen die beiden vor den Feiertagen in der Küche, schmierten Brote und buken Desserts.«Ich backe und koche sehr gern, deshalb bereiten mir die Vorbereitungen immer viel Freude», sagt Brigitte Moser, die als Raumpflegerin in der Jugendstätte Bellevue in Altstätten arbeitet. Noch mehr Freude empfand die 53-Jährige aber auf den Rastplätzen, als sie die Dankbarkeit erlebte. «Zuerst dachten einige, wir seien Verkäufer, und wollten uns deshalb abwimmeln. Als sie dann realisierten, dass wir das Essen verschenken, war die Wertschätzung riesig.» Dieses Jahr hätte Brigitte Moser eigentlich gern warme Suppe kredenzt – doch die Corona-Massnahmen komplizieren das Schöpfen und Servieren, weshalb sie darauf verzichtet und bei den Broten bleibt. Das eigene Familienfest an Weihnachten um ein, zwei Tage zu verschieben, machte dem Paar bisher nichts aus. Dieses Jahr falle das Fest im grösseren Familienkreis wegen Corona ohnehin ins Wasser, was der Aktion zugute komme.Was die beiden aber zunehmend belastet, sind die Auslagen, die ihr Vorhaben mit sich bringt. «Bei über 60 Paketen geht die Aktion ins Geld», sagt der 54-jährige IV-Rentner. Genau beziffern können Brigitte Moser und Silvano Vescio die Summe nicht, zumal sie gewisse haltbare Produkte wie Geträn-ke oder Schokolade manchmal schon Wochen zuvor kaufen, wenn sich die Gelegenheit bietet. Doch die Einkäufe summieren sich – und das Geld in der Kasse ist knapp.Auf der Suche nachLebensmittel-SponsorenWeil das Paar aber nicht auf die Aktion verzichten will, sucht es nach Lebensmittelsponsoren. «Das können sowohl Grossverteiler wie auch kleinere Lebensmittelhändler sein. Statt abgelaufene, noch geniessbare Esswaren wegzuwerfen, könnten wir sie weiterverarbeiten und verteilen», sagt Silvano Vescio. Denn was den Inhalt der Pakete angeht, sind die beiden flexibel. «Wir machen etwas daraus, was wir bekommen», sagt Brigitte Moser. «Wichtig ist uns, die Aktion in den nächsten Jahren weiterführen zu können – am liebsten mit etwas Unterstützung.»Lebensmittelspenden für ihre Aktion nehmen Brigitte Moser und Silvano Vescio nach Absprache gerne entgegen: silvano.vescio@bluewin.ch

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