03.05.2021

Hauptsache, langsam und möglichst leise

Mit mehr als zwanzig Tempo-30-Zonen stehen die Rheintaler Gemeinden in puncto Verkehrssicherheit gut da.

Von Andrea C. Plüss
aktualisiert am 03.11.2022
Andrea C. PlüssVor zwanzig Jahren, am 4. März 2001, schickte das Schweizer Stimmvolk die Volksinitiative «für mehr Verkehrssicherheit durch Tempo 30 innerorts mit Ausnahmen» krachend bachab. Gerade einmal 20,3 Prozent Ja-Stimmen entfielen auf die Initiative, die mit dem Slogan «Strassen für alle» geworben hatte. In den Rheintaler Gemeinden fiel die Zahl der Befürworter noch klei-ner aus als im Landesdurchschnitt: In Au und Balgach stimmten immerhin 15,8 beziehungsweise 15,4 Prozent der Stimmberechtigten für eine Geschwindigkeitsreduktion auf Tempo 30 innerorts. In Diepoldsau (13,66 Prozent) oder Widnau (13,86 Prozent) lag die Zustimmung noch tiefer. Die meisten Tempo-30-Zonen im MittelrheintalGäbe es einen Titel zu vergeben, die Gemeinde Diepoldsau wäre aktuell Tempo-30-Zonen-Meister im Rheintal. Seit Annahme des Gesamtverkehrskonzepts im Jahr 2011 sind in Diepoldsau neun Tempo-30-Zonen bewilligt, davon acht bereits umgesetzt worden. Fünf weitere sollen folgen. In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat ein Umdenken stattgefunden. Es besteht ein wachsendes Bedürfnis, Fussgänger und Velofahrer sowie vor allem Kinder als Verkehrsteilnehmer innerorts besser zu schützen. Bürgerinnen und Bürger wünschen sich mehr Lebensqualität im öffentlichen Raum und weniger Lärm durch motorisierten Verkehr. Allein 23 Tempo-30-Zonen bestehen aktuell im Wahlkreis Rheintal (siehe Grafik), die beiden Begegnungszonen in Altstätten, bei denen Tempo 20 gilt, mitgezählt. Eine stattliche Zahl, wenn man bedenkt, dass die Abteilung Verkehrstechnik auf gut 100 Tempo-30-Zonen im Kanton kommt, ausgenommen diejenigen in der Stadt St. Gallen. In den Gemeinden des Oberrheintals sind offizielle Tempo-30-Zonen kaum verbreitet. Anders als bei den Gemeinden im Mittel- und Unterrheintal (Widnau verzichtet prinzipiell auf Tempo-30-Zonen; siehe Ausgabe vom 16. April) sind weniger verdichtete Wohnquartiere vorhanden, deren Strassen als Schleichwege für den Durchgangsverkehr missbraucht werden könnten. Lage und Länge der Strassen liessen ein zu schnelles Fahren kaum zu, so der Eichberger Gemeindepräsident Alex Arnold. Auch freiwillige 30er-Zonen sind genehmigungspflichtigNebst den offiziellen Tempo-30-Zonen findet sich im Rheintal eine wachsende Zahl sogenannter «freiwillig Tempo-30-Zonen». Die Stadt Altstätten beispielsweise setzt seit 2019 nur noch auf die freiwillige Variante. Mit lediglich einem Schild «Freiwillig 30» sei in den meisten Fällen kaum eine Temporeduktion zu bewirken, sagt Werner Lendenmann, Leiter Verkehrstechnik beim Kanton St. Gallen. Wolle man das erreichen, seien in der Regel verkehrsberuhigende Elemente nötig; Strassenverengungen oder Schwellen beispielsweise. In einem solchen Fall müssen auch die freiwilligen 30er-Zonen von der Kantonspolizei abgenommen und das Projekt von der Gemeinde aufgelegt werden. Für das Schild, die Polizei spricht von einer «Werbetafel», braucht es eine Genehmigung. Dass eine «offizielle» 30er-Zone eine Gemeinde in jedem Fall teurer zu stehen käme als die «Freiwillig-30-Variante», sieht Lendenmann nicht so. Die Kantonspolizei habe zusammen mit der Vereinigung der St. Galler Gemeindepräsidenten ein Mustergutachten erstellt, nach dem sich die Gemeinden richten könnten. «Man kann Tempo 30 auch kostengünstig machen», sagt Werner Lendenmann, «wenn man nur das macht, was der Gesetzgeber verlangt.» Häufig seien beispielsweise die Verkehrsgutachten sehr umfangreich und umfassten auch Aspekte der Öffentlichkeitsarbeit. Ins Geld gehen aber vor allem die baulichen Massnahmen. Nach Möglichkeit setzen die Gemeinden deshalb im Rahmen von Strassensanierungen verkehrsberuhigende Elemente um.Einzelinteressen müssen zurückstehenNicht immer ist eine Tempo-30-Zone das Mittel der Wahl. In Berneck kam ein Verkehrsgutachter nach Messungen an 18 Strassen zum Ergebnis, einzelne verkehrsberuhigende Elemente, etwa an der Gemperenstrasse oder der Burggass, seien besser geeignet als eine flächendeckende Tempo-30-Zone.Der Anstoss, verkehrsberuhigende Massnahmen zu prüfen, kommt fast ausnahmslos vonseiten der Bevölkerung. Es soll langsamer gefahren werden im Quartier, und es soll weniger Lärm von der Strasse ausgehen. Bei der Umsetzung solcher Massnahmen ist Überzeugungsarbeit gefragt. «Es ist nicht ganz einfach, einem Bürger beizubringen, dass man nicht auf Einzelinteressen schauen kann», sagt Werner Lendenmann. Auch liessen sich nicht alle Wünsche bezüglich der Verkehrsführung im Handumdrehen umsetzen. «Schön wäre, könnte man über die Gemeindegrenzen hinaus planen», so der Leiter Verkehrstechnik. Das sei nicht die Regel, aber es sei schon vorgekommen im Kanton.

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