12.11.2019

Hat Format, auch als Ersatzmann

Fussball. Beim 3:3 von Au-Berneck gegen Rorschach-Goldach kommt Stammspieler Sebastian Roth nur 15 Minuten zum Einsatz.

Von Beni Bruggmann
aktualisiert am 03.11.2022
In jedem der zehn Vorrundenspiele des FC Au-Berneck steht der Spieler mit der Nummer 5, der 21-jährige Johann Sebastian Roth, in der Startaufstellung. Im letzten Spiel des Jahres aber muss er auf der Ersatzbank Platz nehmen. «Seine Leistung im Training und bei den Spielen hat leicht nachgelassen», sagt Assistenztrainer Sali Yücel.Yücel hat im letzten Sommer, als man das Team für diese Saison zusammenstellte, den Vorschlag gemacht, den Spieler von Viktoria Bregenz zu verpflichten. «Ich kenne ihn gut», sagt er, «denn ich habe mit ihm zusammen im gleichen Team gespielt.» Yücel war Captain, Roth ein talentierter junger Spieler. «Ein ausgezeichneter Sechser», was so viel heisst wie ein Spieler mit Laufbereitschaft, Übersicht und Kampfgeist im defensiven Mittelfeld. Der Transfer klappt, der Start gelingt, der Platz in der Startformation ist gesichert. Bis zu diesem letzten Spiel.Mit Verständnis für seine RolleDie erste Versetzung auf die Bank schmerzt. Nach dem Spiel zeigt Roth Format: «Ich habe an der Teamsitzung vor dem Match erfahren, dass ich nicht spiele. Den Entscheid kann ich verstehen, denn in den letzten Spielen habe ich nicht mehr meine beste Leistung zeigen können.» So muss er an diesem Nachmittag die ungeliebte Rolle des Ersatzmanns übernehmen.Beim Einlaufen ist die Mannschaft kompakt, konzentriert. Die paar Auswechselspieler hingegen schieben den Ball eher lustlos hin und her. Die ersten 45 Minuten verbringt Roth still auf der Bank. In der Pause füllt er die Getränkeflaschen für seine Kollegen nach. Nach einer Stunde schickt der Trainer alle Auswechselspieler zum Einlaufen. Das Bild hat Symbolcharakter: Das Spielfeld ist hell erleuchtet, da ist Betrieb, ist Stimmung, aber auf dem Trainingsplatz, wo sich die Spieler aufwärmen, ist es still und dunkel. Roth macht seine Übungen, hat aber immer das Spielfeld im Auge. Als Nurkan Ibrahimi in der 78. Minute das 3:1 schiesst, trommelt er heftig an die Blechreklame. Sein Herz ist beim Team, er freut sich mit.Aus dem Allgäu nach VorarlbergIn der 81. Minute kommt er aufs Feld, kann aber keine Impulse geben. Schlimmer noch: Der Gegner gleicht durch zwei Tore in der Nachspielzeit aus.Roth kommt in Wangen im Allgäu zur Welt, geht dort zur Schule und spielt beim FC Neuravensburg Fussball. Die Familie zieht später nach Bregenz, und der Junge tritt dem FC Raiffeisen Viktoria 62 Bregenz bei. Mit 17 spielt er schon in der ersten Mannschaft. Bald ist er dort Stammspieler. Er macht eine Lehre als Zerspanungstechniker und arbeitet heute bei Blum in Höchst. Seine Aufgabe: Er bearbeitet metallene Werkstückteile durch Drehen, Fräsen oder Schleifen. Johann Sebastian? Natürlich denkt man an den grossen Komponisten Johann Sebastian Bach. Sollte aus dem Knaben ein Musiker werden? Er schmunzelt: «Mein Vater spielt zwar in einer Blaskapelle Posaune, ist also musikalisch, aber ich denke nicht, dass meine Eltern mit dem Namen gewisse Erwartungen hatten.» Andrea und Wolfgang Roth haben sieben Kinder. Nadine, die älteste, ist 30 Jahre alt, Jakob, mit 17 der Jüngste, spielt auch Fussball. Der Vater leitet in Wangen die Firma Wolfgang N. Roth Türen-Tore-Zargen.Fairness in den ZweikämpfenAuch wenn nun dieses letzte Spiel dem jungen Mann eine weniger schöne Erfahrung gebracht hat, darf er auf die erste halbe Saison in der Schweiz stolz sein. In den ziemlich genau 900 Spielminuten wird er nicht ein einziges Mal verwarnt. Das ist für einen Verteidiger der Ritterschlag. «Der Zweikampf ist meine Stärke», sagt er. Gemeint ist der faire Zweikampf. «Er hat nachgelassen», haben wir gehört. Das kann viele Gründe haben. Auch Liebeskummer. Einmal im Gespräch sagt er nämlich: «Meine Freundin Céline ist zurzeit auf einer Weltreise.»

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