«Ich durchlebte in den letzten Tagen eine Achterbahnfahrt der Gefühle», sagt die Widnauerin Ramona Grünenfelder. Angefangen hat die emotionale Berg- und Talfahrt Mitte letzter Woche, als sich ein Tierarzt meldete, mit der Mitteilung, der Kater könne abgeholt werden, der Abszess sei medizinisch behandelt worden. Ein Tierfreund hatte einen verletzten Kater in der Praxis abgegeben. Anhand des Chips war Grünenfelder als Halterin ausgemacht worden. Ihre Freude war gross, denn beim zehnjährigen Kater handelte es sich um Charly, der ihr vor dreieinhalb Jahren entlaufen war und der trotz grosser Suchaktionen nicht mehr gefunden werden konnte. Charly erholte sich dank der fürsorglichen Pflege der Katzenmutter schnell und fing auch bald an sein Territorium zu markieren, denn er musste sich inzwischen den Haushalt mit drei weiteren Katzen teilen.Charly war nicht fit, als er beim Tierarzt abgeholt werden konnte. Das änderte sich aber rasch.An seinen Artgenossen Campino, Blacky und Mü hatte er wenig Freude und sie auch nicht an ihm. Sie reagierten teilweise heftig, frassen nicht oder kamen gar nicht mehr ins Haus. «Ich oder mein Ehemann waren deshalb bis am Samstag stets zu Hause, damit wir die anderen Katzen ins Freie und wieder rein lassen konnten. Zudem konnten wir so Charly mit seiner Verletzung drinnen behalten, obwohl wir ihn laut Tierarzt bereits am Donnerstag wieder hätten ziehen lassen können», sagt die 38-jährige. Aber wie schon früher, zeigte sich Charlys eigenständiger, freiheitsliebender Charakter: Er liess sich seine Wunde nur ungern mit Salbe versorgen und dass er ins Freie möchte, demonstrierte er eindrücklich, indem er beispielsweise die Vorhänge von den Fenstern riss und auch sonst randalierte. Am Samstag war es so weit, Grünenfelders öffneten die Katzentüre wieder, spielten mit Charly draussen auf dem Balkon. Bereits in der Nacht auf Sonntag verabschiedete sich der Tiger aber erneut und tauchte nicht mehr auf – für die Widnauerin ging eine bange Zeit und die Suche wieder los. «Dank der Antibiotikaspritze, die über längere Zeit wirkt, wusste ich wenigstens, dass er medizinisch gut versorgt ist», sagt Ramona Grünenfelder. Inzwischen ist der Katzenmann wieder aufgetaucht, knapp drei Kilometer entfernt. Durch dicht besiedeltes Gebiet ist er ins ehemalige Wohnquartier der Grünenfelders zurück – in der Nähe der Gärtnerei Bucher, wo er auch verletzt aufgefunden worden ist. «Das Wohl des Tieres steht über meinen Wünschen»«Als er 2017 weglief, nach vier Monaten an meinem jetzigen Wohnort, fanden wir ihn nicht», sagt die Widnauerin. Charly lebte aber in seinem angestammten Viertel und verpflegte sich zwischendurch bei einem anderen Katzenhalter. «Wir haben uns nun mit diesem geeinigt, dass er Charly übernimmt und wir müssen ihm nur noch Papiere und Impfausweis übergeben. Er ist dort an einem guten Platz», sagt Ramona Grünenfelder. Es sei offensichtlich, dass er sich in dieser Gegend zuhause fühle, deshalb soll er dort bleiben können. «Ich hätte ihn gerne wieder aufgenommen. Aber das Wohl des Tieres steht über meinen Wünschen.»