21.06.2018

Hanfpflanzer müssen hinter Gitter

Der Besitzer der Industriehalle am Südring, wo Marihuana in grossem Stil angepflanzt worden war, stand am Mittwoch vor Gericht. Auch sein Kollege, in der Hanfanlage «Mädchen für alles», musste sich verantworten.

Von Kurt Latzer
aktualisiert am 03.11.2022
Kurt LatzerWährend der Ältere der beiden Angeklagten eher wortkarg auftrat, gab sich der 48-jährige Mitinitiant geläutert. In der U-Haft habe er, seiner Frau und der kleinen Tochter wegen, der schiefen Laufbahn abgeschworen. Seit zwei Jahren gehe er einer regelmässigen Arbeit nach und zum Milieu im Zürcher Kreis 4 habe er keinen Kontakt mehr. Auf die Frage des Richters, weshalb er nicht vor der Sache mit den Hanfanlagen an seine Frau und die Tochter gedacht habe, sagte der gebürtige Chamer: «Will ich en dumme Siech gsi bi.» Ein «dummer Holzkopf» sei er gewesen, als er auch noch seine Frau als Helferin für die Marihuanaernte in die Sache hineingezogen habe. Als die Betreiber weitere Helfer für die Bewachung der Altstätter Industriehalle suchten, warb der 48-Jährige seinen Cousin an, dieser wiederum einen Bekannten.Illegal eingeführter Hund und Munition im HausGegen das Tierschutz- und Tierseuchengesetz hat der jüngere Angeklagte mit dem Kauf eines illegal importierten Dobermanns verstossen. Den Hund habe man zur Überwachung der Hanfanlage einsetzen wollen. Das habe nicht geklappt, weil der Hund viel zu gutmütig gewesen sei. Und weil die Polizei beim 48-Jährigen zu Hause Sturmgewehr-Munition und Magazine sichergestellt hatte, kam es zur Anzeige wegen des Verstosses gegen das Waffengesetz. Zudem hatte der Mann ohne Fahrberechtigung ein Auto gelenkt.Der Hallenbesitzer antwortete auf die Fragen des Kreisrichters zögerlich und relativ leise. Auch die Aussagen zu seiner heutigen Situation und dem Umfeld fielen knapp aus. Anders als der jüngere Hanfanlagen-Gefährte allerdings ist der 64-Jährige Rütner (ZH) nicht vorbestraft. Der Richter befragte ihn, ob er der Initiant der Altstätter Anlage gewesen sei, zumal er als Eigentümer der Halle an der Alten Landstrasse eingetragen war und beim Umbau im Gebäude geholfen hatte. Den Plan für die Anlage habe man gemeinsam gefasst, sagte der 64-Jährige mehrfach.Nach einer Schiesserei kam alles ans LichtErwischt wurden die beiden Angeklagten, nachdem es im Februar 2015 in der Industriehalle an Altstättens Alter Landstrasse zu einer Schiesserei gekommen und die Indoor-Hanfanlage entdeckt worden war. Zwei Männer wurden bei der Schiesserei lebensgefährlich verletzt.Die nun verurteilten Angeklagten hatten die ihnen zur Last gelegten Straftaten zugegeben und sich mit der vom Staatsanwalt beantragten Strafe einverstanden erklärt. In beiden Fällen bejahte die Staatsanwaltschaft daraufhin das sogenannte abgekürzte Verfahren. Am Mittwoch hatte das Kreisgericht zu entscheiden, ob es das abgekürzte Verfahren und damit das Strafmass bestätigt oder ein volles Strafverfahren zu eröffnen sei. Dem Hallenbesitzer, laut Anklageschrift Mitinitiant der Hanfanlage, legte die Staatsanwaltschaft banden- und gewerbsmässige Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (BTMG) zur Last. Das Strafmass legte der Staatsanwalt auf eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren fest, unter Anrechnung der Untersuchungshaft von 92 Tagen. Von der Haftstrafe habe der 64-Jährige sechs Monate abzusitzen, 24 Monate bedingt bei einer Probezeit von zwei Jahren. 315000 Franken Bargeld seien einzuziehen. Zudem ist der Hallenbesitzer verpflichtet, solidarisch mit drei Mitbetreibern der Anlage 50000 Franken Ersatzforderung zu leisten. Dazu kommen die Verfahrenskosten.Deutlich mehr auf dem Kerbholz hat der 48-Jährige, der sich im Zusammenhang mit der Alt-stätter Hanfanlage als «Mädchen für alles» bezeichnete. Im Gegensatz zum nicht vorbestraften Hallenbesitzer sass der Mann bereits wegen versuchten Totschlages acht Jahre hinter Gitter. Neben dem banden- und gewerbsmässigen Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz legte die Staatsanwaltschaft dem 48-Jährigen weitere Punkte zur Last: Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, den verbotenen Besitz von Munition und Waffenzubehör, Fahren ohne Berechtigung sowie Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz und das Tierseuchengesetz. Trotz seiner Vorstrafen und der neuen Straftaten gestand die Staatsanwaltschaft auch dem 48-Jährigen ein abgekürztes Verfahren zu. Dies, weil auch der jüngere der beiden Hanfanlagenbetreiber geständig und mit dem Strafmass einverstanden war. Zwei Jahre dauerte das verkürzte VerfahrenDer 48-Jährige muss zwölf Monate im Gefängnis absitzen, unter Anrechnung von 101 Tagen Untersuchungshaft. Für die restlichen 24 Monate Haft gewährte die Staatsanwaltschaft bedingten Vollzug. Von den 120 Tagesätzen zu je 80 Franken wurden 60 Tagessätze zur Bewährung ausgesetzt und eine Probezeit von fünf Jahren ausgesprochen. Für die Widerhandlung gegen das Tierschutz- und Tierseuchengesetz muss der 48-Jährige 400 Franken Busse zahlen. Der Anwalt des 48-Jährigen kritisierte am Ende seiner Ausführungen das Gericht, weil es zwei Jahre gebraucht habe, um über das abgekürzte Verfahren zu entscheiden. «Meinem Mandanten aber schuf dies die Möglichkeit, zu zeigen, dass er sich in den letzten zwei Jahren bewährt hat», sagte der Verteidiger des heute in Jona wohnhaften Mannes. Das Kreisgericht bestätigte kurz vor Mittag das abgekürzte Verfahren und damit das angesprochene Strafmass. Verläuft alles nach Plan, soll die Verhandlung der beiden letzten Beteiligten am Altstätter Hanfhallenfall noch dieses Jahr stattfinden. Die Mitwirkenden liessen sich auf ein abgekürztes Verfahren nicht ein und bestritten die gegen sie erhobenen Vorwürfe.

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