07.08.2020

Hanf raubt Thalern den Schlaf

Der medizinische Hanf stinkt, sagen Anwohner. Während Behörden schweigen, zeigt der Betreiber Verständnis.

Von Rudolf Hirtl
aktualisiert am 03.11.2022
Die Fahrt ins beschauliche Dorf Thal führt vorbei an malerischen Rebhängen, durch das modern aufgepeppte Dorfzentrum, vorbei am smarten Holzbau der evangelischen Kirchgemeinde und rauf zum Weiler Tobelmüli. Dort steht das Firmengebäude der Zwirnerei Bäumlin AG, die ihren Betrieb vor vier Jahren eingestellt hat.Beim Spaziergang rund um das vierstöckige Gebäude, das auf Lutzenberger Boden steht, wird rasch klar, was heute dort anstelle von Zwirn produziert wird. Es schmeckt, andere würden sagen es stinkt, nach Hanf. Und das nicht zu knapp. Ein Geschmack, der die Geister spaltet. Während die einen am liebsten ihren Klappstuhl auf der nahen Wiese platzieren würden, um den betörenden Duft mit einer Dose Bier in der Hand zu geniessen, rümpfen andere die Nase und kämpfen gegen Übelkeit. Der Wind verteilt den Geruch im halben Dorf Auch ein nicht genannt werden wollender Thaler, der in der näheren Umgebung wohnt, hat keine Freude an den Geruchsemissionen. «Der Wind trägt den Gestank nicht nur zu uns, auch Gäste der Thaler Badi beschweren sich über den süsslichen Geruch, den der Wind in Schwaden im Dorf verteilt», sagt der Mann. Während er sich in erster Linie über den unangenehmen Geruch ärgert, wird seiner Frau schlecht davon. Sie hätten deswegen zuletzt während drei Wochen nicht auf den Vorplatz sitzen können. Noch schlimmer sei es, dass sie im Hochsommer die Fenster schliessen müssten. An Schlaf sei so nicht zu denken. «Wir haben nun lange genug unter den Dämpfen gelitten. Wir wollen endlich wissen, was die zuständige Gemeinde Lutzenberg gegen diese unerträgliche Situation unternimmt», fordert der Thaler. Diverse Nachbarn würden den Hanf vor allem ab den Abendstunden riechen. Ausser bei schlechter Witterung, zum Glück habe es am 1. August geregnet, und wenn der Wind den Geruch wegtrage. Die Lutzenberger Gemeindepräsidentin Maria Heine Zellweger verweist auf die Ferienabwesenheit diverser Personen, weshalb der laufende Prozess momentan nicht fortgesetzt werden könne. «Wir sind im Gespräch mit allen Beteiligten und Betroffenen. Mehr kann und will ich in diesem Moment zu diesem Thema nicht sagen», sagt sie und betont, dass es auch im Interesse von Lutzenberg sei, eine gute Lösung zu finden. Für den Thaler eine unbefriedigende Antwort. Die betroffenen Anwohner seien von den Behörden nie darüber informiert worden, wie es nun weitergehe, obwohl sie schon mehrmals vorstellig geworden seien. «Wir suchen mit dem Vermieter nach Lösungen» Betrieben wird die Indooranlage an der Gemeindegrenze zwischen Thal und Lutzenberg seit Januar von der Emisia Greenhouse GmbH aus Baar. Die Zuger Firma hat die Räumlichkeiten gemietet und erntet dort mehrmals pro Jahr legalen, medizinischen Cannabis. Sie macht aus ihrem Tun kein Geheimnis und führt den Journalisten ohne viel Federlesens durch die Räumlichkeiten. Zehn Mitarbeiter sind mit Aufzucht, Pflege, Ernte und Trocknung beschäftigt. «Wir sind uns der Problematik der Geruchsentwicklung bewusst», sagt Marko Marković, der als Chief Grower für die Pflanzen verantwortlich ist.Er zeigt auch Verständnis dafür, dass sich Leute in der Umgebung vom Geruch gestört fühlen. «Wir sind intensiv daran, dieses Problem in den Griff zu bekommen. Es liegt uns auch sehr am Herzen, dass wir mit der gesamten Nachbarschaft ein gutes Einvernehmen haben.» Allerdings sei das Gebäude alt und es daure seine Zeit, bis alle Stellen entdeckt und beseitigt seien, wo der Hanfgeruch entweichen könne. Daher sei auch vorgesehen, in Zusammenarbeit mit dem Vermieter und dem Einsatz von Rauchbomben weitere Schwachstellen am Gebäude auszumachen und beseitigen zu können. «Ausserdem werden so rasch wie möglich Filter bei den Abluftrohren eingebaut. Wir können so die Geruchsemission um 90 Prozent reduzieren.» Dass es ab und zu etwas nach Hanf schmecke, liesse sich aber nicht gänzlich vermeiden.Eine Lösung erwartet auch die Gemeinde Thal. Wir haben Lutzenberg schriftlich darum gebeten, sich dieses Problems anzunehmen», sagt Gemeinderatsschreiber Christoph Giger.   

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