22.09.2019

Handwerk mit goldenem Boden

In der Sonderschau des Ortsmuseums dreht sich alles um Handwerkskunst.

Von Maya Seiler
aktualisiert am 03.11.2022
Werkzeuge und Maschinen, ausgestellt im Ortsmuseum, zeugen von Berufen, die man kaum noch kennt. Geläufig sind vielleicht noch die Redensarten «ein heisses Eisen», «einen Strick daraus drehen» oder «Schuster, bleib bei deinen Leisten», aber die Berufe sind verschwunden. Um die Kunstfertigkeit alten Handwerks vor dem Vergessen zu bewahren, hat die Museumskommission auf die Initiative von Rainer Sieber eine Sonderschau organisiert, wo Handwerkerinnen und Handwerker arbeiten wie in früheren Generationen. Zur Ausstellungseröffnung begrüsste Urs Castellazzi Scharen von Besuchern, die mit grossem Interesse den fleissigen Handwerkerinnen und Handwerkern über die Schultern schauten.Ein Glücksfall war vor ein paar Jahren der Erwerb der historischen Seilerei Indermaur, die das Seiler-Paar Sabine Eugster und Herbert Eichmüller hinter dem Haus zum Torkel originalgetreu aufbauten. So können auf der historischen «Reeperbahn» wieder Stricke gedreht werden. Wie man vom Leist über das Oberleder bis zur Sohle einen Schuh von Hand herstellt, zeigte Hans Lüchinger in einer eigens eingerichteten Schuhmacherei.Auch der Kettensticker Walter Künzler hat seine alte Tretmaschine wieder in Betrieb genommen. Jung und Alt verfolgten gebannt, wie er freihändig den Stofftransport führte, um Ornamente und Blumenranken entstehen zu lassen. In der Blütezeit bestickten vier- bis fünfhundert Heimarbeiterinnen für die Firma Sandheer Vorhänge und Tischtücher, seit zehn Jahren ist das Handwerk ausgestorben. Philipp Segmüller ist von Lederarbeit fasziniert. Mit einfachen Werkzeugen fertigt er Gürtel und Taschen. Ebenfalls mit einem Naturmaterial beschäftigt sich Beatrice Wicki. Vor Jahren hat sie bei einem der letzten Korber, Alfred Messmer aus Au, die Kunst gelernt, Weidenruten zu Körben zu flechten.Nicht für alle Handwerke war das Museum der geeignete Arbeitsplatz. Erich Gubelmann und Rainer Sieber führten die Besucherinnen und Besucher zu verschiedenen Betrieben, wo heute noch nach alter Väter Sitte gearbeitet wird. In der früheren Schmitte an der Burggass erklärte Bruno Hensel, wie sein Vater Hufeisen fertigte, während Schlosser Bruno Beyeler zusammen mit einem Lehrling in der Werkhalle von Federer Metallbau mit kräftigen Schlägen aus einem glühenden Stück Eisen eine Axtklinge schmiedete. Ein sehr altes Handwerk übt auch Theres Mathys aus: In ihrem Atelier, der Schneideria, näht sie modische oder nostalgische Kleidungsstücke. Viele ihrer historischen Gewänder sind jeweils am Torkelfest zu bewundern.Mit der Motorkutsche wurden die Besucher zur Töpferei Braun gefahren, wo sie verfolgen konnten, wie unter den Händen von Kunsthandwerker Fred Braun kunstvolle Gefässe aus Ton entstehen. Im Garten der Liegenschaft sind noch die alten Vorrichtungen vorhanden, mit denen man früher den vor Ort abgebauten Lehm reinigte und zur Verarbeitung veredelte.Am nächsten Samstag gehen die Rundgänge auch zum Zimmermann Thomas Thurnheer, der auf einer alten Maschine wunderschöne Schalen drechselt. Besucht wird auch Küfer Martin Thurnheer; er führt eine der wenigen noch existierenden Küfereien, wo er aus Eichen- dauben Fässer von zwei bis 23000 Litern herstellt.Die attraktive Sonderschau ist noch am kommenden Mittwoch (18 bis 21 Uhr) und Samstag (14 bis 17 Uhr) geöffnet. Wer sich daheim alles nochmals genau ansehen will, kann den von Peter Sonderegger gedrehten Film kaufen, der auch im Museum gezeigt wird.Maya SeilerMehr Bilder auf rheintaler.ch unter «Bilderstrecken».

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