Denken Burkhard Vetsch (heute 84) und Konrad Spirig (77) an jene Zeit zurück, können sie selbst kaum glauben, wie damals ein Grossprojekt verwirklicht wurde. Nicht über zwanzig Fachleute schauten (wie bei der Erneuerung und Erweiterung des Balger Hallenbades) zusammen mit der Bauherrschaft zum rechten, sondern im Wesentlichen sie beide, als Duo. Sie lachen im Chor, als seien sie im Nachhinein erleichtert, dass es gut herauskam. Zur Seite stand ihnen der nicht mehr lebende Thaler Fritz Schneider, der sich als Experte für Hallenbadinstallationen einen Namen gemacht hatte.Burkhard Vetsch, für einen Gemeindeammann sehr jung, hatte nach dem unerwarteten Tod seines Vorgängers gerade das Amt angetreten, am 1. November 1970, als er sich bereits dem Badprojekt zu widmen hatte. Noch heute sieht er vor seinem inneren Auge «die Wettbewerbsmappe im Büro, zwischen zwei Türen an die Wand gelehnt». Das Hallenbad: ein grosses Thema, das er erbte.Auch die Sek erwog den Bau eines HallenbadesZumindest zwei Aspekte waren damals speziell. Das ursprüngliche Projekt galt als zu gross und zu teuer. Ausserdem erwog auch die Sekundarschule Mittelrheintal den Bau eines eigenen Hallenbades. Jener Schulgemeinde, Vorläuferin der Oberstufe Mittelrheintal, gehörten wie heute die Gemeinden Au-Heerbrugg, Berneck und Balgach an. Balgachs schon damals enorme Finanzstärke bringt Burkhard Vetsch so auf den Punkt: «Die Steuereinnahmen der Schulgemeinde stammten zu gut 50 Prozent aus Balgach.»Natürlich konnte Balgach, sofern es tatsächlich ein Hallenbad baute, kein Interesse an einem zweiten in unmittelbarer Umgebung haben. Erst nach dem Nein aller drei Sek-Gemeinden fand daher die Urnenabstimmung in Balgach statt. Im Verhältnis von ungefähr 2:1 bejahte die Bürgerschaft den Bau eines eigenen Hallenbades samt Turnhalle. «Dänn hämmer chöne baue, Koni», meint Burkhard Vetsch mit einem Lächeln. Als er an die vorgängige Bürgerversammlung in der katholischen Kirche mit 750 Stimmberechtigten denkt, wird er schlagartig ernst. Er sagt: «Da isch dänn hitzig zue und her gange.»Als Bauherrschaft traten drei Gemeinden auf: politisch Balgach sowie die damals noch getrennten Schulgemeinden der Katholiken und der Reformierten.[caption_left: Burkhard Vetsch (links) und Konrad Spirig bei der symbolischen Schlüsselübergabe im Oktober 1974.
(Bild: Albert Schöbi)]Architekt war mit dem Studium noch nicht fertigKonrad Spirig, der in Balgach aufwuchs, befand sich im letzten Semester seines Studiums, als er sich am Projektwettbewerb fürs Hallenbad beteiligte. Tatsächlich kam der junge Mann, der als Jugendriegler Fronarbeit geleistet hatte und später auch die 400-Meter-Bahn bauen durfte, zum Zug. Er zeigt ein selbst erstelltes Buch, 6 cm dick, mit rund 550 Blättern: eine schöne Erinnerung an sein gewichtiges erstes Projekt, die Bauabrechnung von 1974. Am ersten Oktober-Wochenende jenes Jahres fand die Eröffnung statt.3,8 Mio. Franken kostete der ganze Bau. Alle zwei Wochen sassen Burkhard Vetsch und Konrad Spirig zusammen, um den jüngsten Baufortschritt zu erörtern und finanziell den Überblick zu wahren. Konrad Spirig sagt: «Wir haben jeden Franken umgedreht.» Der Gemeindeammann verdiente damals ungefähr so viel wie er zuvor als Gewerbeschullehrer bekommen hatte, jährlich etwa 40000 Franken. Unkompliziert sei alles gewesen, bestätigen beide. Sei irgendwann irgendwo ein Problem aufgetaucht, sei es im persönlichen Gespräch unkompliziert bereinigt worden. Burkhard Vetsch, der spätere Nationalrat (1975 bis 84) und St.Galler Regierungsrat (1984 bis 96) hatte bis zur Übernahme des Gemeindepräsidiums als Gewerbeschullehrer gewirkt und eine zweijährige Erfahrung als Kantonsrat (1968 bis 76).Bevor Vetsch als Gemeindeoberhaupt gewählt war, hatten die Balger Behörden erwogen, ein 16,66 Meter langes und 8 Meter breites Lernschwimmbecken mit einem Hubboden zu erstellen. Die Idee: Für Nichtschwimmer hätte sich der Boden heben lassen. Doch die Technik sei sehr teuer und die ganze Sache unbefriedigend gewesen, erinnert sich Konrad Spirig. Sein Projekt enthielt ein Schwimmbecken von 25 x 8 Metern sowie eine angegliederte Lernschwimmbucht von 10 x 8 Metern. Spirig senkte den Preis pro Kubikmeter um 47 auf 285 Franken.Früherer Architekt hat vor, auch Badegast zu seinBei der Neueröffnung des sanierten und erweiterten Hallenbades Mitte August weilten Burkhard Vetsch und Konrad Spirig unter den geladenen Gästen. Auf die Karte für Spirig hatte Silvia Troxler von Hand geschrieben, sie wäre sehr erfreut, wenn er, Spirig, als damaliger Architekt dabei sein könne. «Ich war sehr gerührt», bemerkt der in Widnau lebende 77-Jährige, der sich früh zum Sportanlagen-Architekten entwickelte und Ende der Siebzigerjahre auch die Eishalle in Widnau bauen durfte.Konrad Spirig freut, dass seine angehängte Holzdecke, also die schallabsorbierende Holzverkleidung der Strahlkonstruktion, erhalten blieb. Gefertigt habe sie «dä Vatter vom Märk Nüesch». Sie ist nun Teil eines Hallenbades, von dem Konrad Spirig begeistert ist. Er sagt, er habe vor, in Zukunft regelmässig das Balgacher Bad zu besuchen. Möglich, dass er hier auf Burkhard Vetsch trifft, denn der schwimmt seit jeher gern gelegentlich im Hallenbad der eigenen Gemeinde. *** Ernst Rüesch lobte die BalgerAls 1974 das Balger Hallenbad eröffnet wurde, waren fast hundert geladene Gäste und ein grosses Publikum zugegen. Gleichentags fand auch das Winzerfest statt. Im Torkel trafen sich die Gäste aus Wirtschaft, Politik und Sport zum Essen. Mit dabei: der damalige Regierungsrat und Brigadier Ernst Rüesch (1928 bis 2015). Der Architekt empfand es als eine besondere Ehre, neben Rüesch platziert worden zu sein. Der Regierungsrat lobte die Balger dafür, dass sie ohne Bundes- und Kantonssubventionen eine so schöne Sportanlage geschaffen hatten.