25.02.2019

Haftstrafe für Zechprellerei

Weil eine Frau für sich oder ihren Mann Hotelzimmer reservierte, diese bezog und wieder ging ohne zu bezahlen, muss sie für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis.

Von Bettina Stahl-Frick
aktualisiert am 03.11.2022
Im Herbst 2012 haben die beiden geheiratet. Sie – eine IV-Rentnerin aus Liechtenstein, er arbeitslos, wohnhaft in der Schweiz. Beziehungsweise nach etwa einem halben Jahr Ehe war der Mann endgültig arbeitslos, zuvor nahm er noch Gelegenheitsjobs an. Zusammengewohnt hat das Paar in ihrer Ehe lediglich während einer Woche. «Er wollte für den Unterhalt nichts beisteuern», sagte die Angeklagte gestern vor dem Kriminalgericht. «Ausserdem hat er sich in Liechtenstein sowieso nicht so wohl gefühlt.» Pudelwohl scheint er sich dann aber in den Zimmern verschiedener Hotels in Liechtenstein gefühlt zu haben. Fast drei Monate am Stück hauste er in Hotels, schlug sich in den Hotelrestaurants den Bauch voll und liess auch jeweils die Minibar nicht unangetastet. Reserviert wurde das Zimmer oftmals von der Angeklagten. Sie sah ihren Mann kaum, allerdings hätten sie regelmässig miteinander telefoniert. «Dabei erwähnte er, dass er sich schäme, bei den Hotels anzurufen und ein Zimmer reservieren zu lassen», erzählte die etwas über 50-jährige Frau. Damit ihr Mann nicht obdachlos auf der Strasse zurückbleibt, habe sie diese Reservationen für ihn übernommen. Nicht ganz hasenrein: Bei der Rechnungsadresse gab die Frau jeweils den Wohnsitz ihres Mannes in der Schweiz an, an dem er allerdings gar nicht mehr gemeldet war. Zweimal hat sie sich auch gleich eine Unterkunft mitgebucht, anstatt ein Doppelzimmer reservierte sie für sich und ihren Mann allerdings zwei Einzelzimmer. Krankenhaus- oder ZügelmascheFlogen die zwei mit ihrer Zechprellerei auf, machten sie sich jeweils schnell aus dem Staub. So mussten die beiden einmal «notfallmässig ins Krankenhaus» und der Mann versprach, die Rechnung sofort zu begleichen, sobald er seine Frau dort abgeliefert habe. Mehrere Hotels – auch in der Region – sind wiederum auf die Zügelmasche reingefallen. Sie seien gerade mitten im Umzug, die Rechnung werde dann von einem Onkel in Liechtenstein bezahlt – diese Ausrede sprach sich unter den Gastronomen mit der Zeit herum. Manche Hotelbesitzer rea­gierten auf diese Zechprellerei verärgert, andere versuchten sich auf einen fairen Deal einzulassen, wie ein Wirt in Malbun. Dieser bot ihm zum einen eine Ratenzahlung an, zum anderen vermittelte er dem arbeitslosen Mann einen Job in seinem Gas­trobetrieb. Erfolglos: Der Zechpreller erschien an seinem ersten Arbeitstag drei Stunden zu spät, am nächsten Tag aufgrund von «Rückenschmerzen» überhaupt nicht mehr. «Es tut mir alles so leid», sagte die Angeklagte mit brüchiger Stimme. «Bewusst wollte ich bestimmt keinen Schaden anrichten.» Sie sei davon ausgegangen, dass ihr Mann zahlungsfähig sei – ihre Bankkonten hätten sie getrennt geführt. Ungereimtheiten gab es abgesehen von der Zechprellerei auch zwischen der Angeklagten und ihrer Haushaltshilfe. Diese leistete rund 60 Arbeitsstunden im Haushalt der Angeklagten, bekam von ihr dafür bislang aber keinen Lohn. Auch das Geld, mit dem die Haushaltshilfe die Einkäufe aus eigener Tasche tätigte, erhielt sie nicht wie abgemacht zurückerstattet. Weiter soll die Angeklagte der Haushaltshilfe ihren Ausländerausweis unter einem Vorwand abgenommen und nicht mehr zurückgegeben haben. Solange bis der Ausweis von der Behörde gesperrt wurde. «Es tut mir so leid», sprach die Angeklagte erneut ganz leise und eingeschüchtert zum Kriminalgericht. «Bewusst wollte ich bestimmt keinen Schaden anrichten», wiederholte sie. Allerdings sei es so, dass ihre Haushaltshilfe mehr abgerechnet habe als ab­gemacht. So habe sie den 30-minütigen Anfahrtsweg zusätzlich berechnet, was sie nicht akzeptieren hätte können. Die Kosten der Einkäufe seien teilweise sehr hoch gewesen, weil die Frau ihren eigenen Einkauf dazugerechnet hätte. Beides war dem Gericht auf den Auszügen aber nicht ersichtlich. Handyvertrag inklusive Gerät nicht bezahltGeprellt wurden gemäss Anklageschrift der Staatsanwaltschaft aber nicht nur die Gastronomen und die Haushaltshilfe, sondern auch gleich drei Mobilfunkan­bieter. Mit dem ersten Anbieter schloss die Angeklagte einen Vertrag für eine Zeitdauer von 24 Monaten ab. Dazu kaufte sie sich auch noch ein Handy in der Höhe von mehreren Hundert Franken. Gekauft heisst: vertraglich unterschrieben, dabei allerdings falsche Personalien angegeben. Entsprechend folgte auch keine Zahlung, und nach drei Monaten liess der Anbieter die Nummer sperren. Es folgte Anbieter zwei mit gleichem Schema.Bettina Stahl-Frick ostschweiz@tagblatt.ch

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