Benjamin SchmidDie Sonne strahlt hell und heiss vom Himmel. Vor uns liegt das kühle Dunkel des Waldes. Eben noch geblendet, gewöhnen sich die Augen an den Schatten des Laubwaldes. Wir atmen ein, wir atmen aus – herrlich, diese Luft. Um uns knackt, raschelt und zwitschert es leise. Ein Specht hackt in der Ferne an einer Buche, Waldbienen summen herum und die Baumspitzen knarren beim Biegen im Wind. Wohin wir auch blicken, sind wir von Grün umgeben. Grün in allen Facetten und Schattierungen. Ein Farbenspiel im Wechsel von Licht und Schatten.«Wo ist es schöner?», fragt Kurt Metzler, während er dem schmalen Weg ins Dickicht des Laubwalds oberhalb vom Schloss Grünenstein folgt. In dieser Hitze sei es angenehmer, in einen Wald als in ein Schwimmbecken einzutauchen. Auch wenn in den letzten Jahren viele Menschen den Wald als Abenteuerland und Erholungsgebiet wiederentdeckt haben, so könne man den Lärmpegel nicht mit demjenigen von Schwimmbädern vergleichen.Seit seiner Kindheit ist der in Widnau lebende, aber in Balgach aufgewachsene Pensionär vom Wald fasziniert. Nicht einzelne Pflanzen- oder Tierarten, die im Wald leben, haben es ihm angetan, sondern das ganze Ökosystem. «Der Wald ist für mich ein Symbol der Natur», sagt Metzler und ergänzt: «Manchmal erinnert er mich auch an ein riesiges natürliches Gebäude, wie eine Kathedrale – unten der Weg und oben das Blätterdach.»Vielfältiger Nutzen des WaldesWenn Metzler durch den Wald spaziert, lässt er seinen Blick schweifen und beobachtet die Umgebung. Dabei falle ihm auf, welch reichhaltige Funktionen der Wald für uns Menschen hat. «Jeder Atemzug lässt mich daran erinnern, wie wichtig Wälder für uns sind», sagt Metzler. Die Bäume verwandeln nicht nur schädliches CO2 in Sauerstoff, sondern sie liefern Holz, schützen das Land vor Austrocknung, speichern Wasser und bieten Schutz vor Hochwasser, Erdrutschen und Lawinen. Auch wenn Letzteres in Balgach weniger ausgeprägt ist, so staunt Metzler über die Vielfalt des Waldes. «Nebst diesen Funktionen dient der Wald auch als Erholungs- und Sportgebiet.»Ob man die Natur beobachte, mit dem Bike durch den Wald flitze oder spazieren gehe, im Wald lasse sich alles unternehmen. «Gerade für Kinder ist der Wald ein Spielplatz, der der Kreativität keine Grenzen setzt», sagt Metzler. Mit allen Sinnen könne man durch den Wald streifen und komme dabei auf seine Kosten: Im Frühling ist es der Bärlauchduft, im Sommer riecht es in heissen Waldlichtungen nach Harzen, im Herbst raschelt das Laub und bei Schneefall ist es totenstill.Mensch ist grösste ÖkogefahrOb ein Wald fein säuberlich gewartet und aufgeräumt ist oder wild und überwachsen daherkommt, spielt Kurt Metzler keine Rolle: «Beides hat seine Berechtigung.» Auf der einen Seite gelten wirtschaftliche Aspekte bei der Forstung, andererseits sol- len im Wald natürliche Gegebenheiten erhalten bleiben. «Es ist wahr, dass wir Menschen die grösste Gefahr für die Natur sind», sagt Metzler und fügt an: «Daher müssen wir darauf achten, dass wir den Wald nicht nur be- und übernutzen, sondern ihm auch etwas zurückgeben.»Wenn man bedenkt, welche Schönheiten jede Jahreszeit im Wald hervorruft und wir ihn gratis nutzen dürfen, ohne gravierenden Gefahren ausgesetzt zu sein, dann spreche vieles für den Wald.«Einzig bei Sturm meide ich den Wald», sagt Metzler. Ausserdem seien die Zecken im letz- ten Jahrzehnt vermehrt aufgetreten und haben Leute gestochen. «Wegen der Klimaerwärmung finden die winzigen Tiere bessere Lebensbedingungen vor und vermehren sich scheinbar von Jahr zu Jahr.» Deswegen geht Metzler vor allem im Winter in den Wald holzen, da dann die Gefahr eines Stichs gebannt ist. Nicht nur die Förster, sondern auch er leidet, wenn er sieht, wie die Bäume in dieser Trockenheit absterben. «Bäume stellen unser Lebenselixier her. Deswegen müssen wir auf die grünen Lungen besonders achten.»Hinweis«Wald und Gesundheit» ist das diesjährige Jahresmotto des St. Galler Forstdienstes. In dieser kleinen Sommerserie erzählen einige Rheintaler während eines Waldspaziergangs, in welcher Weise ihnen der Wald gut tut.