23.12.2018

Gross und Klein an Weihnachten

Die Weihnachtsgeschichte ist eine Mischung aus Klein und Gross. Grosse Herrscher und Könige tauchen darin genauso auf wie armselige, unbedeutende Hirten. Wahrscheinlich ist es diese Mischung in der Erzählung, die uns so fasziniert.

Von Carsten Wolfers
aktualisiert am 03.11.2022
Carsten WolfersEs gibt eine ganze Reihe von grossen Worten, bedeutungsschweren Themen, die die Menschheit beständig beschäftigen: Das Leben und die Liebe, die Wahrheit und die Welt, der Friede und die Vergebung, das Erhabene und die Ewigkeit usw.Das sind grosse Worte, weil sich mit ihnen grosse Erzählungen verbinden voller Hoffnung. Wir hoffen auf ein gutes menschliches Leben voller Glück.Wir hoffen, dass die Liebe zählt und das letztlich alles Entscheidende sein wird.Wir erwarten, dass sich irgendwann im Lauf der Zeit die Wahrheit durchsetzt und der Ehrliche nicht der Dumme bleibt. Wir sehnen uns Frieden herbei und hoffen, dass irgendwann die Kriege, die Gewalt, die Unterdrückung, der Missbrauch enden.Einerseits drücken diese grossen Worte etwas Wunder­bares und existenziell Menschliches aus. Andererseits aber erscheinen uns diese grossen Worte auch so ideal und schier un­- erreichbar. Dann fällt es uns leichter, die grossen Worte kleinzureden.Zum Beispiel verwechseln wir entgegen aller Logik lieber die eine Wahrheit mit all den verschiedenen Meinungen. Es erscheint uns realistischer, jedem seine eigene «Wahrheit», so gebogen und zusammengebastelt sie auch sein mag, zu lassen, als nach der einen Wahrheit weiter zu suchen. Letztlich haben wir resigniert, aber das erscheint uns ja nicht weiter schlimm: Im Kleinen kennen wir uns eben besser aus.Die grossen Worte sind aber oft auch Anknüpfungspunkte für unser Verständnis von Gott. Jedes dieser grossen Worte dient auch als Name Gottes. «Gott ist die Liebe», heisst es in den Johannesbriefen der Bibel. Jesus spricht einmal: «Ich bin die Wahrheit und das Leben.» Das ist sowohl eine Selbstverpflichtung der Gläubigen, diese Worte als Werte zu nehmen und das schöne Reden darüber in Glaubenspraxis umzumünzen. Das ist aber auch eine Art, in diesen grossen Hoffnungen der Menschheit, Gott überall am Werk zu sehen. Wo immer Friede ausbricht, sehen wir Gott darin am Werk. Wenn Menschen sich versöhnen und hilfsbereit etwas näher auf diesem Planeten zusammenrücken, dann könnte Gott uns wohl recht nahegekommen sein.Die Weihnachtserzählung ist eine Mischung aus Klein und Gross. Grosse Herrscher und Könige tauchen darin auf, genauso wie armselige und unbedeutende Hirten, ein herrlicher, gewaltiger Engelchor erscheint am Himmel und auf Erden findet sich dann ein kleines Kind in einer Krippe. Wunderbare Träume und bild­gewaltige Visionen werden in der Weihnachtserzählung erfüllt, und dennoch bestimmt bei all der Heimeligkeit doch eine klare Sozialtristesse die Szene eines jeden Krippenstalls.Wahrscheinlich macht es gerade diese Mischung aus Kleinem und Grossem aus, dass die Weihnachtserzählung uns so faszinieren kann. Würden wir nur das Kleine und Armselige sehen, wir würden uns ja abwenden und das Ganze verachten und vergessen. Würden wir lediglich das Grosse und Wunderbare sehen, wir würden das als märchenhaft und realitätsfremd abtun, damit unser Alltag davon nicht tangiert wird. Da aber beides in dieser Erzählung vermischt wird, das Göttliche mit dem Menschlichen, das Irdische mit dem Himmlischen, wird die Weihnachtshoffnung alltagstauglich.Ich hoffe, dass dieser himmlische Friede, den die Engel verkünden, auch in meinem Stall Platz haben kann. Ich setze Hoffnung auf dieses Leben mit all den Krisen und Problemen, weil ein guter Gott immer noch etwas damit vorhat.Wünschen wir uns zur Weihnacht das Kleine im Grossen und das Grosse im Kleinen zu sehen. Sehnen wir uns danach in unseren Kleinigkeiten das Göttliche zu erahnen und dankbar einen guten Gott in all diesem Alltäglichen zu erkennen.

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.