15.07.2021

«Gift hat da schlicht nichts verloren»

Die Antwort der Regierung auf seinen Vorstoss zum Rundholzspritzen im Wald beunruhigt Meinrad Gschwend.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Einzelne Kantone in der Innerschweiz wollen vollständig auf Pflanzenschutzmittel im Wald verzichten. Statt Rundholz, das nicht sofort abgeführt werden kann, mit einem Insektizid vor Käferbefall zu schützen, versucht man, im Wald lagerndes Holz mit feinmaschigen Netzen zu schützen.Der Altstätter Kantonsrat Meinrad Gschwend (Grüne Partei) wollte deswegen wissen, ob der Kanton St. Gallen dem Beispiel folgen und künftig ebenfalls auf den Einsatz von Chemie im Wald verzichten wird. Dazu reichte er zusammen mit Kantonsrätinnen der CVP und der GLP der Regierung eine Interpellation ein (Ausgabe vom 27. April). Nun liegt die Antwort dazu vor.Regierung sieht keine echte AlternativeDie Regierung hält darin eingangs fest, dass der St. Galler Wald nach den Prinzipien der Nachhaltigkeit und des naturnahen Waldbaus bewirtschaftet werde. Pflanzenschutzmittel will sie aber als Ausnahme gleichwohl weiterhin zulassen: «Zurzeit bestehen keine echten Alternativen», schreibt die Regierung. Die Versuche in anderen Kantonen verfolge man mit Interesse; erfolgversprechende Massnahmen werde man auch im St. Galler Wald prüfen.Auf das Erteilen von Ausnahmebewilligungen für das Spritzen von Rundholz im Wald will die Regierung aber erst verzichten, wenn der Bund dies für die ganze Schweiz so regelt.Die Regierung nennt auch Zahlen zu den in den letzten neun Jahren im St. Galler Wald gespritzten Insektiziden. In der Regel waren es (zu 70 % im Nordteil des Kantons) zwischen 132 und 179 Liter. Ausreisser nach oben gab es mit 299 und 322 Litern in den Jahren 2018 und 2020, weil da nach Stürmen und einem extrem trockenen Sommer deutlich mehr Holz anfiel, als geplant war, und als Folge davon auch viel Holz längere Zeit im Wald zwischengelagert blieb.Die in normalen Jahren geringen Mengen zeigten aber, dass man sich ans grundsätzliche Verbot von Pflanzenschutzmitteln im Wald halte und dass die Ausnahmebewilligungen mit Bedacht und zielgerichtet erteilt würden, schreibt die Regierung. Wegen der restrikti-ven Bewilligungspraxis und verschiedener Auflagen (so darf etwa nicht jeder Waldarbeiter Holz mit Pflanzenschutzmitteln behandeln, sondern nur, wer darin ausgebildet worden ist) bestehe lediglich ein minimales, vertretbares Umweltrisiko.Die kleinen Zahlen sind so klein gar nichtMeinrad Gschwend hält dem entgegen: So wenig sei das nicht, was im Kanton im Wald gespritzt werde. Er verweist auf einen Artikel im «Oekoskop»: Die «Fachzeitschrift der Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz» nennt für das Jahr 2018 für alle Kantone zusammen eine Menge von 700 Kilogramm Insektiziden, die im Wald gespritzt wurden.Die Wirkstoffe in den eingesetzten Mitteln seien zudem bereits in geringer Dosierung giftig für tierische Wasserorganismen, Amphibien, Reptilien und Nützlinge wie etwa Bienen.Dies schreibt auch die Regierung so. Mit solchen Mitteln dürften deswegen ausschliesslich Rundholzlager ausserhalb sensibler Standorte wie Naturschutzgebiete oder Gewässerschutzzonen gespritzt werden.Meinrad Gschwend gibt sich damit nicht zufrieden. Er findet: «Solche Mittel haben im Wald überhaupt nichts verloren.» Der Kanton St. Gallen pflege da einen sehr lockeren Umgang mit hochtoxischen Insektiziden im Wald. Er ist überzeugt, dass dies nicht nur den Insekten schadet, sondern dass längerfristig auch die Bodenfruchtbarkeit leidet. Gschwend fordert deswegen, dass – wie es manche Kantone vormachen – auf Spritzmittel komplett verzichtet wird. Stattdessen müsse das Holz schneller aus dem Wald abtransportiert und ausserhalb des Waldes gelagert werden, idealerweise auf Nasslagerplätzen, wo eine Berieselung mit Wasser das Holz vor Käferbefall schützt.

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