Meerjungfrauen sind nicht real? Sie sind ein Mythos, eine Legende, Fantasiewesen, die nur in Märchen existiert? Nun, wir haben kürzlich den Beweis für ihre Existenz gefunden. Oder so ähnlich.
Es ist Samstagmorgen um 10 Uhr. Im 25-Meter-Becken des Hallenbades AquaRii in Altstätten ziehen Schwimmerinnen und Schwimmer ihre Bahnen. Kinder planschen mit ihren Eltern im Kinderbecken, während sich rund ein Dutzend Badegäste im Sprudelbecken entspannt. Ein ganz normaler Badebetrieb. Doch der erste Blick trügt. Der Anblick im Mehrzweckbecken ist jedenfalls nicht alltäglich: Schwanzflossen in leuchtendem Pink, Violett, Blau und Grün schimmern durch die Wasseroberfläche.
Ein beliebter Tauch- und Schwimmsport
Drei Meerjungfrauen schwimmen und tauchen mit fischähnlichen Bewegungen durch das Becken, drehen Pirouetten unter Wasser, geben sich gegenseitig High-Fives, tauchen durch Ringe und suchen am Boden nach Plankton-Tauchstäben. Entwarnung: Es sind natürlich keine echten Meerjungfrauen. Auch wenn sie täuschend echt aussehen. Die Aufmachung ist Teil des beliebten «Mermaiding»-Trends. Es ist kaum verwunderlich, dass dank Filmen und Serien wie «Arielle, die kleine Meerjungfrau», «H2O – Plötzlich Meerjungfrau» oder «Mako – Einfach Meerjungfrau» viele Kinder davon träumen, wie ihre Vorbilder mit einer Schwanzflosse durchs Wasser zu gleiten. Seit ein paar Jahren ist dies tatsächlich möglich.
Erfunden wurde das so genannte ‹Mermaiding›, ein durchaus beliebter Tauch- und Schwimmsport, in den USA.
Um wie eine echte Meerjungfrau (oder ein Meerjungmann) durch das Wasser gleiten zu können, braucht man eine Monoflosse aus Latex oder Gummi, Silikon oder Neopren. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Tauchflossen, von denen man für jeden Fuss eine braucht, besteht diese aus lediglich einem Element. Damit lässt sich die typische Schwimmbewegung der Meerjungfrauen im Wasser perfekt imitieren. Um das Gesamtbild abzurunden und wie eine echte Meerjungfrau auszusehen, werden die Monoflossen in einen flexiblen Badestoff eingewickelt.
Inzwischen gibt es Kongresse, Wettbewerbe (2019 gab es sogar eine Weltmeisterschaft in China) und eine millionenschwere Kostümindustrie. Die einst sehr teuren und schweren Flossen sind heute leichter und billiger. Tauchschulen auf der ganzen Welt bieten Kurse für Meerjungfrauen an, und es gibt auch verschiedene Vereine und Verbände. Auch im Rheintal ist das «Mermaiding» sehr beliebt. Kürzlich fand im Hallenbad AquaRii in Altstätten das dritte Meerjungfrauen-Treffen für 8- bis 20-Jährige statt.
Hilfreiche Inputs einer erfahrenen Instruktorin
Ziel des Angebots ist es, dass die Kinder unter Aufsicht und fachkundiger Anleitung mit ihren Flossen schwimmen können – und dies in einem grossen Becken mit genügend Platz. «Viele Eltern unterschätzen, was beim Umgang mit den Flossen zu beachten ist. Diese Art des Schwimmens kostet viel Energie und ist daher für Kinder nicht ungefährlich», sagt Nathalie Baumgartner von AquaRii. Sie ist selbst grosser Arielle-Fan und hat einen Kurs zur Meerjungfrauen-Instruktorin absolviert. Dort werden vor allem Sicherheitsaspekte, der richtige Umgang mit den Flossen, Atemtechniken, Tauchen oder Bewegung geschult. Nathalie Baumgartner sagt:
Es gibt ganze Choreografien, die man unter Wasser einstudieren kann.
Dafür sei aber ein Kurs nötig. Der Meerjungfrauen-Treff ist dazu gedacht, zusammen mit Gleichgesinnten dem Hobby zu frönen. Gemeinsam macht es mehr Spass, durchs Wasser zu gleiten. Die ersten beiden Treffen stiessen mit jeweils 12 Teilnehmerinnen auf reges Interesse – beim dritten Mal war die Zahl der Nixen an einer Hand abzuzählen. «Vielleicht liegt es daran, dass wir es diesmal an einem Samstag und nicht an einem Mittwochnachmittag veranstaltet haben», sagt Nathalie Baumgartner.
Aber es gab auch treue Unterstützerinnen: Die 11-jährige Ladina war schon dreimal dabei. «Ich mag Meerjungfrauen und hier beim Treffen habe ich coole Sachen gelernt», sagt sie. Wann das nächste Meerjungfrauen-Treffen (bei dem übrigens auch Meerjungmänner willkommen sind) stattfinden wird, ist noch offen. «Wenn die Nachfrage anhält, werden wir auf jeden Fall bald wieder eines durchführen», sagt Nathalie Baumgartner.