04.03.2021

Gewonnen, aber doch nicht ganz

Die Ortsgemeinde hat drei Parzellen verlost. Genauer gesagt: Es wurde ausgelost, wer dort im Baurecht bauen darf.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Es liest sich wie die Nachricht über einen geknackten Lotto-Jackpot: Die Ortsgemeinde Montlingen hat drei Bauparzellen verlost. Tatsächlich haben die Gewinner den Boden nicht wirklich gewonnen in dem Sinn, dass sie, ohne einen Franken dafür zu bezahlen, Eigentümer desselben geworden wären.Der Hintergrund der Mitteilung im aktuellen Jahresbericht der Ortsgemeinde ist folgender: Am Bitziweg in Montlingen (gleich hinter dem Architekturbüro Bandel an der Oberrieterstrasse) gehört der Ortsgemeinde eine nicht ganz 1700 Quadratmeter grosse Parzelle, auf der ursprünglich ein Mehrfamilienhaus gebaut werden sollte, wie Ortsgemeindepräsident Harald Herrsche erklärt.Hier könnte ein 14 Meter hoher Block stehenDie Parzelle liegt in der Wohnzone W3. Das Baureglement der Gemeinde Oberriet hätte hier den Bau eines Blocks mit 14 Metern Firsthöhe erlaubt. In den Einfamilienhäusern in der Nachbarschaft hat man deshalb womöglich aufgeatmet, als der Verwaltungsrat der Ortsgemeinde entschied, die Parzelle für die Überbauung mit drei Einfamilienhäusern aufzuteilen. Wie viele Ortsgemeinden verkauft auch die Ortsgemeinde Montlingen kein Bauland, sondern stellt es lediglich im Baurecht zur Verfügung. So hält sie es auch mit diesen künftig drei Parzellen.Der Verwaltungsrat beschloss, dass das Los entscheiden soll, wer auf den drei Parzellen bauen darf. Ausserdem wurde der Kreis der Bewerber eingeschränkt. Man wollte junge Familien bevorzugen, die bereits in Montlingen daheim sind oder die in einem anderen Dorf in der Gemeinde wohnen, wobei dann mindestens ein Elternteil Montlinger Ortsbürger sein soll. Ausgeschrieben wurde die Verlosung letztes Jahr Ende Mai in einem Inserat im «Rheintaler» und in der «Volkszeitung».Die Zahl der Interessenten blieb übersichtlich. Nach dem Ausschluss von Einzelpersonen und anderen Bewerbungen, welche die Bedingungen nicht erfüllten, und nachdem sich einzelne weitere Bewerber von sich aus zurückgezogen hatten, blieben genau drei Familien übrig. Laut Jahresbericht der Ortsgemeinde sind dies die Familien Fischli-Heeb, Perez-Wüst und Mattle-Bernhard. Erst mit dem Ja zum Budget fixUnter Aufsicht von Gemeindepräsident Rolf Huber und der Präsidentin der Geschäftsprüfungskommission der Ortsgemeinde, Patricia Bitar, war damit lediglich noch auszulosen, welche Familie welche Parzelle zugesprochen bekommt.Abgeschlossen ist der Verlosungsprozess noch nicht ganz. Das wird er erst sein, wenn die Ortsbürgerinnen und Ortsbürger dem Budget zugestimmt haben. Dies, weil das Budget vorsieht, dass die Ortsgemeinde 12000 Franken an den Kosten für die Zufahrt zu den beiden weiter vom Bitziweg entfernt liegenden Häusern übernimmt, damit alle drei Familien in etwa dieselben Kosten für den Bau ihrer Zufahrt haben. Abgestimmt wird wegen Corona nicht an der Bürgerversammlung, sondern am 21. März an der Urne.Selbst wenn die künftigen Häuslebauer nicht die eigentlichen Eigentümer ihrer Parzellen sein werden – angesichts der heutigen Bodenpreise, die es vielen anderen Familien verunmöglichen, zu bauen, dürfen sie sich durchaus als Gewinner sehen.Sie werden allerdings periodisch einen Baurechtszins bezahlen müssen. Dieser ist an die Entwicklung des Referenzzinssatzes gekoppelt, der vom Bundesamt für Wohnungswesen festgelegt wird, und ist damit variabel. Laut Ortsgemeindepräsident Herrsche müssen die drei Familien zurzeit etwa mit 4500 bis 5000 Franken pro Jahr dafür rechnen.Diese Zinseinnahmen machen auch die Ortsgemeinde zur Gewinnerin ihrer eigenen Verlosung – zumal sie auch keine Grundstückgewinnsteuer wird abliefern müssen, wenn sie den Boden im Baurecht abgibt, statt ihn zu verkaufen.Hinweis: Das Bauen im Baurecht ist nicht jedermanns Sache. Wer mehr über die Vor- und Nachteile wissen möchte, findet im Internet Details dazu, beispielsweise auf www.hausinfo.ch (eine Seite der Gebäudeversicherung Bern und des Hauseigentümerverbands Schweiz).

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