20.09.2021

Gewählt, aber ohne SVP-Stimmen

Der Kantonsrat hat Christoph Hanselmann zum nebenamtlichen Richter am Kantonsgericht gewählt. Trotz eines Störmanövers der SVP, die eine Missachtung der Gewaltenteilung monierte und ihn daher als für sie nicht wählbar deklarierte.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Der Altstätter Jurist Christoph Hanselmann (FDP) ist gestern, am ersten Tag der Septembersession, vom Kantonsrat zum nebenamtlichen Richter am Kantonsgericht gewählt worden – dies obwohl er am selben Gericht bereits nebenamtlicher Richter ist. Denn Hanselmann ist vollamtlicher Richter am Kreisgericht Rheintal und alle vollamtlichen Kreisrichter sind von Amtes wegen nebenamtliche Richter am Kantonsgericht. Bereits an dieser Konstellation störte sich die SVP-Fraktion. Hanselmann wird Anwalt bei Bürki-BoltChristoph Hanselmann hat zwar zeitgleich mit seiner Kandidatur auch den Rücktritt als Kreisrichter auf Ende April 2022 bekannt gegeben. Er wird danach als Anwalt in die Kanzlei Bürki Bolt in Heerbrugg eintreten. Der SVP-Fraktion schien die Wahl dennoch falsch. Sie betrachtet sie als Wahl «auf Vorrat», wie sich Karl Güntzel (St. Gallen) ausdrückte.Als Stadtrat in Altstätten Mitglied der ExekutiveNoch mehr stört sich die SVP-Fraktion aber daran, dass Christoph Hanselmann in Altstätten auch Stadtrat ist und damit Mitglied der städtischen Exekutive. Nach Ansicht der SVP schliesst dies eine Wahl in die Judikative aus. Sie sieht damit die Gewaltentrennung verletzt.Altstätterinnen und Altstätter erinnern sich: Als Hanselmann vor einem Jahr für den Stadtrat kandidierte, wurde gleich argumentiert, damals von der politischen Vereinigung A plus. In Altstätten wurde festgehalten: Das Gesetz lässt die Wahl zum Stadtrat zu, selbst wenn der Kandidat Kreisrichter ist. Hanselmann wurde gewählt.In der Session stellte Walter Locher (St. Gallen) gestern namens der FDP und als langjähriger Präsident der Rechtspflegekommission zur aktuellen Situation ebenfalls fest: «Der Gesetzgeber hat diese Möglichkeit nicht ausgeschlossen und damit gewollt.» Im Besonderen, wenn wie hier eine Trennung der Staatsebenen vorliege und das Richteramt kantonal, das Exekutivamt hingegen kommunal sei. Störe man sich daran, so wäre konsequenterweise zuerst das Gesetz zu ändern. Locher wies ausserdem auf die Ausstandsregeln hin: Werde ein Fall verhandelt, an dem die Stadt Altstätten beteiligt sei, so wäre keinesfalls Hanselmann Richter.Für die SVP gilt die Unvereinbarkeit implizitKarl Güntzel erklärte Hanselmann dennoch als für die SVP-Fraktion nicht wählbar. Die Unvereinbarkeit eines Richteramts mit einer politischen Funktion werde im Gerichtsgesetz nicht erwähnt, weil sie heute – so die Lesart der SVP – als selbstverständlich gelte und dies auch sein müsse. Alle Kantonsrätinnen und Kantonsräte der SVP würden Hanselmann deswegen die Stimme verweigern, selbst wenn dem Anspruch der FDP auf den Richtersitz nicht widersprochen werde und Hanselmanns fachliche Qualifikation unbestritten sei.Trotz des fehlenden Supports seitens der SVP-Fraktion gewann Christoph Hanselmann die Wahl klar. 116 Stimmzettel wurden eingelegt, fünf davon leer. Von den 111 gültigen Stimmen fielen 79 auf Hanselmann. Auf 32 Stimmzetteln standen andere Namen, wobei keiner davon mehr als sieben Stimmen auf sich vereinen konnte, wie Kantonsratspräsidentin Claudia Martin bei der Bekanntgabe des Resultats feststellte.

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