Max TinnerDie Geschichte unserer Ahnen, und damit unsere eigene Geschichte, liegt nicht selten hinter uns, sondern unter uns, im Boden. Immer wieder stösst man zufällig auf Fundstücke, etwa bei Bauarbeiten. Dann werden Fachleute der Kantonsarchäologie aufgeboten, deren Aufgabe es ist, die Funde, sozusagen unser historisches Erbe, freizulegen, zu konservieren und zu dokumentieren.Archäologisch geforscht wird schon lange, auch im Rheintal. Nicht zuletzt auf dem Montlinger Bergli, wo Hans Bessler in den 1920er-Jahren und Benedikt Frei in den 1950er-Jahren wissenschaftliche Grabungen durchführten. Die Kantonsarchäologie als kantonale Einrichtung gibt es aber erst seit 1966. Ihrem 50-jährigen Bestehen widmete das Historische und Völkerkundemuseum St. Gallen vor zwei Jahren eine Sonderausstellung. Und diese kommt nun ins Rheintal.Das Gemeindemuseum Rothus Oberriet und das Ortsmuseum Rüthi haben sich für diese Sonderausstellung, die von Mitte Mai bis Ende Oktober gezeigt wird, zusammengetan. Während in Rüthi der Schwerpunkt auf der archäologischen Forschung vor Gründung der Kantonsarchäologie liegt, widmet sich der andere Teil der Ausstellung in Oberriet mehr der institutionalisierten Archäologie ab 1966.Die Leiterinnen der Museen, Silke Schlör vom Gemeindemuseum Rothus und Monika Meyer vom Ortsmuseum Rüthi, haben beide selbst archäologische Erfahrung: Silke Schlör hat christliche Archäologie studiert, ist also vom Fach. Monika Meyer ist zwar von Haus aus Geografin, studierte aber Geschichte im Nebenfach und arbeitete bei verschiedenen archäologischen Grabungen mit.Archäologische Sensationen aus dem RheintalWeil sich beide Museumsleiterinnen gut in der Materie auskennen, wissen sie auch, was die Leute besonders anspricht, nämlich was vor ihrer eigenen Haustür vor Jahrhunderten und Jahrtausenden geschah oder was hier von Archäologen schon gefun-den wurde. Deshalb fokussieren Meyer und Schlör die Ausstellung aufs Rheintal, indem sie solche Funde von hier zeigen – darunter auch einige ganz spezielle, die hier bislang nur selten oder noch gar nie öffentlich ausgestellt worden sind.So sind in Rüthi Funde aus der Römerzeit zu sehen. Oder besonders aktuell einige, die letztes Jahr am Büchlerberg gemacht wurden, hauptsächlich Silex- und Keramikscherben. «Sie sind vielleicht nicht so spektakulär, wie die Funde, die man am Montlinger Berg gemacht hat, aber es ist doch spannend zu sehen, dass sich Ähnliches auch in Rüthi finden lässt», sagt Monika Meyer.In Oberriet wird unter anderem der Melauner Henkelkrug gezeigt, der aus Scherben rekonstruiert wurde, die man am Montlinger Bergli ausgegraben hat, – nicht die Kopie aus dem Museum Montlingen, sondern das Original, das sonst in St. Gallen verwahrt ist. Ausserdem bilden die Funde der Grabung bei der Deponie Unterkobel einen Schwerpunkt. Fabio Wegmüller, der Leiter der Grabung dort, wird am Eröffnungstag der Ausstellung auch die Vortragsserie eröffnen, die bis in den Herbst parallel zur Ausstellung läuft.Spannende Referate mit Leuten vom FachWeitere Referenten sind Spallo Kolb aus Widnau, der die Fundstelle bei der Deponie entdeckt hat, oder Martin Schindler und Regula Steinhauser, der leitende Kantonsarchäologe und seine Stellvertreterin. Oder Thomas Stehrenberger, der Grabungen in der St. Galler Altstadt leitete und auch Höhlenforscher ist. Und nicht zuletzt Wolfgang Neubauer, der aus Altstätten stammende Leiter des Ludwig-Bolzmann-Instituts in Wien, der mit seinen modernen Methoden weltweit Beachtung findet. Er hat sie in Stonehenge ebenso erfolgreich eingesetzt wie am Montlinger Bergli.Die Ausstellung will alle Sinne ansprechen. Man wird nicht nur sehen und hören – wer will, darf auch selbst einmal graben und dabei lernen, wie ein Archäologe arbeitet. Willkommen sind auch Kinder, für die man spezielle Attraktionen bereithält. Sie können sich beispielsweise auf die Suche nach dem Schatz vom Wichenstein machen. Ausserdem beteiligen sich das Ortsmuseum Rüthi und das Rothus Oberriet mit ihrer Sonderausstellung an mehreren länderübergreifenden Veranstaltungen: am europäischen Tag des Denkmals, an der «Langen Nacht der Museen» des ORF und an der Veranstaltungsreihe Reiseziel Museum (dann wird in Rüthi auch das Figurentheater Funkeldunkel auftreten und in Oberriet die Geschichtenerzählerin Mo Keist).Kleine Museen haben viel zu bietenMit der gemeinsamen Ausstellung wollen die Museumsleiterinnen von Rüthi und Oberriet nicht zuletzt auch demonstrieren, dass neben den Museen in den städtischen Zentren auch die Orts- und Gemeindemuseen viel zu bieten haben. «Wir können mit den grossen Museen durchaus mithalten», sagt Monika Meyer. «Auch hinsichtlich der Besucherzahlen», betont Silke Schlör.HinweisEröffnet wird die Sonderausstellung am Sonntag, 13. Mai. Der Eintritt zu Ausstellung und Vorträgen ist frei; man ist eingeladen, sich mit einer Spende an den Kosten zu beteiligen. Ein Eintritt wird erhoben während der Sondertage Reiseziel Museum und ORF-Nacht der Museen. Daten und weitere Details auf www.museum-oberriet.ch und www.ruethi.ch/de/freizeitkultur/ortsmuseum/.