13.12.2020

Gern schnell unterwegs

Yilmaz Boduks Karriere brachte jemand in Schwung, bei dem zu arbeiten er nicht für möglich gehalten hätte.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Beim Büromöbelhersteller Sitag in Sennwald ist Yilmaz Boduk schon seit dreissig Jahren tätig, neuerdings an der Spitze. Mit dem Vorarlberger Christian Drapal teilt er sich seit Februar die Geschäftsleitung.Boduk war schon vor der Gründung dabeiSeit fünf Jahren gehört das Unternehmen, das schon mehrmals den Besitzer wechselte, zur Nowy Styl Gruppe, die weltweit 7000 Mitarbeitende beschäftigt und 500 Mio. Euro Umsatz erzielt. Der Verband femb weist Nowy Styl als umsatzstärkste Firmengruppe für Büroeinrichtungen in Europa aus.Aufgebaut haben den Konzern zwei polnische Brüder zusammen mit einem Amerikaner. Bei der letzten Budgetsitzung, der Yilmaz Boduk beiwohnte, konnte er einen der Brüder auf einen Aspekt aufmerksam machen, den er mit schelmischem Lächeln vorträgt:Als Nowy Styl 1992 gegründet und die Firmengruppe «von Null aufgebaut» wurde, war Yilmaz Boduk in gewisser Weise schon dabei – bei Sitag, also in der Firma, die vor Nowy Styl bestand und heute zum Konzern gehört. Bei Sitag hielt Yilmaz Boduk bis zur Übernahme durch Nowy Styl eine Minderheitsbeteiligung.Sitag-Gründer in Genf zufällig getroffenYilmaz Boduk wuchs in Balgach auf, lebt seit zwanzig Jahren in Widnau und ist hier im Schwimmklub aktiv. Regional bekannt ist der 52-Jährige dafür, dass er wiederholt den Bosporus durchschwommen hat. Er nennt das Schwimmen seine Leidenschaft, dazu kommt das Motorradfahren, auch das Golfen. Mit dem Töff fährt Yilmaz Boduk am liebsten schnell, dies aber ausnahmslos auf der Rennstrecke.Bei Züco in Rebstein absolvierte Yilmaz Boduk eine KV-Lehre, ehe er an der HSG ein Nachdiplomstudium genoss. Beim temperamentvollen Sitag-Gründer Migg Eberle jemals zu arbeiten, hatte sich der Widnauer zu Beginn seiner Berufslaufbahn nicht vorstellen können. Als er nach der Lehre während vier Jahren für Züco in der Westschweiz tätig war, traf er Migg Eberle zufällig in Genf.Der Unternehmer, dem Sitag bis 1996 gehörte und der die bekannte Restaurant-Liegenschaft «Gupf» in Rehetobel besitzt, war gerade dabei, aus einem Sitag-Schauraum auf die Strasse zu treten, als es zur Begegnung kam. Man ging zusammen essen, und Migg Eberle notierte eine Zahl auf eine Serviette. Yilmaz Boduk sagt, das sei der Lohn gewesen, den der heute 84-Jährige ihm angeboten habe – für den Fall, dass er zu Sitag wechsle.Freude über Höhenflug, dann kam die PandemieEs gab zwar Nachverhandlungen, dann aber startete der damals 22-jährige Widnauer bei Sitag im Innendienst, ehe er 2003 die Vertriebsleitung übernahm. Für Eberle durfte Boduk zudem das ganze Lizenzwesen aufbauen, für das eine Zweitfirma bestand.Unmittelbar vor Corona hat Yilmaz Boduk bei Sitag ein Jahr erlebt, das 41 Mio. Franken Umsatz brachte – und somit 30 Prozent mehr als das Vorjahr. Mehrere Grossaufträge trugen zur Steigerung bei, auch die grosse Produktepalette von Nowy Styl.Im Gegensatz dazu sei 2020 ein zwangsläufig schwieriges Jahr, in dem er froh sei, in einem sehr gesunden Unternehmen zu wirken, sagt Boduk. Weil das Budgetziel um gegen 14 Prozent verfehlt werden dürfte, haben die knapp 120 Mitarbeitenden, von ihnen fast die Hälfte aus dem St. Galler Rheintal (St. Margrethen bis Sevelen), seit Mai Kurzarbeit. Den Umsatz erzielt Sitag zu 90 Prozent im Inland, davon 4 bis 5 Mio. Franken in den Kantonen SG, TG, AR und AI. Von unternehmerischer Stärke zeugt schon der Maschinenpark. Rund 700000 Franken kostete die neue Homag Laser Bearbeitungsanlage – ein System, das Sitag landesweit als erstes Unternehmen im Einsatz hat. Vizepräsident im Verband Büroszene SchweizWährend Geschäftsleitungskollege Christian Drapal für Produktion, Finanzen, Einkauf, IT und Customer Service (Vertriebsinnendienst) zuständig ist, sind Vertrieb, Marketing und Produktmanagement Boduks Verantwortungsbereich.Der Widnauer ist seit je drei Jahren Vizepräsident beim Verband Büroszene Schweiz und Vorstandsmitglied im e-Rotary­club Zürich, der drei seiner monatlich vier Treffen online durchführt. Ab nächstem Jahr wird Yilmaz Boduk ausserdem dem Stiftungsrat des VZ Ver­mögenszentrums Zürich angehören.Die Eltern kamen einst aus der TürkeiYilmaz Boduks Mutter und sein letztes Jahr verstorbener Vater (der knapp vier Jahrzehnte bei Wild Heerbrugg/Leica gearbeitet hatte) kamen Mitte der Sechzigerjahre aus Kappadokien ins Rheintal. Seine Schwester Ayse-Banu Boduk ist seit drei Jahrzehnten im Musikverein Heerbrugg.Eine vier- bis fünfjährige Tätigkeit bei Sitag hatte Yilmaz Boduk sich vor dreissig Jahren vorgestellt, nun ist er immer noch im gleichen Unternehmen tätig, aber an der Spitze. Ausgerechnet der Mann, bei dem zu arbeiten er sich nicht hatte vorstellen können, war zwölf Jahre lang sein grosser Förderer und Unterstützer. Zieht der Sitag-Co-Chef nun Bilanz, empfindet er vor allem Freude über «sehr viele sehr schöne Erinnerungen».

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