02.11.2018

Gerettet aus 50 Metern Höhe

Beim Unfall der Staubern-Bahn steckten acht Personen in einer blockierten Gondel fest. Dass sie sicher den Boden erreichten, ist dem Rettungsteam unter der Leitung von Rico Heeb aus Lienz zu verdanken.

Von Hildegard Bickel
aktualisiert am 03.11.2022
Am Mittwochabend, kurz vor 17 Uhr, ging bei Rico Heeb ein Anruf ein. Der Staubern-Wirt Daniel Lüchinger meldete den Absturz der leeren Gondel, die auf dem Weg ins Tal war. In der bergwärts fahrenden Gondel würden acht Personen feststecken. Sofort alarmierte der Rettungschef seine Kameraden der SAC Rettungsstation Sax der Alpinen Rettung Schweiz. «Es war noch hell, als um 17.30 Uhr die ersten Retter ausgerüstet bei der Talstation eintrafen», sagt er. Sie konnten sehen, wo die Gondel nach dem Zwischenfall automatisch stoppte. «Sie befand sich 200 Meter von der Station entfernt.» Dieser Standort kam dem 13-köpfigen Einsatzteam entgegen, denn auf dieser Höhe war das Gelände zugänglich, zwar mit Gestrüpp und Dornen versehen, doch die Stelle befand sich noch vor der steilen Felswand. Fahrgäste nicht ins Leere blicken lassenDie Retter entschieden sich, die Fahrgäste senkrecht aus der Gondel abzuseilen. Aus 50 Metern Höhe. Was schwindelerregend erscheint, erleichterte Rico Heeb und seinen Leuten jedoch die Arbeit. «Wir waren froh, dass wir die Passagiere nicht über das Tragseil der Bahn evakuieren mussten.» Nur einer der Retter liess sich auf diese Weise zur Gondel ziehen. An einem Rollfahrwerk angeseilt, mit «Gstältli», Helm und Stirnlampe ausgerüstet. Die Fahrgäste erhielten über die Handyverbindung einer Mitarbeiterin des Berggasthauses –die zufällig mit in der Gondel sass – Informationen, wie sie sich während der Wartezeit verhalten sollen und wie die Rettung ablaufen wird. Eine der acht Personen entgegnete, dass sie Höhenangst habe. «In solchen Fällen gilt es, Sicherheit zu vermitteln», sagt Rico Heeb. «Nervosität überträgt sich schnell.»Der Retter, der auf dem Rollfahrwerk die Gondel erreichte, öffnete die Tür von aussen. Dabei war er bemüht, die Leute in der Gondel nicht ins Leere blicken zu lassen. Die Stimmung blieb ruhig, ohne Panik. Unterstützt von einem weiteren Helfer, der an einem Seil von unten zur Gondel hochgezogen wurde, begannen sie zu zweit die Fahrgäste abzuseilen. Eine Person nach der anderen stieg in das Berge-Dreieck und glitt dem Seil entlang Richtung Boden. Um 19 Uhr, zwei Stunden nachdem die Gondel stillstand, hatten sie wieder festen Boden unter den Füssen. Alle blieben unverletzt. Sie wurden von Einsatzkräften in Empfang genommen und mit Geländefahrzeugen über ein nahegelegenes Strässchen zur Talstation gefahren. Der gegenseitige Austausch bei ei­nem Kaffee oder einer Zigarette half, die angespannte Situation zu lösen. Lob für reibungslosen EinsatzDie Bergung verlief ohne Zwischenfälle. «Mit der einbrechenden Dunkelheit und den Föhnströmungen wurde es zwar nicht einfacher, aber nie heikel», sagt Rico Heeb. Dem Team der Rettungsstation Sax kam entgegen, dass es vor Inbetriebnahme der Gondel im Frühjahr übte, was bei einem Zwischenfall zu tun ist. Die rasche und professionelle Rettung erhält von allen Seiten Lob. Familie Lüchinger, Besitzerin der Bahn und des Berggasthauses, bedankt sich auf ihrer Webseite bei den Rettern und Einsatzkräften, wie auch bei den betroffenen Fahrgästen, die während der Rettungsaktion ruhig blieben und so zur gelungenen Bergung beigetragen haben. Ursache bleibt vorerst unklarWarum die leere Gondel aus dem Tragseil entgleiste, untersucht die Staatsanwaltschaft. Zur Zeit des Unfalls blies der Föhn im Rheintal. Die leere, abgestürzte Gondel wurde am Donnerstagnachmittag mit ein paar Beulen abtransportiert. Die Bergbahn ist erst seit April in Betrieb, nach dem Umbau auf einen energie- und umweltneutralen Betrieb.Dieses Wochenende findet übrigens die Hauptübung der SAC Rettungsstation Sax statt - bei der Staubern-Bahn. Ernstfall passiert just vor der ÜbungAn Masten und Tragseil proben sie diverse Szenarien. Nun bewies das Team schon vor der Übung, dass es den Ernstfall beherrscht.

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