17.02.2021

Geplanter Milchimport steht in der Kritik

Das Ansinnen einer Käserei aus Oberriet, Milch aus Deutschland zu importieren, wird heftig kritisiert – auch innerhalb der Milchbranche.

Von Adi Lippuner
aktualisiert am 03.11.2022
Ende 2020 bekam die Eidgenössische Zollverwaltung ein Gesuch für den Import von drei Millionen Litern Milch. Die Käserei Imlig aus Oberriet will damit Halbhartkäse, der nach Deutschland exportiert werden soll, herstellen. Während Geschäftsführer Urs Imlig schweigt, halten andere Landwirtschaftsvertreter das Gesuch für «keine gute Idee».Das Gesuch verursacht weit über die Region hinaus für Gesprächsstoff. So haben sich die Vereinigten Milchbauern Mitte-Ost (VMMO) kurz nach Bekanntwerden des Gesuchs per Mitteilung geäussert. Unter dem Titel «Keine Milchimporte für Billigkäse» wird der Plan als «No-Go» bezeichnet: «Käse ist das wichtigste Produkt der Schweizer Milchwirtschaft. 2019 sind 44,5 Prozent der Milch zu Käse verarbeitet worden, 39 Prozent der Käseproduktion wurde exportiert.» Der Frümsener Alfred Preisig, VMMO-Vorstandsmitglied und Präsident des Käsereivereins Sax-Frümsen, sagt: «Es gäbe genug Milch im Inland. Die Käserei müsste aber bereit sein, den geforderten Preis zu bezahlen.» Zudem sieht er eine Konkurrenz für den Appenzeller Käse, geht doch rund 50 Prozent der Produktion ins Ausland.Schweizer Käse habe, dank der Qualität und der professionellen Marktbearbeitung, weltweit ein sehr gutes Image und sei preislich im oberen Segment, ist weiter zu lesen. Zudem gebe es hier keinen Milchmangel. Deshalb wird das Gesuch für Importmilch von Seiten der VMMO als «stossend» bezeichnet. Die Motivation des Importgesuchs sei rein wirtschaftlich und ziele darauf ab, mit möglichst günstiger Milch in der Schweiz Käse zu produzieren.Verschiedene Meinungen in der MilchbrancheDas Gesuch aus Oberriet beschäftigt viele Branchenvertreter. So hat der Redaktor der Zeitschrift «Schweizer Bauer», Oliver Ruprecht, die Vertreter des Schweizerischen Bauernverbands (SBV) und weitere Branchenvertreter angefragt. Deutlich gegen die Importbewilligung äussert sich der SBV. Deren Präsident, Markus Ritter aus Altstätten, bestätigt auf Anfrage der Zeitung «Werdenberger & Obertoggenburger»: «Ich vertrete die Haltung des SBV. Wir haben ausreichend qualitativ hochwertige Milch für die Verarbeitung. Zudem haben wir mit der Verkäsungszulage ein Instrument, das die Käseproduktion in der Schweiz aus Schweizer Milch wirkungsvoll unterstützt.»Weniger klar ist die Haltung der Branchenorganisation Milch (BOM). Geschäftsführer Stefan Kohler sagt im «Schweizer Bauer»: «Die Interessen der BOM sind bei Veredlungsgesuchen von Milch nur am Rand tangiert, solange mit dem damit hergestellten Käse nicht bestehende Exportmärkte tangiert werden. Wir erachten die Auswirkung eines solchen Veredlungsgeschäfts auf dem Schweizer Milchmarkt als geringfügig.»Aus Sicht des SBV ist die Begründung für das Importgesuch nicht stichhaltig. Anspruch auf sogenannten Veredlungsverkehr besteht laut Zollverwaltung nur, wenn «gleichartige inländische Erzeugnisse nicht in genügender Menge verfügbar sind oder für solche Erzeugnisse der Rohstoffpreisnachteil nicht durch andere Massnahmen ausgeglichen werden kann».Hier greife die «Verkäsungszulage» für Schweizer Milch, so werde der Rohstoffpreisnachteil ausgeglichen, sagt der Vertreter des SBV. Zudem sagen VMMO und SBV, der Veredlungsverkehr unterlaufe die Qualitätsstrategie der Käsebranche.«Anlage möglichst effizient einrichten und nutzen»Differenziert sieht es Hans Oppliger, St. Galler EVP-Kantonsrat aus Frümsen und Präsident des Vereins Sauerkäse-Bloderkäse: «Es ist wichtig, eine milchverarbeitende Anlage möglichst effizient einzurichten und optimal auszulasten. Sonst kann man im heutigen Markt mit der harten Konkurrenz ausser mit Spezialprodukten nicht mehr mithalten. Je besser man die Investitionskosten auf mehr Menge verteilen kann, desto tiefer sind die Grundkosten pro Einheit – dies ist ein Teil der Konkurrenzfähigkeit.»Beim «Fall Oberriet» gehe es darum, dass die Käserei die Auslastung mit einem Auftrag aus Deutschland verbessern, Milch importieren und allen daraus hergestellten Käse exportieren will. Hans Oppliger sagt: «Was für die Schweizer Milchproduktion problematisch ist und den Milchbauern sauer aufstösst, ist, dass dann der Käse, soweit ich informiert bin, als ‹Käse nach Schweizer Art› verkauft wird. Das heisst, er soll vom Image der Schweizer Käse profitieren und schadet somit möglicherweise dem Export von echtem Schweizer Käse.» Das sei ein Missbrauch des Labels Schweiz, auch wenn es wahrscheinlich juristisch nicht angefochten werden könne. Als Präsident des Vereins Bloderkäse-Sauerkäse stehe Oppliger hinter der Philosophie, dass man möglichst auf Regionalität und möglichst kurze Transportwege achten soll. So bliebe auch das Geld im regionalen Wirtschaftskreislauf.

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.