14.06.2019

Gemeinderat kontert Kritik

Nach dem Referendumskomitee äussern sich die Behörden zu den zwei Vorlagen Entschädigungsreglement und Reglement «Vollamt Gemeindepräsidium». Sie verteidigen umstrittene Punkte.

Von gk/cal
aktualisiert am 03.11.2022
Die Stimmberechtigten der Gemeinde Walzenhausen werden an der nächsten eidgenössischen Abstimmung vom 20. Oktober über das Reglement «Vollamt Gemeindepräsidium» und das Entschädigungsreglement entscheiden. Dies hat der Gemeinderat gemäss einer Medienmitteilung beschlossen. Das fakultative Referendum kam fristgerecht und mit der nötigen Zahl gültiger Unterschriften zustande. Ein Komitee hat gegen das Reglement «Vollamt Gemeindepräsidium» 44 Unterschriften gesammelt und gegen das Entschädigungsreglement 37. Am 1. Oktober ist zu beiden Vorlagen eine öffentliche Orientierungsversammlung geplant.Die Unterlagen im Zusammenhang mit den Reglementen können unter www.walzenhausen.ch>verwaltung>news>Fakultatives Referendum Entschädigungsreglement/Fakultatives Referendum Vollamt eingesehen werden.Das Komitee bemängelt unter anderem die ungenügende Kommunikation in Bezug auf die Debatte zum Halb- oder Vollamt sowie die Nichtwiederwahl-Absicherung und stellt die Vereinbarkeit des Gemeindepräsidiums mit dem Kantonsratsmandat in Frage.In der Medienmitteilung werden nochmals die einzelnen Abläufe im Zusammenhang mit der Erarbeitung der Reglemente erläutert. Der Gemeinderat startete im Herbst 2016 das Projekt «Reorganisation der Gemeindeführungsstrukturen», das die Gemeindeführungsstrukturen überprüfen und allfällige Vorschläge für Anpassungen im Hinblick auf die Amtsdauer 2019/2023 machen soll. Im Mai 2017 fand ein öffentlicher Workshop für die Bevölkerung statt. Dabei seien die Hauptpunkte der Reorganisation, die Anzahl Mitglieder des Gemeinderates von sieben auf fünf zu reduzieren und das Amt des Gemeindepräsidenten mit einem Pensum von ungefähr 80 bis 100 Prozent inklusive Entschädigung von 160000 Franken (bei einem Pensum von 100 Prozent) festzulegen, auf sehr grosse Zustimmung gestossen. Das angestrebte Pensum hatte die Umstellung vom Neben- zum Haupt- oder Vollamt zur Folge, was unter anderem eine Totalrevision der Gemeindeordnung hervorrief.Die totalrevidierte Gemeindeordnung wurde im November 2018 mit über 80 Prozent Ja-Stimmen deutlich angenommen. Das Vollamt ist im Artikel 21, Absatz 2, verankert. Die Debatte um das Vollamt wurde vom Gemeinderat als abgeschlossen betrachtet.Gemäss Hinweis aus der Vorprüfung des Departements Inneres und Sicherheit definiert der in der Gemeindeordnung verankerte Begriff «Vollamt» die Ausgestaltung des Vollamtes nicht abschliessend. Im Reglement «Vollamt Gemeindepräsidium» wird die Ausgestaltung des Vollamtes, insbesondere betreffend die Vereinbarkeit beziehungsweise die Nichtvereinbarkeit von nebenamtlichen Tätigkeiten des Gemeindepräsidenten, in Anlehnung an die Regelung für den Regierungsrat festgelegt. Ohne diese Regelung könnte das Gemeindepräsidium beispielsweise weiteren beruflichen Tätigkeiten oder Verwaltungsratsmandaten nachgehen.Das Reglement «Vollamt Gemeindepräsidium» und das Entschädigungsreglement unterstanden im Februar 2019 einer Vernehmlassung. Es ist je eine Stellungnahme von derselben Person, die nicht im Zusammenhang mit dem Referendum steht, eingegangen. Ebenfalls wurde das Departement Inneres und Sicherheit beratend beigezogen. Die Eingaben bezogen sich auf Präzisierungen und Formulierungen.Die Vereinbarkeit des Kantonsratsmandates mit dem Gemeindepräsidium ist im Reglement «Vollamt Gemeindepräsidium» geregelt. Das Amt als Mitglied des Kantonsrates ist nicht Bestandteil des Vollamtes und tangiert dieses somit zeitlich nicht. Es ist üblich, dass die Mitglieder des Kantonsrates AR einer beruflichen Tätigkeit nachgehen und das Amt daneben ausüben. Aufgrund der zusätzlichen Aufgaben, der zahlreichen Entwicklungsschwerpunkte und herausfordernden Themen wie der Ortsplanung belief sich das Arbeitspensum des Gemeindepräsi­- denten ab Februar 2018 deutlich über 100 Stellenprozenten. Mit dem Vollamt sind zudem neu jegliche Sitzungen und Mandate Bestandteil des Arbeitspensums. Das Gemeindepräsidium erhält keine zusätzlichen Sitzungsgelder. Mehrere Dutzend Gemeinden in den Kantonen St. Gallen und Thurgau sowie in einigen Ausserrhoder Gemeinden verfügen gemäss der Medienmitteilung über eine Nichtwiederwahlversicherung. Im Raum Ostschweiz wird diese nur von der Thurgauer Bürgschaftsgenossenschaft angeboten. Die Versicherungsleistungen bauen auf der Arbeitslosenversicherung auf. Die Versicherungsprämie beläuft sich auf ein Prozent der Bruttolohnsumme pro Jahr. Für Personen mit einem Beschäftigungsgrad von mindestens 50 Prozent kann hier eine entsprechende Versicherung abgeschlossen werden.Das Gemeindepräsidium ist im Wahlstatus «angestellt». Aus diesem Grund werden keine Arbeitsverträge mit Kündigungsfristen ausgestellt. Im Extremfall wird ein Gemeindepräsidium im zweiten Wahlgang Ende April abgewählt. Auf Ende Amtsdauer am 31. Mai scheidet das Gemeindepräsidium aus dem Amt aus. Dass eine Abwahl eintreten kann, hat sich bei den vergangenen Gesamterneuerungswahlen in zwei Appenzeller Gemeinden gezeigt. Dieser Zeitraum ist für eine berufliche Neuorientierung sehr knapp bemessen. Ebenfalls wird festgestellt, dass sich ein Wiedereinstieg in ein Arbeitsfeld ausserhalb der Politik oft anspruchsvoll gestalten kann. Insbesondere bei älteren Personen könnte sich eine berufliche Neuorientierung innert einer solch kurzen Frist als sehr schwierig erweisen. Diesen Umständen wird mit der Nichtwiederwahlversicherung mit der entsprechenden Aufmerksamkeit Sorge getragen. Dem Gemeinderat sei nicht bekannt, aus welchen Personen sich das Referendumskomitee zusammensetzt, heisst es in der Mitteilung. Als Kontaktadresse ist lediglich die Adresse des ehemaligen Restaurants Traube, Lachen, angegeben. Dessen Besitzer Ernst Züst ist in Horgen wohnhaft. Aus Sicht des Gemeinderates wurde umfassend über die beiden Reglemente informiert.

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.