25.11.2020

Gemeindepräsident kontert die Kritik

Die Parteien bemängeln den Voranschlag 2021 der Gemeinde Heiden. Nun nimmt Gallus Pfister Stellung.

Von Astrid Zysset
aktualisiert am 03.11.2022
Die SVP lehnt den Vorschlag ab. Ebenso die SP. Die CVP hat sich mit knapper Mehrheit auf eine Ja-Parole festgelegt. Und die FDP unterstützt zwar den Voranschlag, zeigt sich jedoch besorgt über die finanzielle Entwicklung der Gemeinde: Heidens Parteien äussern sich kritisch zum Voranschlag 2021. Wie harsch die Ausführungen dann aber teilweise sind, das hat selbst Gemeindepräsident Gallus Pfister überrascht. «In diesem Ausmass hatte ich es nicht erwartet», sagt er. So hat etwa die SVP in einem Flugblatt ihre Meinung zum Voranschlag kundgetan und in diesem dem Gemeinderat unterstellt, er würde sich weigern, die finanzielle Situation der Gemeinde verbessern zu wollen.Tatsächlich steht die Vorderländer Gemeinde finanziell schon länger nicht mehr gut da. Durch hohe Investitionen stieg die Verschuldung stark an. «Es braucht einen kontinuierlichen Prozess, um die finanzielle Situation wieder ins Lot zu bringen», sagt Gallus Pfister.Im Voranschlag 2021 wird bei Ausgaben von 27,3 Millionen Franken ein Defizit von 1,1 Millionen Franken prognostiziert. Dieses steigt gemäss Aufgaben- und Finanzplan bis 2024 gar bis auf 1,6 Millionen Franken an. Dann wäre das Eigenkapital von heute 4,7 Millionen aufgebraucht und der Nettoverschuldungsquotient würde bei über 300 Prozent liegen. Erreicht dieser einen Wert über 200 Prozent, drohen Sanktionen durch den Regierungsrat.Im Voranschlag 2021 noch keine SteuerfusserhöhungPfister stuft die Situation als «angespannt» ein. «Der Gemeinderat muss nun genau eruieren, welche Konsequenzen in den Folgejahren eintreten könnten.» SP und CVP hätten eine Steuererhöhung im Voranschlag 2021 gerne gesehen. Doch für den Gemeinderat ist dies keine Option. Vorerst zumindest noch nicht. «Wir möchten dieses Jahr noch abwarten, welchen Einfluss die Pandemie auf die Steuereinnahmen hat», sagt Gallus Pfister. Seit 2005 hat Heiden jeweils einen markanten Besserabschluss vorlegen können, als im Voranschlag prognostiziert wurde. Coronabedingt wird 2021 vorsichtshalber mit rund 0,5 Millionen Franken weniger Steuereinnahmen gerechnet. Möglicherweise könnte auch das kommende Jahr deutlich besser abschliessen. Der Gemeinderat erachtet somit eine jetzt veranlasste Erhöhung des Steuerfusses als übereilt.«Die Annahme ist schlicht falsch»Die Entwicklung des Nettoverschuldungsquotienten bereite Pfister zwar Sorgen, wie er sagt, doch müsse auch hier relativiert werden. Die Annahme, dass der Wert 2021 auf 225 Prozent steigen wird, sei schlicht falsch, so der Gemeindepräsident. Die Berechnungen beruhen auf dem Aufgaben- und Finanzplan. Darin wurde für das Jahr 2020 die Sanierung der Turnhalle Gerbe mit sieben Millionen Franken festgehalten. Aufgrund von Einsprachen konnte die Investition aber bislang nicht vorgenommen werden, sodass sie für das Jahr 2021 erneut aufgeführt wird. «Das doppelte Auftauchen verfälscht den Nettoverschuldungsquotienten», so Pfister. Tatsächlich betrage dieser 2021 rund 160 Prozent. Nur 60 bis 70 Prozent der Investitionen werden erfahrungsgemäss auch wirklich im geplanten Jahr durchgeführt. So gesehen rechnet Heidens Gemeinderat nicht damit, dass der Nettoverschuldungsquotient 2024 über 300 Prozent liegen wird.Die SVP pocht auf eine Senkung der Ausgaben. Im Voranschlag 2021 sind Investitionen von 9,8 Millionen Franken vorgesehen. Aufschieben könne man diese nicht, so Pfister. So erhofft man sich beispielsweise durch die Erschliessung des Einlenkers Nord zahlreiche Zuzüger, die wiederum zur Stärkung des Steuersubstrats beitragen. «Das ist eine zukunftsgerichtete Investition», so Pfister.Viele Investitionen wurden als Sparmassnahmen bereits gestrichen oder verschoben. Hintergrund ist das Entlastungsprogramm, welches der Gemeinderat im Frühjahr verabschiedete. Dieses hat zum Ziel, das strukturelle Defizit abzubauen. 140 Massnahmen sind darin enthalten. Welche genau das sind, hält der Gemeinderat jedoch unter Verschluss. Warum eigentlich? «Dutzende betreffen interne Verwaltungsabläufe», so Pfister. Sie umfassen Kleinigkeiten wie Schreibutensilien und Drucker. Die Öffentlichkeit detailliert darüber in Kenntnis zu setzen, erachtet der Gemeindepräsident als übertrieben. Bei grösseren Sparmassnahmen wie beispielsweise der Frage nach dem verursachergerechten Verrechnen von Planungskosten an Bauherren fände die politische Diskussion zu gegebenem Zeitpunkt aber schon noch statt, sagt Pfister.Die Abstimmung über den Voranschlag 2021 findet am 29. November statt. Wird dieser abgelehnt, erarbeitet der Gemeinderat einen neuen. Frühestens im Februar 2021 käme dann die Neufassung vors Volk. Regierungsrat weist Stimmrechtsbeschwerde abDer Regierungsrat weist eine Stimmrechtsbeschwerde zur Abstimmung über den Voranschlag 2021 der Gemeinde Heiden ab. Dies teilte die Kantonskanzlei Appenzell Ausserrhoden gestern Mittwoch in einem Communiqué mit.Der Gemeinderat Heiden habe mit den Abstimmungsunterlagen «objektiv und sachlich richtig über den Voranschlag 2021 und dessen Auswirkungen auf den Haushalt in den kommenden Jahren orientiert», stellt der Regierungsrat fest.Der Beschwerdeführer rügte, dass die Abstimmungsunterlagen zum Voranschlag 2021 der Gemeinde Heiden mangelhaft seien. Er rügte insbesondere, dass der im Internet zugängliche Aufgaben- und Finanzplan 2022–2024 für die kommenden Jahre eine gesetzeswidrige Verschuldung ausweise. In den Abstimmungsunterlagen selbst fehle jedoch jeder Hinweis auf die entsprechenden Finanzkennzahlen. Der Regierungsrat hält dazu fest, dass es sich bei den genannten Finanzkennzahlen um hochgerechnete Prognosewerte handele. Diese unterliegen einer laufenden Veränderung, weshalb ihnen naturgemäss keine zu hohe Verbindlichkeit zugemessen werden dürfe.Im vorliegenden Fall zeigten die Finanzkennzahlen 2022–2024, dass es für die Gemeinde Heiden schwierig werde, das Haushaltsgleichgewicht zu halten, heisst es in der Mitteilung weiter. Darüber habe der Gemeinderat im Edikt zum Voranschlag 2021 sachlich zutreffend orientiert. «Ebenso hat der Gemeinderat darauf hingewiesen, dass in den nächsten Jahren allenfalls Steuererhöhungen zur Stabilisierung des Haushalts ins Auge zu fassen sind.Der Gemeinderat ist damit seiner Verpflichtung zur objektiven, sachlichen Information über Voranschlag und Haushaltsentwicklung angemessen nachgekommen», schreibt die Kantonskanzlei.Nach der Beurteilung des Regierungsrates wäre es dagegen falsch, bestimmte Massnahmen aufgrund der Finanzkennzahlen 2022–2024 bereits als definitiv oder unmittelbar drohend hinzustellen, wie dies der Auffassung des Beschwerdeführers entspricht. (kk)

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