Über 150 Einspracheberechtigte haben sich gegen das Projekt gewehrt – mit einer Einzeleinsprache sowie einer Sammeleinsprache. Sie wollen keine An-lage, auf der die neue 5G-Technologie zum Einsatz kommen kann.«Auch Fachleute können sich irren»Dass der Gemeinderat nun die Sistierung des Verfahrens beschlossen hat, begründet er sogar mit Bezug auf Corona. Er schreibt, die Coronakrise habe «gezeigt, dass auch Fachleute sich irren können». Vor dem Ausbruch der Pandemie habe es geheissen, das Virus sei nicht gefährlicher als eine normale Grippe.Aber auch andere Risiken seien in der Vergangenheit zunächst nicht als solche erkannt worden. Als konkretes Beispiel nennt der Gemeinderat Au- Heerbrugg die von Asbest ausgehende Gefahr für die Gesundheit. Erst nach fleissigem Gebrauch der robusten und gut dämmenden «Wunderfaser» (als der Schaden schon angerichtet war) gelangte man zur Einsicht, auf ein falsches Mittel gesetzt zu haben. In der Schweiz ist der Einsatz von Asbest seit 1990 verboten (wie auch in der EU und in vielen anderen Ländern).Gegner vermissen wichtige GrundlagenIn der jüngeren Vergangenheit erwuchs sogenannt adaptiven Mobilfunkantennen zunehmend Widerstand. Indem solche Anlagen Informationen gezielt an einzelne Nutzer übertragen, ist die Übertragungsrate optimal. Adaptive Mobilfunkantennen verfügen über viele (bis zu 64) einzeln ansteuerbare Antennenelemente, die es ermöglichen, gleichzeitig verschiedene Benutzer mit verschiedenen Sendekegeln von unterschiedlicher Sendeleistung zu versorgen.Die Einsprecher gegen das Auer Projekt beriefen sich darauf, dass für Anlagen wie die geplante eine Vollzugshilfe, ein akkreditiertes Messverfahren für Abnahmemessungen sowie ein Qualitätssicherungssystem fehlen. Zudem verletze eine Bestimmung in der Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV, Ziffer 63, Anhang 1) übergeordnetes Recht.Gemeinde: Bund wisse selbst nicht BescheidVor knapp zwei Monaten entschied der Bundesrat, das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) habe eine Vollzugshilfe für Mobilfunkantennen zu erarbeiten, die für 5G-Technik eingesetzt werden könne. Damit klar ist, wie stark die Bevölkerung durch solche adaptiven Antennen tatsächlich belastet wird, seien vor dem Erlass der Vollzugshilfe Testmessungen durchzuführen.Der Auer Gemeinderat kommentiert dies so: «Die zuständigen Stellen des Bundes wissen somit offenkundig selbst noch nicht, wie hoch die Strahlenbelastung durch adaptive Antennen tatsächlich ist.» Im Entscheid zugunsten der Einsprecher schreibt der Gemeinderat ausserdem: «Das Vorsorgeprinzip verbietet es, eine adaptive 5G-Mobilfunkanlage zu bewilligen, deren Strahlenbelastung gestützt auf veraltete Vollzugsgrundlagen ermittelt wurde, welche für konventionelle, nicht adaptive Mobilfunkanlagen entwickelt wurden.»Würde der Gemeinderat Au- Heerbrugg die Baubewilligung für die Antennenanlage erteilen, «würde gegen das umweltrechtliche Vorsorgeprinzip verstossen», wie er schreibt. Aus «gewichtigen Gründen» beschloss er deshalb die Sistierung des Verfahrens – und zwar gilt die Sistierung solange, bis die Vollzugsempfehlung für adaptive Antennen vorliegt.