08.06.2018

Gekommen, um zu bleiben

Mal sind es drei Stände, dann sieben: Die Lust zur Teilnahme am Bauernmarkt schwankt wie der Umsatz. Einen Einfluss haben das Wetter, das Einkaufsverhalten, aber auch die Solidarität.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Gert BrudererDank des Gemeinschaftsgeistes soll die Zahl der Stände künftig kaum mehr schwanken.Die Anbieter, die mitmachen, sind sich bewusst: Konstanz ist das A und O. Wie bei den Ladenöffnungszeiten.Euphorie, wie neue Kräfte sie zuweilen haben, tut zwar gut und steckt auch alte Hasen wieder mal ein bisschen an. Aber nötig ist Durchhaltevermögen.Ein Lied davon können Segmüllers singen.Und Freunds.Heidi und Walter Freund aus Eichberg sind Bauernmarkt-Profis. In Schaan sind die Besitzer des Heiterhofes genauso dabei wie in Buchs – und in Altstätten, seit es den Bauernmarkt gibt, seit 1995.Mit gleicher Ausdauer sind Gregor und Erika Segmüller am Werk. Sie hätten zwar auch schon erwogen, sich zurückzuziehen, sagt Erika Segmüller, aber immer blieb es beim Gedanken. Damit es den schönen Markt gebe, bedürfe es nun einmal der Beharrlichkeit.Der eigene Stand, mit Gemüse und Früchten, sei eher im Frühsommer beliebt, Freunds hätten mit Äpfeln und Most eher im Herbst mehr Erfolg. Man ergänze sich eben und stehe zusammen. Wie in einer Ehe, auch in schlechten Tagen, also wenn das Wetter mies, der Umsatz tief ist.Mehr Einkäufe, weniger UmsatzZwischendurch hat der Altstätter Bauernmarkt immer mal wieder den Anschein erweckt, wie eine zu wenig gegossene Pflanze zu verdorren. Aber gegenwärtig ist der Bauernmarkt im Hoch. Sieben Stände an mehreren Samstagen hintereinander, das war in den letzten Wochen eindrucksvoll und nährt die Hoffnung.Walter Freund macht Komplimente. «Dä Heini Kurrer us Oberegg, dä macht da huere guet.» Auch Melanie Klingler und Michael Geiger, sagt Freund.Das Angebot ist breit und speziell und so bereitgestellt, dass dem Besucher im Mund gleich das Wasser zusammenläuft.Den selbst erzielten Umsatz, übers ganze Jahr betrachtet, bezeichnet Walter Freund als gut bis sehr gut. Aber mit den Jahren sei der Umsatz eher leicht gesunken, fügt Erika Segmüller hinzu, obschon die Zahl der Einkäufe gestiegen sei. Woran das liegt? Vor zwanzig Jahren wurden Rüebli und Kartoffeln in Zwei-Kilo-Säcken feilgehalten, heute kommen vielleicht vier, fünf Rüebli auf die Waage.Taschenweise werde kaum mehr eingekauft.Melanie Klingler und Michael Geiger waren erst ein halbes Dutzend Mal am Altstätter Bauernmarkt anzutreffen. Ob Backwaren, Sirup, Süssmost, Teigwaren – alles ist selbstgemacht, und der in den beiden letzten Jahren fast ganz ausgebliebene Frühlingshonig war jüngst frisch zu haben.Die mit Mann und drei Kindern in Lüchingen lebende Anbieterin Manuela Schmid, die vor Begeisterung für den Bauernmarkt am liebsten an die Decke spränge, sagt, der Bauernmarkt sei ihr sehr wichtig. «Wirklich», fügt sie gleich dazu und sagt, als müsste man das Gegenteil befürchten: «Wir bleiben, wir bleiben.» Da kann einem ein Hit der deutschen Pop-Rock-Band Wir sind Helden als potenzielle Bauernmarkt-Hymne einfallen, denn ihr Titel passt perfekt zum Bauernmarkt: «Gekommen, um zu bleiben.»Manuela Schmid weist auf die Wechselwirkung hin, die dank des Bauernmarktes möglich ist. Manche Kunden, die auf den Hof kämen, schauten nun auch samstags im Städtli vorbei, andere machen es umgekehrt. Den Bauernmarkt stellt Manuela Schmid sich auch als Familienmarkt vor, weshalb sie manchmal Tiere mitbringt. Wer im Garten Schnecken hat, kann sich, statt Schneckenkörner zu kaufen, die Enten ausleihen, die machen dann Tabula rasa.Ab sofort sind alle Kunden ausdrücklich ermuntert, am Bauernmarkt auch das Fachwissen der Anbieter zu nutzen. Ganz gleich, was man wissen will, ob es ums Einmachen, um Schädlinge, um Fragen zum Garten oder um sonst etwas gehe – am Bauernmarkt werde gern Auskunft erteilt, versichert nicht nur Manuela Schmid.Umsatzwunder gibt es nichtAnbieter zu finden, sei noch nie leicht gewesen, sagt Walter Freund. Umsatzwunder gibt es nämlich keine. Vier Jahre brauche man, damit man jene Kundschaft habe, die es braucht, sagt Freund.Dass in der jüngsten Zeit ein unverhoffter Schwung zu spüren ist, freut speziell die Standbetreiber der ersten Stunde, denn Elan sei immer und für alle gut. Wer mitmache, befinde sich näher beim Kunden, als wenn er sich mit einem Hofladen begnüge, sagt Walter Freund. Er und seine Frau nehmen seit fünf Jahren donnerstags auch am Altstätter Wochenmarkt teil. Und der Vergleich erbringt ein doch erstaunliches Fazit: Obschon beide Märkte morgens im gleichen Städtli stattfinden, ist die Kundschaft eine jeweils völlig andere.

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