Der Bundesrat hat an seiner Sitzung von heute entschieden, die Planung und Realisierung eines Memorials für die Opfer des Nationalsozialismus anzugehen. Dies in Zusammenarbeit mit dem Kanton St.Gallen. Die kantonale Regierung unterstützt den mit diesem Vorhaben geplanten Umgang mit der Vergangenheit, zumal die Flüchtlingsgeschichte im Rheintal mit der Schweizer Erinnerung an den Holocaust untrennbar verbunden ist, wie es in einer Mitteilung heisst.
Das Memorial wird in der Stadt Bern stehen. Im Rheintal soll zudem ein neuartiges Ausstellungs- und Vermittlungsangebot im Raum Diepoldsau entstehen, das die historischen Ereignisse und ihre Bedeutung erklärt. Regierungsrätin Laura Bucher, kantonale Vorsteherin des Departement des Inneren, sagt:
Ob dies ein Museum oder eine Ausstellung in der Landschaft sein wird, ist noch auszuarbeiten.
Aufgrund der Expertise und der Nähe soll die Entwicklung und der Betrieb dieser Ausstellungselemente durch das Jüdische Museum Hohenems erfolgen, das seine Bereitschaft dazu bereits mitgeteilt hat. Das Konzept des Memorials für die Opfer des Nationalsozialismus des Bundes wurde vom Schweizer Parlament im Rahmen von zwei Motionen im Grundsatz beschlossen.
Angebote sollen grenzüberschreitenden Charakter haben
Der Kanton will nun die Idee gemeinsam mit Fachleuten des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG), der Paul-Grüninger-Stiftung, dem Land Vorarlberg, dem Land Liechtenstein und den Standortgemeinden weiterentwickeln.
Auch wenn sich das Vorhaben als Teil des Memorials des Bundes für die Opfer des Nationalsozialismus versteht, wird es einen grenzüberschreitenden Charakter haben und auch eine Vernetzung mit anderen Orten ermöglichen, wie der Kanton weiter schreibt. Das Ausstellungsformat soll über die Region hinaus Menschen und insbesondere auch Schulklassen einen niederschwelligen Zugang zu den Ereignissen und Schicksalen bieten - und das mit unmittelbarem Bezug zur Landschaft am Alten Rhein.
Das Jüdische Museum Hohenems hat mit dem Radweg «Über die Grenze» in den letzten Jahren bereits ein Format für die Vermittlung von Fluchtgeschichten realisiert, das international Beachtung findet und das der Kanton St.Gallen unterstützt. Ein zentraler Vermittlungsort im Raum Diepoldsau wird eine stärkere Breitenwirkung und weitere Formate ermöglichen. Zudem werden Besucherinnen und Besucher während ihres Aufenthalts in der Region die Möglichkeit haben, in Hohenems im bestehenden Museum und in den Bauten der ehemaligen jüdischen Gemeinde auch andere Aspekte der jüdischen Geschichte und Kultur zu erfahren.
Geflohen, um dem Nazi-Terror zu entkommen
Das Rheintal war insbesondere nach dem sogenannten Anschluss Österreichs Schauplatz dramatischer Ereignisse im Zusammenhang mit geglückten und gescheiterten Fluchten von Frauen, Männern und Kindern vor dem Terror des Nationalsozialismus. Die Landesgrenze am Rhein bilde einen Erinnerungsort für die Schweizer Flüchtlingsgeschichte, mit engem Bezug zum Fall des St.Galler Polizeikommandanten Paul Grüninger. Dieser rettete mehrere hundert jüdische und andere Flüchtlinge vor der Verfolgung und dem Holocaust.
Von Fluchtbewegungen war die Landesgrenze im Rheintal auf ihrer ganzen Länge betroffen. Ein Schwerpunkt der Ereignisse ergab sich im Raum Diepoldsau.