Ich zeige mich geduldig, wenn es um den Feierabend geht, lasse der Servicefachangestellten Zeit beim Bier ausschenken und komme nicht in Eile, wenn ich den Zug erwischen sollte. Nein, mich bringt nichts aus der Ruhe. Weder nervende Zeitgeister noch drängelnde Autofahrer, erst recht keine langen Wartezeiten auf den Ämtern der Behörden. Ich höre meiner Frau auch beim Fussball-WM-Final in aller Ruhe zu, ebenso warte ich geduldig auf das Ende einer viel zu langen Politikerrede zu irgendeinem längst verflüchtigten Anlass. Ich höre keine schnelle Musik und fürchte mich vor allem, was sich schneller als Schildkröten bewegt.Ich bin die Ruhe selbst, wenn ich an der Tankstelle warten muss. Kenne keine Hektik beim Einkaufen, weil es bereits fünf vor sieben ist, und verspüre keine Rastlosigkeit, wenn ich mit 120 km/h über den Asphalt donnere. Ich bin dermassen geduldig, dass nicht einmal meine Mitmenschen Stress erkennen. Deshalb gilt das Sprichwort: «Geduld ist etwas, was man bei anderen vermisst, wenn man sie selbst nicht hat», nicht für mich. Dank meiner Geduld bin ich immer pünktlich. Mich umgibt eine ruhige Aura, bin weder Wirbel-wind noch Tempobolzer. Nichts kann mir langsam genug gehen, schliesslich ist das Schönste ei-ner Tätigkeit die Tätigkeit selbst. Deshalb komme ich auch immer sehr langsam aus den Ferien zurück. In der Langsamkeit liegt die Kraft: Was du heute kannst besorgen, das verschiebe doch auf morgen. Deshalb beende ich diesen Text an dieser Stelle und schreibe ihn morgen fertig. Gut Ding will Weile haben.Benjamin Schmid