02.04.2021

Garten: Fehler sind erlaubt

Alles muss wie am Schnürchen laufen – ein Fehler im System stört nur. Fehler werden so häufig vertuscht, damit sie nicht auffallen.

Von Bert Stankowski
aktualisiert am 03.11.2022
Man kann unmöglich alle Fehler vermeiden, sie passieren nun mal. In einer «Karrierebibel» habe ich neulich etwas Interessantes entdeckt. Das japanische Kintsugi, eine Methode, entwickelt im Japan des 16. Jahrhunderts, geht ganz andere Wege und streicht die Fehler erst so richtig heraus.Für uns bedeutet Schönheit soviel wie neu, unbenutzt und funktionsfähig. Wer käme schon auf die komische Idee, zum Beispiel kaputte Teetassen zu kaufen, denn bei den heutigen Preisen vieler Gebrauchsgüter lohnen sich Reparaturen kaum noch. Schneller als etwas zu flicken, zu stopfen oder eben zu kleben wird der Gegenstand direkt ersetzt.Denn selbst, wenn eine Teetasse durch eine Reparatur erneut benutzbar würde, so würde sie als unschön empfunden. Sie verliert an Wert, weil eine ehemalige Bruchstelle erkennbar ist. Anders beim Kintsugi. Hier wird der Fehler sogar noch optisch herausgestrichen. Die Tasse bekommt eine Reparaturstelle aus Gold! Und wird weiter verwendet.Vergolden liessen sich also auch Fehler im Garten. Kaufe ich Salatsetzlinge in der Meinung, es sei Lattich, und sehe später, was sich eben entwickelt, reisse ich ihn sicher nicht aus, sondern verwende ihn als Salat. Mein eigenes Beispiel im letzten Jahr: In der Meinung, Rosenkohl zu kaufen, wurde ich überrascht. Denn wohl sah das Gewächs so aus und wuchs auch so, es bildeten sich aber keine Rosenköhli. Also ausreissen? Es stellte sich heraus, dass es eine ganz neue Art von Gemüse war, das erst etwa fünf Jahre auf dem Markt ist. Die offenen Rosettchen werden als Kohlröschen oder Kalettes bezeichnet, schmecken herrlich süsslich – gerade jetzt, nach einem frostigen Winter. Vom Geschmack des Rosenkohls unterscheiden sie sich wohltuend. Also habe ich sogar etwas Besseres gewonnen.Das ist also Kintsugi: Die Schönheit in Fehlern entdecken! Probieren sie es auch, es gibt einem ein positives Lebensgefühl. In unserem Garten kann doch nichts falsch sein. Oder?www.hostako.npage.eu

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