Garten: Die Rebe weint

Reben die an erwärmten Hausmauern wachsen, müssen etwas früher geschnitten werden als die der Weinbauern. Dank der Sonneneinstrahlung auf die Wände geben sie Wärme ab und lassen die Hausreben früher Saft treiben. Das beginnt je nach Lage Ende Januar bis Mitte Februar.Aus dem ungefrorenen Boden beginnen die Pflanzen, Wasser in die Triebe zu drücken. Wird der Druck zu gross, fliesst der dünne Saft bis zur Schnittstelle und tropf dort stundenlang aus. Die Wunde kann sich nicht sofort schliessen und man sagt: «Die Rebe weint.»Der Winterschnitt wird bei uns normalerweise an frostfreien Tagen im Januar und Februar durchgeführt und ist der wichtigste Termin. Bei diesem Rückschnitt wird die Zahl und Anordnung der Knospen an der Rebe bestimmt.An jedem Austrieb stehen ein bis zwei Ruten vom Vorjahr. Die vom Haupttrieb weiter entfernte Rute wird ganz weggeschnitten. Die näherstehende Rute kürzt man auf zwei Augen ein. Gemeint sind die Knospen. Sind noch andere dünne Trieb vorhanden, kürzt man sie als Reserve auf eine Knospe ein.Nach dem Rückschnitt werden die Ruten an das Spalier gebunden, bevor im Frühjahr neue Triebe wachsen. Wird es etwas wärmer, weinen die Reben. Das Wasser wird von den Wurzeln bis zur Schnittstelle getrieben und kommt dort als Tropfen (Tränen) zum Vorschein. Es dauert nur noch Wochen, bis der Frühling bei den Reben sichtbar wird.Das tropfende Wasser ist nicht nur ein Zeichen für den kommenden Frühling, sondern hat für die Pflanzen eine desinfizierende und antibakterielle Wirkung. Die Tropfen schliessen die Schnittwunden und wehren eindringende Bakterien ab. Man muss sich also keine Sorgen machen, falls es mehrere Tage lang tropft. Für die Pflanzen ist es kein grosser Verlust, da der Boden jetzt genug Wasser hat. Der Volksmund sagt, dass diese Tropfen eine heilende Wirkung haben. Aber sie sind für so viele Anwendungen zu gebrauchen, dass ich an ihrer Wirkung zweifle.Bert Stankowski, Weisslingenwww.hostako.npage.eu