12.07.2019

Gärtnern ohne Schickimicki

Sie sind jung und bepflanzen einen Schrebergarten. Exoten sind sie keineswegs. Bryan Wirz und Stefan Knöpfel betreiben das Gärtnern ohne Schickimicki. Ein Besuch im Balger Riet.

Von Hildegard Bickel
aktualisiert am 03.11.2022
Sie tauchen die Giesskannen ins blaue Regenfass und tragen das Wasser zu den Kraussalaten. Schöne Köpfe haben sich gebildet. Nebenan giesst Stefan Knöpfel mit besonderer Vorsicht, er will den Rucola aufpäppeln. «Die Blätter litten wegen der Hitze.» Dafür gedeihen Mangold und Randen. «Auch die Tomaten im Gewächshaus haben Früchte angesetzt», sagt Bryan Wirz.Der Anblick, wie sich die Männer, beide Anfang 30, aufmerksam um ihre Pflanzen kümmern, beschert ihnen sogleich Sympathiepunkte. Bryan Wirz war zuvor im Fitness, im Garten setzt er die körperliche Arbeit fort. «Was machst du sonst nach Feierabend?», fragt er. «Sitzt vor dem Fernseher, surfst im Internet. Hier kommen wir raus an die frische Luft und lernen Neues.»Endlich ein eigenesStück LandIm Kälberhag verpachtet die Ortsgemeinde Balgach rund 80 Pflanzteile an interessierte Hobbygärtner. Als Bryan Wirz von Bekannten hörte, dass ein Gärtner seine Parzelle abgeben möchte, nutzte er die Gelegenheit und schaute sich den Acker mit Riethütte an. Bevor er zusagte, fragte er Stefan Knöpfel und seine Mutter, eine erfahrene Hobbygärtnerin, ob sie sich am Schrebergarten-Projekt beteiligen möchten. Sie waren sofort dabei. «Alleine wär es zuviel Arbeit», sagt Bryan Wirz. Die Gesamtfläche beträgt mehr als 400 m2, zwei Drittel davon ist Anbaufläche. Die Hütte, ein Gewächshaus und Geräte konnten die Neo-Gärtner ebenfalls übernehmen. Die Pachtkosten betragen 80 Franken pro Jahr. Übrige Ausgaben haben sie anteilmässig mit einer App unter Kontrolle. Stefan Knöpfel gefällt es, nebst der Gartenarbeit die Freundschaft mit Bryan zu pflegen. Weitere Vorteile machten sich rasch bemerkbar. «Der Garten ist ein willkommener Ausgleich zum Arbeitsalltag», sagt der IT-Projektleiter. «Hier draussen im Riet haben wir unsere Ruhe.» Den Gemüseanbau wollten sie so einfach wie möglich planen und waren überrascht, wie schnell eine Liste mit 40 verschiedenen Pflanzensorten beisammen war, darunter sogar Tabak. «Ein Experiment.»Brennnesseljauche statt ChemieEs sei nicht ihr Anspruch, Selbstversorger zu werden, sagt Bryan Wirz, der als gelernter Polymechaniker im Geräteservice bei Leica tätig ist. Doch sie möchten so viel wie möglich ernten.Ihr Wissen erweitert sich ständig, sie gärtnern ohne Chemie, setzen Brennnesseljauche zum Düngen an und schauen sich Tricks bei Bauern oder den Nachbarn ab. Das frisch geerntete Gemüse ist auch bei Stefan Knöpfels Partnerin willkommen, wie auch bei der Frau und der kleinen Tochter von Bryan Wirz. Die Hobbygärtner sind längst nicht die einzigen Vertreter der jüngeren Generation in den Schrebergärten. Jung und Alt ackern nebeneinander, Schweizer und Ausländer. Die türkischen Nachbarn laden zum Tee ein, die Kroaten auf ein Gläschen Schnaps. «Hier herrscht kein Schickimicki mit Gartenhag», sagt Bryan Wirz.Die Stimmung ist locker, was die Reglemente betrifft. Lärm sei kein Problem, auch wenn mal eine Party steigt. Es gebe auch wieder ruhigere Tage.Treffpunktim RietManchmal kommt spontan Besuch vorbei. «Viele Bekannte wissen, dass wir oft im Garten anzutreffen sind und finden es eine coole Sache», sagt Stefan Knöpfel. Bald könnte es bei der Riethütte noch einladender werden: Die Hobby-Gärtner wollen ein Cheminée bauen.

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