Schon vor der Rennhälfte hatten sich am Sonntag an den Schweizer Meisterschaften in Mettmenstetten ZH zwei Fahrer abgesetzt. Fynn Lanter fuhr nach vorn, um die Führungsarbeit zu verrichten. Als er sah, dass sein Gefährte nicht folgen konnte, fuhr er davon und wurde von seinen Konkurrenten erst im Ziel wieder gesehen.
Mettmenstetten ist sein Lieblingsrennen, hier fuhr Fynn Lanter schon zum Saisonstart im Oktober auf ähnlich überlegene Weise zum Sieg in der Altersklasse U17. Die Strecke ist physisch herausfordernd mit vielen Laufpassagen, wenn’s dazu noch schlammig ist wie am Sonntag, behagt sie Fynn Lanter besonders. Seine Mutter Silvia Lanter sagt:
Je schwerer und schlammiger, desto besser für Fynn.
Im wichtigsten Rennen ging Lanters Plan perfekt auf
Fynn Lanter gewann einige Rennen in diesem Stil, er ist die Nummer 1 der Radquer-Saisonwertung von Swiss Cycling, an den Schweizer Meisterschaften war er als Favorit angetreten. Aber das muss im Cyclocross nichts heissen, es ist eine unberechenbare Disziplin auf meist rutschiger Unterlage. Das hat der Rorschacherberger in dieser Saison auch schon erfahren müssen, etwa in Bulle FR, wo er gleich nach dem Start einen Plattreifen beklagte und nach einer starken Aufholjagd noch auf den zweiten Platz fuhr. Auch im aus fünf Rennen bestehenden Cross-Cup wurde Fynn Lanter bei letzter Gelegenheit auf den zweiten Platz verwiesen, weil er krank war. Umso mehr freute er sich darüber, dass im wichtigsten Rennen der Saison sein Plan perfekt aufging.
Die Goldmedaille an seinen altersbedingt ersten Meisterschaften ist der verdiente Lohn dafür. Das Schweizer Meistertrikot hat im Radsport einen hohen Stellenwert, an einem Rennen kann es Fynn Lanter indes nicht tragen: Die Quer-Saison ist für ihn beendet und nächstens muss er bei den Junioren (U19) starten.
«Das Trikot ist wunderschön», schwärmt seine Mutter, es ist das erste Schweizer-Meister-Trikot im Hause Lanter in Rorschacherberg: Fynns Mutter war unter ihrem ledigen Namen Silvia Zoller selbst Strassenradrennfahrerin. Die gebürtige Auerin fuhr Ende der 1990er-Jahre als Profi für das damals bekannte Team Nürnberger. Sie bestritt unter anderem den Giro d’Italia, die Tour de France und auch Eintagesklassiker wie Mailand – Sanremo oder Flèche Wallonne. Im Jahr 2000 qualifizierte sie sich für die Olympischen Spiele in Sydney, konnte aber wegen einer kurz zuvor zugezogenen Hirnerschütterung nicht teilnehmen. Danach beendete sie 25-jährig ihre Karriere mit einigen Medaillen, aber ohne Meistertrikot im Palmarès.
Fünf Jahre später wurde sie Mutter, die Leidenschaft fürs Velo war ungebrochen. Mit ihrem Mann Patrick Lanter und den drei Buben fuhren sie oft in der Freizeit mit den Bikes zum Picknicken. Sie sagt:
Biken ist grossartig für Kinder, sie sind in Bewegung, lernen die Natur kennen und entdecken die Tiere im Wald.
Das erinnert an die Anfänge von Jolanda Neff, die ihre ersten Pedaltritte auf ähnliche Weise mit ihren Eltern und Geschwistern machte. «Die Familie Neff kennen wir gut», sagt Silvia Lanter, «Jolandas Eltern gaben uns etwa den Tipp, einen alten Veloschlauch mitzunehmen, um den Kleinsten ziehen zu können.»
Auch die Gschpänli vom Lehrbetrieb holten Gold
Nicht nur Fynn, auch seine zwei Brüder liessen sich von der Leidenschaft seiner Eltern anstecken: Sein älterer Bruder Nils fuhr an den Radquer-Meisterschaften in der Kategorie U19 (12. Rang). Er bestritt in diesem Winter indes nur einige Radquer, sein Fokus liegt inzwischen auf der Strasse, wo er zum Junioren-Nationalteam gehört. Und der jüngere Bruder Malvin fährt in der Altersklasse U15 ebenfalls regelmässig Spitzenränge auf dem Bike heraus.
Seit dem Sommer arbeitet Fynn Lanter als Automatikerlehrling bei der Firma Bühler in Uzwil, wo auch die Geschwister Nicolas und Monique Halter aus Herisau zu sportgerechten Bedingungen die Lehre absolvieren – alle drei gewannen an den Radquer-Meisterschaften die Goldmedaille! Und mit Sven Sommer gewann ein weiterer Bühler-Lehrling die Silbermedaille.
Fynn Lanter wird in diesem Jahr nebst den beiden grossen Schweizer Bike-Cups auch an Strassenrennen antreten. Er ist nur 1,64 m gross und, wie es seine Mutter sagt, «federleicht» – beste Voraussetzungen für einen künftigen Bergfloh. Sein grösstes Ziel 2023 ist indes die Teilnahme an den Europäischen Jugendspielen (Eyof) in Maribor, wo erstmals Mountainbike auf dem Programm steht.