10.07.2022

Für Wandernde lebensgefährlich: Blitze auf dem Grat

Was es bei einem plötzlichen Gewitter im Alpstein zu beachten gilt. Fachleute erklären das richtige Verhalten.

Von Aylin Erol
aktualisiert am 02.11.2022
In den vergangenen Wochen zogen schwere Gewitter über die Ostschweiz. Am Montag vor einer Woche löste ein Gewitter in Wasserauen gar ganze Sturzbäche aus, die den Parkplatz am Fusse des Alpsteins überfluteten. Diese jüngsten Ereignisse zeigen die zerstörerische Kraft von Unwettern gerade in der aktuellen Jahreszeit. Der Sommer ist jedoch nicht nur Gewitter-, sondern auch Wandersaison. Was also tun, wenn man im Alpstein unterwegs ist und von Blitz und Donner überrascht wird?«Am allerwichtigsten ist es, dass man so schnell wie möglich runter vom Grat und runter vom Gipfel kommt», sagt Monique Walter, Beraterin Sport und Bewegung bei der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU). Man solle auf keinen Fall den höchsten Punkt auf einem Berg darstellen. Blitze würden nämlich zwei Gefahren bergen: Einerseits könnte man als höchster Punkt von ihm getroffen werden. Und andererseits: «Ein Blitzeinschlag in der Nähe kann einen aufgrund der Druckwelle wortwörtlich um- oder gar den Berg hinunterwerfen.» Am besten kehre man also so schnell wie möglich um oder suche Schutz.Schützende Orte gibt es im Alpstein genugAuf der Website der BFU findet man eine ganze Liste an Verhaltensregeln, die es bei Blitz, Donner und Hagel in den Bergen zu beachten gibt. Empfohlen wird etwa auch das Zusammenkauern in einer Mulde. «Das ist in den Bergen aber oftmals schwierig», sagt Walter. Besser sei es, schützende Orte wie Restaurants, Hütten oder Bergbahnstationen aufzusuchen.Dem stimmt auch Tho-mas Koller, Rettungschef der Rettungsstation Schwägalp, zu: «Der Alpstein hat glücklicherweise eine hohe Dichte an schützenden Gasthäusern und Hütten.» Er ist zwar sicher, dass so innerhalb einer Stunde jeder und jede einen Schutzort finden könne, gibt jedoch zu bedenken: «Eine Stunde kann je nachdem trotzdem eine ziemlich lange Zeit bedeuten.»Tatsache sei, dass gerade im Alpstein das Wetter extrem schnell umschlagen könne. Der Grund: Der Alpstein stellt in der Ostschweiz die erste grosse Front der Voralpen dar, die vom Westen her vom Wetter getroffen wird.Frühzeitig zu sehen, dass sich ein Gewitter zusammenbraut, sei in den Bergen deshalb oftmals schwierig, gibt auch Monique Walter zu bedenken. Die aufziehenden schwarzen Wolken könnten hinter einer Bergkette versteckt sein, und so sehe man sie nicht schon von weitem übers Land ziehen.Planung ist das A und OAuch lokale Gewitterzellen seien keine Seltenheit. «Diese sind teilweise selbst auf einer Wetterapp nicht gut vorauszusehen. Deswegen raten wir davon ab, bei sehr instabilem Wetter wandern zu gehen.» Sie empfiehlt im Sommer, eine Route gene-rell frühmorgens zu starten, damit man am Nachmittag oder Abend, wenn sich die meisten Gewitter entladen, bereits wieder in Sicherheit ist.Planung ist also das A und O. Diesen Punkt unterstreicht auch Thomas Koller: «Am besten informiert man sich schon am Abend vor der Wanderung über die Route und die Wetterverhältnisse.» Auch alternative Routen sollen geplant werden. Wegen der schnellen Wetterumschwünge im Alpstein empfiehlt Koller allerdings, kurz vor Wanderbeginn nochmals die Wetterlage abzuklären. «Und schliesslich gilt auch während der Wanderung: Immer aufmerksam bleiben.» Das werde nach wie vor zu wenig gemacht.Säntis: Festhalten an Stahlseilen keine gute IdeeEin wirkliches Problem mit Wanderinnen und Wanderern, die sich trotz schlechter Witterung auf Wanderrouten begeben, hat die Schweiz und auch der Alpstein gemäss Walter und Koller zwar nicht. Und auch die Wahrscheinlichkeit, beim Wandern vom Blitz getroffen zu werden, sei klein.Doch auch wer nicht direkt getroffen wird, kann einen lebensgefährlichen Stromschlag abbekommen, weiss Koller: «Beim Wanderweg auf den Säntis gibt es etwa viele Stahlseile und Tritte. Viele halten sich bei einem Gewitter instinktiv an diesen fest.»Das sei keine gute Idee. «Bei einem Blitzeinschlag zuoberst leitet es den Strom über die Stahlseile bis nach unten weiter.» Deshalb sollte man sich einfach möglichst klein machen und nichts berühren, sofern man keine anderen Möglichkeiten habe. Das empfiehlt die BFUBei nahendem Gewitter Aktivitäten abbrechen, Höhen und Gewässer verlassen.Im Freien Schutzstellung einnehmen: Mit geschlossenen Beinen in einer Mulde niederknien, Knie umschlingen.Nicht unter frei stehenden Bäumen, Baumgruppen oder Waldrändern stehen.Mindestens drei Meter Abstand zu Masten, Antennen, Metallkonstruktionen, Gebäuden und Bäumen im Wald halten.Schutz unter Freileitungen, Felsvorsprüngen oder in Bodenmulden suchen.Mehr Informationen unter www.bfu.ch

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.