06.03.2020

Für sich selbst möchte man mehr

Die bürgerlichen Ortsparteien stellen sich gegen ihre Mutterparteien und fordern für Altstätten ein MedPlus-Spital.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Die SVP hat in Altstätten eine regelrechte Kehrtwende vollzogen. Als es vor sechs Jahren um die Genehmigung des Kredits für den Ausbau der Spitäler ging, forderte sie mit Herbert Huser an der Spitze der Kantonalpartei den Ersatz der Spitäler Altstätten und Grabs durch einen Neubau auf der grünen Wiese. Orts- und Kreispartei verhielten sich still.Das ist in der heutigen Spitaldiskussion anders. Während die Kantonalpartei die von der Regierung – unter anderem für Altstätten – vorgesehenen Gesundheits- und Notfallzentren statt der bisherigen Spitäler begrüsst, stellt sich die SVP-Ortspartei unter Thomas Eugster offen hinter die Forderung des Stadtrats nach einem MedPlus-Spital.Ein solches würde zwar nicht das ganze Leistungsspektrum des heutigen Spitals abdecken, aber deutlich mehr als ein Gesundheits- und Notfallzentrum, wie es die Regierung für Altstätten vorsieht.Nicht viel mehr als eine ausgebaute ArztpraxisDer Präsident der Kreispartei, Markus Wüst, stärkt der Altstätter Ortspartei den Rücken: «Wir wollen ein MedPlus-Spital mit Geriatrie; das ist eine sinnvolle Lösung», schreibt er. Das sei zwar seine eigene Meinung; er ist aber der Ansicht, dass ein grosser Teil der SVP Rheintal sie teilt. Wüst fürchtet, dass ein Gesundheits- und Notfallzentrum über kurz oder lang nicht viel mehr wäre als eine ausgebaute Arztpraxis.Auch die FDP ist heute gespalten. Während die Kantonalpartei ans finanzielle Gewissen appelliert und von Ärzten betriebene Gesundheits- und Notfallzentren begrüsst, trägt die Ortspartei Altstätten die Forderung des Stadtrats (in dem sie mit Reto Walser und Toni Loher vertreten ist) nach einem MedPlus-Spital mit. Die FDP Altstätten sei «enttäuscht, dass die Regierung in der letzte Woche veröffentlichten Botschaft zur Spitalstrategie den Vorschlag nicht aufgenommen hat», schreibt Ortsparteipräsident Christoph Graf.Andererseits betont Graf, dass ein Spital mit dem heutigen Leistungsangebot aus kantonaler Sicht «nicht zukunftsfähig» sei. Insofern begrüsse die Ortspartei die von der Regierung vorgeschlagene Lösung mit einem regionalen Gesundheits- und Notfallzentrum mit ansässigen Ärzten.Die FDP-Kreispartei vertritt den Standpunkt der Kantonalpartei. Präsident Hanspeter Rohner ist froh, kommt es mit einem Gesundheits- und Notfallzentrum nicht zu einer ersatzlosen Schliessung des Spitals. Seiner Ansicht nach stärkt ein solches Zentrum den Standort Altstätten sogar, weil die Notfallversorgung gewährleistet sei und darüber hinaus Qualität zähle und nicht ein möglichst breites Leistungsangebot.Vehementeste Verfechterin eines MedPlus-Spitals ist die CVP Altstätten, die sich damit ebenfalls gegen ihre Kantonalpartei stellt. Die kantonale CVP hat sich wie die Kantonalparteien von SVP und FDP im Grundsatz für das Konzept der Gesundheits- und Notfallzentren ausgesprochen. Die Reaktion der Kreispartei hingegen ist ähnlich schwammig wie jene der FDP-Kreispartei. «Die CVP Rheintal wird auf keinen Fall Hand bieten, das Spital Altstätten sang- und klanglos zu schliessen oder ausbluten zu lassen», schreibt Kreisparteipräsident Sandro Hess. Um sagen zu können, was in Altstätten noch möglich sei, fehlten ihm aber aussagekräftige Zahlen. Dass die Kantonalparteien sich dermassen anders äussern als die Ortsparteien, wundert Andreas Broger, den Präsidenten der CVP Altstätten, nicht: Die Verlautbarungen der Kantonalparteien spiegelten nicht die Meinung einer Mehrheit der Parteimitglieder, sondern jene einer Mehrheit der Parteileitung bzw. eines überzeugend auftretenden harten Kerns darin. Damit meint er im Fall seiner eigenen Partei Noch-Regierungsrat Benedikt Würth.Hoffen auf die vorberatende KommissionNicht nur Würth, auch Kantonalparteipräsident Patrick Dürr äussert sich kritisch zur Zukunft des Spitals Altstätten, obwohl er als Widnauer selbst in dessen Einzugsgebiet wohnt. Für die Forderung des Stadtrates und der Ortsparteien hat er zwar Verständnis; er hält sie aber für nicht finanzierbar. Dass sich die Regierung in der Botschaft nicht dazu äussere, was über die Grundleistungen eines Gesundheits- und Notfallzentrums hinaus in Altstätten noch möglich wäre, ärgere ihn aber. Es liege nun an der vorberatenden Kommission des Kantonsrates, hier nachzuhaken.Dieser 21-köpfigen Kommission gehören auch vier Rheintaler an: Michael Schöbi (CVP, Altstätten), Peter Eggenberger (SVP, Rüthi), Laura Bucher (SP, St. Margrethen) und Meinrad Gschwend (Grüne, Altstätten).SP und Grüne Partei stehen über alle Parteiebenen für eine besser ausgebaute Gesundheitsversorgung ein, als die Regierung sie vorschlägt. Der «rein betriebswirtschaftliche Ansatz» sei zu einseitig, schreibt etwa Meinrad Gschwend von den Grünen. «Wie bei anderen Staatsaufgaben muss zuerst beantwortet werden, was uns eine hochstehende Gesundheitsversorgung wert ist.»Im Kantonsrat nicht vertreten ist bislang die Rheintaler GLP. Sie vertritt aus Kostengründen zwar eine Reorganisation des Spitalwesens, hält aber ein Notfallzentrum ohne erweiterte Leistungen für ungenügend.

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