06.03.2020

Für Gleichberechtigung gekämpft

Annegret Wigger erhält den Prix Zora stellvertretend für alle Mitorganisatorinnen des Frauenstreiks in Trogen.

Von Benjamin Schmid
aktualisiert am 03.11.2022
Rund 150 Frauen und Männer versammelten sich am 14. Juni 2019 auf dem Landsgemeindeplatz in Trogen, um miteinander für die Rechte der Frauen einzustehen. Aufgerufen zur Kundgebung hatte ein zwölfköpfiges kantonales Komitee rund um Annegret Wigger, SP-Kantonsrätin aus Heiden, die bereits 1991 auf die Strasse gegangen war, um die Anliegen der Frauen zu unterstützen. Morgen Sonntag, 8. März, ehrt sie die Ausserrhoder Frauenzentrale stellvertretend für alle Initiantinnen mit dem Prix Zora. Nebst der Politikerin werden vier weitere mutige Frauen für ihr spezielles Wirken im vergangenen Jahr ausgezeichnet.Denkwürdige LandsgemeindeAnnegret Wigger wächst auf einem Bauernhof in eine klassische katholische CDU-Familie hinein. Als Jüngste der Familie wurde sie von ihren drei Brüdern früh herausgefordert und musste sich ihren Platz in der Familie erkämpfen. Als Studentin der Erziehungswissenschaften fragte sie sich in den 1970er-Jahren: Was ist gerecht und wie lässt sich Gleichberechtigung auf politischer Ebene verwirklichen?Mit ihrem Mann kam sie in den frühen 80er-Jahren in die Schweiz, wo sie 1982 heiratete und die Schweizer Staatsbürgerschaft erhielt. Aus ihrer Heimat war sie mit dem Frauenstimm- und Wahlrecht vertraut, weshalb sich Annegret Wigger auch in der Schweiz für entsprechende Regelungen stark machte. «Ich weiss noch gut, wie ich am 30. April 1989 mit meinen Freundinnen vor dem Fernseher sass und während der Landsgemeinde in Hundwil mitgelitten habe.» Trotz des Erfolgs kämpfte sie weiter für Gleichberechtigung auf verschiedenen Ebenen und beteiligte sich mit vielen anderen Frauen 1991 am ersten Frauenstreik. Ein erster Erfolg war die Errichtung einer Gleichstellungskommission in Appenzell Ausserrhoden, in die sie vom Regierungsrat als eines von 12 Mitgliedern berufen wurde.Gleichstellung muss weitergehen«Die Auszeichnung ist eine schöne Wertschätzung für unser Tun», sagt Annegret Wigger, «doch es muss weitergehen.» Es gäbe bereits viele Bereiche, in denen Frauen stark und fähig seien. Dennoch würden Frauen in der Öffentlichkeit an höheren Massstäben gemessen als ihre männlichen Kollegen. Gleichberechtigung sei kein ausschliessliches Frauenthema. Ebenso entscheidend sei die Rolle der Männer: «Was können Männer beitragen, um Gleichstellung in der Gesellschaft durchzusetzen?», fragt die Kantonsrätin.Es sei ein grossartiges Gefühl gewesen, zu sehen, wie alle Generationen den Streik mitgetragen hätten. Frauenbewegungen und andere soziale Bewegungen brauchten Aufmerksamkeit, um Druck auf die Politik auszuüben. Hier knüpfe der Prix Zora an, in dem der Preis die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf unterschiedlichste Frauenthemen lenkt. «Die Forderungen des Streiks sind berechtigt», sagt Annegret Wigger, «strukturelle Gleichheit ist keine Garantie dafür, dass es überall gleich ist, aber sie ist eine Voraussetzung für Veränderungen.» Gleichstellung liegt in der gesellschaftlichen Verantwortung und beinhaltet mehr als Frauenrechte. Wie weit dürfen Kinder mitbestimmen? Sind Menschen mit Beeinträchtigungen gleichberechtigt oder sollten Ausländer nebst Steuern zu bezahlen auch wählen dürfen?Ihr Anliegen ist, soziale Bewegungen zu sensibilisieren, dass es demokratische Verfahrensprozesse benötigt, um Anliegen durchzusetzen. Umgekehrt erwartet die Kantonsrätin von der Politik, dass sie die Bedeutung sozialer Bewegungen anerkennt.Stimmungsvolle PreisverleihungDer Prix Zora wird am Sonntag, 8. März, im Restaurant Bären in Hundwil verliehen. Gemeindepräsidentin Margrit Müller unternimmt um 9 Uhr einen geführten Rundgang durchs Dorf. Um 10 Uhr findet der gemeinsame Brunch statt. Um 11 Uhr startet das Gespräch mit den nominierten Frauen und die Verleihung des Prix Zora. Die Moderation übernimmt Anita Keller aus Heiden. Musikalisch begleitet wird der Anlass vom Duo Carman aus Herisau, bestehend aus Martina Jucker an der Flöte und Inez Ellmann auf dem Marimbafon. Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos. Das Essen und die Getränke gehen zu Lasten der Teilnehmerinnen. (bes)

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