27.04.2021

Für eine viel reichere Artenvielfalt

Der Permakulturbetrieb Hof Morgarot realisiert ökologische Aufwertungen für mehrere Hunderttausend Franken.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Ökologischer (und biologischer) aufgestellt als der Hof Morgarot kann ein Landwirtschaftsbetrieb kaum sein. Die Familie Schmid bewirtschaftet ihren Hof hoch über Lüchingen nach den Prinzipien der Permakultur, in der die Landwirtschaft auf die Kreisläufe der Natur ausgerichtet ist. «Natur und Landwirtschaft kann sehr gut zusammen funktionieren», stellt Marcel Schmid klar, «das eine muss das andere keineswegs ausschliessen.» Als er zusammen mit seiner Frau Manuela den Hof von seinen Eltern übernahm, legten die beiden diverse Kleinstrukturen an, Weiher und Hecken zum Beispiel. «Beides ist enorm wichtig», sagt Manuela Schmid, «sie sind Lebensraum für viele Nützlinge.» Auch sonst wird der Natur bei der Bewirtschaftung des Hofs viel Platz gelassen. Und sie bekommt nun noch deutlich mehr Raum: Auf einem grossen Teil des 22-Hektar-Betriebs realisieren Manuela und Marcel Schmid zusammen mit dem Verein Pro Riet Rheintal weitere ökologische Aufwertungen für fast 400000 Franken.Für die Natur und für die MenschenWeitere Hecken werden angepflanzt, Weiher gegraben, Kleinstrukturen wie Steinlinsen und Asthaufen angelegt, Blumenwiesen angesät, seltenen Vogelarten Nistkästen eingerichtet, grosse Flächen Wald durchforstet und aufgelichtet, Waldränder stufiger gestaltet … Auf den kahlen Streifen Erde nicht weit unterhalb des Bauernhauses wird eine artenreiche Weide für die vielen Tierarten des Hofs Morgarot angesät. Und am Weg darunter wurden bereits Niederstammobstbäume und Wildsträucher gepflanzt.Viele weitere Massnahmen dienen nicht nur Insekten, Amphibien, Waldtieren und Vögeln, sondern auch der Familie Schmid selbst, die ja letztlich von etwas leben muss. So werden Obstgärten angelegt, in denen sie Äpfel, Birnen und Steinobst werden ernten können. Ein sonniger Hang über dem Bauernhof wird zu einem Hain mit Edelkastanien. Es werden auch Beerensträucher angepflanzt, wobei es zwischen diesen auch einige nicht nutzbare Wildsträucher geben wird. Sogar der Gemüseacker wird mit Hecken aus Wildsträuchern unterteilt. «Das wirkt feuchtigkeitsausgleichend», erklärt Marcel Schmid. Bis die Hochstammobstbäume an der Hofzufahrt zum Oberstall Früchte tragen, werden die dazwischen gepflanzten Niederstammobstbäume ihre Lebensdauer schon fast erreicht haben – aber in dieser Zeit schon während Jahren eine Ernte ermöglicht haben.Die Aufwertungen verteilen sich auf 414 Aren rund um den Bauernhof und auf 212 Aren einige hundert Meter weiter im Gebiet Oberstall. Dazwischen liegt eine Kantonsgrenze: Während der Hof Morgarot auf Oberegger Boden liegt, gehört der Oberstall zu Altstätten.Deswegen wurde das Projekt in zwei Teilprojekte aufgeteilt. Das war nötig für die Zusicherung von Beiträgen der Kantone Appenzell Innerrhoden und St. Gallen für die jeweiligen, sie betreffenden Flächen. Einen wesentlichen Teil der Kosten übernimmt ausserdem der Bund. Am Innerrhoder Projekt beteiligt sich auch der Bezirk Oberegg. Unterstützt wird das Projekt weiter von der Dr. Bertold Suhner-Stiftung und vom Naturemade Star Fonds des Elektrizitätswerks der Stadt Zürich. Die Familie Schmid wiederum schiesst die Schutzwaldbeiträge und Landschaftsqualitätsbeiträge ein, die sie für die Massnahmen auf ihrem Hof erhält. Nicht zu vergessen ihre Arbeitsleistungen. Auch einzelne Firmen beteiligen sich am Projekt und der Verein Pro Riet Rheintal selbst. Für Pro Riet ein besonders vielversprechender AnsatzDessen Präsident Ignaz Hugentobler streicht die Bedeutung dieses aussergewöhnlich grossen Projekts für die Natur im Rheintal heraus. Der Verein sei deswegen bereit gewesen, hier auch Massnahmen zu unterstützen, die über den Rahmen bisheriger Projekte hinausgehen. Dies auch, weil das enge Neben- und Miteinander von Natur und landwirtschaftlicher Produktion ein besonders vielversprechender Ansatz zur Förderung der Naturvielfalt sei.Manche Strukturen wie diesen Weiher haben Schmids schon vor dem Projekt realisiert. Das über die Steinplatten herabplätschernde Bächli stellt nicht zuletzt für die Geburtshelferkröte, eine Leittierart des Projekts, eine Bereicherung des Lebensraums dar.Bereits 2016 hatten Schmids Pro Riet gebeten, die damalige Artenvielfalt rund um den Bauernhof zu erfassen. Sie wollten belegen, wie sich die Betriebsumstellung auf Permakultur auswirkt. Die seitdem geschaffenen Kleinstrukturen und das Bauern mit der Natur haben bereits zu einer reicheren Artenvielfalt geführt. Umso mehr darf man daher gespannt sein, wie die Bilanz im Schlussbericht zum Projekt aussehen wird. Dieser wird in fünf Jahren erarbeitet. Die ökologische Aufwertung soll freilich länger Bestand haben. Deswegen wurden die Massnahmen und deren Pflege auch mit dem Eintrag von Personaldienstbarkeiten in die Grundbücher von Oberegg und von Altstätten abgesichert.Hinweis: Mehr auf www.hof-morgarot.ch und www.pro-riet.ch.

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.