Zwei ältere Damen, die am Samstagvormittag über den Rathausplatz gehen, glauben nicht recht zu sehen: Da liegen ein gutes Dutzend Frauen auf Matten mitten auf dem Platz zwischen Rathaus und katholischer Kirche. «Goht’s dene no – haben die nichts Besseres zu tun?!», echauffiert sich eine der beiden. Die Seniorinnen sind grad zu einem unglücklichen Zeitpunkt auf den Platz gekommen. Kaum eine Minute später sähen sie nämlich, dass die Frauen nicht einfach so auf dem Platz liegen, sondern hier Turnübungen machen. Yoga, um es genauer zu sagen.Nicole und Sandro Monastra von der Yogastation Altstätten hatten im Rahmen der Gartenschau Naturstadt Altstätten zu einem Yoga-Event hierhin eingeladen. Die ursprünglich aus Indien stammenden Techniken sind sowohl körperliche Ertüchtigung als auch eine durch die Körperübungen unterstützte meditative Fokussierung des Geistes. Manche Yoga-Praktiken betonen mehr ersteres, andere mehr zweiteres. Auf dem Rathausplatz wurde je eine Lektion Vinyasa Flow, Hatha Yoga und Inside Flow gegeben.Yoga kräftigt und dehnt, beruhigt aber auch den GeistWer mit Yoga nicht vertraut ist, versteht da freilich nur Bahnhof. Vinyasa sei ein dynamisches Yoga mit aneinandergereihten Übungen, die einen in Fluss kommen lassen, erklärt Nicole Monastra. Das sei sowohl Sport als auch Entspannung: «Es kräftigt und dehnt den Körper, beruhigt aber auch den Geist.» Dem Zuschauer mögen die Übungen locker erscheinen. Doch das täusche, stellt Monastra klar. Mache man sie richtig, seien die Übungen anstrengend. Man könne dabei durchaus einen Muskelkater bekommen.«Danach fühlt man sich geschlaucht – aber es tut gut»Carmen Sivec gab eine Lektion Hatha Yoga. Dabei versuche man, Körper, Geist und Atem zu vereinen und so ganz im Moment zu sein, erklärt die Rüthnerin, die einmal die Woche in Monastras Yogastation unterrichtet. Je nach Übungsablauf könne eine solche Lektion sanft sein, «ideal zum Herunterfahren nach einem anstrengen-den Tag». Oder aber auch recht fordernd: «Nach einer anspruchsvollen Stunde ist man geschlaucht», sagt Sivec, «aber es tut gut – sehr gut!»Sandro Monastra – von Beruf Sportlehrer – gab eine Lektion Inside Flow, eine Weiterentwicklung des Vinyasa-Yoga. Dabei atme und bewege man sich synchron zu Musik, eine Übung gehe fliessend in die nächste über, so sei man immer im Fluss. «Das ist enorm reizvoll», schwärmt Monastra.Bäume, Hunde, Krieger und SuperheldinnenWährend der Lektion sagt die Instruktorin oder der Instruktor laufend, welche Übung als nächstes folgt. Aus Filmen mit Yoga-Szenen bestens bekannt beispielsweise der Sonnengruss. Dann gibt’s auch noch den Baum oder den Hund. Sandro Monastra kündigt aber auch den Krieger an oder die Superwoman. Das klingt nach Kampfsport. Damit habe es aber nichts zu tun, versichert Monastra. Nichtsdestotrotz: Yoga sei gerade auch bei ehemaligen Kampfsportlern beliebt.Auf dem Rathausplatz waren Männer allerdings massiv untervertreten. Nebst Sandro Monastra breitete lediglich ein einziger seine Yoga-Matte zwischen jenen der Frauen aus. Wesentlich mehr schauten von der «Rathaus»- Gartenwirtschaft aus zu.Yoga hält jung – auch MännerDer Eindruck, dass vor allem Frauen Yoga praktizierten, sei aber falsch. «Mittlerweile gibt es viele Männer, die gemerkt haben, dass Yoga einem gut tut», sagt Nicole Monastra. Und Sandro Monastra gab erst letzthin eine Stunde, zu der mehr Männer als Frauen kamen. «Yoga hält jung», versichert er.Zum Mitmachen eingeladen waren am Samstag sowohl Leute, die Yoga bereits kennen und lieben als auch solche, die es einfach einmal ausprobie-ren wollten. Wegen der Corona-Abstandsvorschriften war die Teilnehmerzahl allerdings beschränkt.Scherzend gefragt, ob sie denn nicht auch mitmachen wollten, meint eine der beiden eingangs erwähnten älteren Frauen, «nein, nein, wir turnen daheim», worauf sie sich beeilt, weiterzukommen. Hätte sie ein wenig länger zugeschaut, würde sie vielleicht weiterhin daheim turnen, es aber womöglich dort auch einmal mit Yoga versuchen.