In der Heilpädagogischen Schule werden Kinder ab dem Kindergarten bis nach der Oberstufe beschult: Von vier bis maximal 18 Jahren. Letzteres ist der Fall, wenn ein Brückenangebot fehlt, bis der Jugendliche in eine Erwachsenen-Institution eintreten kann. Zurzeit werden knapp 100 Schüler in 14 Klassen unterrichtet, ab Sommer 2021 sind es sogar 16, die sich ein Schulhaus und einen Pavillon teilen.An der HPS werden Kinder von Au bis Rüthi beschult, die aufgrund ihrer Beeinträchtigung keine Regelklasse besuchen können, aber zu Hause bei ihren Eltern wohnen. Zur Tagesschule gehört auch das gemeinsame Mittagessen. Auskunft über die unterschiedlichen Phasen der Pandemie gaben die schulischen Heilpädagogen Simone Schwarz und Beat Zünd, die an der Oberstufe der HPS unterrichten. Simone Schwarz wohnt in Rebstein. Sie gehört seit acht Jahren zum HPS-Lehrerteam, dem der Balgacher Zünd sogar seit 2011 angehört.Erste Welle«Am Freitag, 13. März, warteten wir gespannt die Medienmitteilung des Bundesrates ab, da man bis dahin nicht wusste, wie es weiter geht», sagt Lehrer Beat Zünd. Am Freitagabend informierten die Lehrpersonen die Eltern, dass am Montag kein Unterricht stattfindet, dann aber weitere Informationen folgen werden. Da die Schüler nicht selbstständig arbeiten können, stellte sich die Frage: Wie können sie zu Hause unterrichtet werden? Videochats sind nur individuell bei Schülern in der Oberstufe einsetzbar und auch dann nur in Kleingruppen oder im Einzelunterricht. Nebst dem schulischen Arbeiten ist die Betreuung der Kinder an der HPS ein wichtiger Aspekt. Deshalb wurde die Notfallbetreuung schnell ein wichtiges Thema, da pflegebedürftige Kinder darunter sind, die auch bei alltäglichen Verrichtungen Hilfe brauchen. Viele Eltern getrauten sich am Anfang nicht, dieses Angebot anzunehmen. Dazu kämpften sie mit neuen Problemen, weil den Schülern die wöchentlichen Strukturen fehlten. Durch den guten Austausch mit den Lehrkräften wurde deshalb ein Teil der Kinder trotzdem von den Eltern in die Schule gebracht oder sie kamen selber mit dem öffentlichen Verkehr. Diese Schüler wurden auch beim Mittagessen betreut. Es wurde aber darauf geachtet, dass sie keinen Kontakt zueinander hatten. Das war für viele Kinder sehr schwierig, weil der Austausch untereinander sonst gefördert wird, gerade auch in den Pausen. Schüler mit Sprachschwierigkeiten waren durch das Einzelsetting stark isoliert.Weil alles anders war, gab es eine Phase, in der viele Kids nicht mehr in die Schule gehen wollten – normalerweise freuen sie sich, wenn sie in die HPS dürfen. Die Lehrpersonen versorgten auch die Kinder zu Hause mit Schulmaterial. Fuhren von Haus zu Haus, brachten Schulmaterial, nahmen ausgefüllte Arbeiten zum Korrigieren mit. Sie brachten aber auch Bastelanleitungen, Spiele und Kochrezepte und richteten eine App für die Eltern ein, die informierte, wie die Materialien eingesetzt werden können. «Neuen Stoff zu vermitteln, war in dieser Zeit nicht möglich», sagt Oberstufenlehrerin Simone Schwarz. Man habe bereits bekannte Themen für das Homeschooling aufbereitet. Die Lehrer selbst waren täglich in der Heilpädagogischen Schule und tauschten sich auch aus, wie das Material möglichst selbsterklärend gestaltet werden kann, aber: «Ich vermisste das Unterrichten. Vorbereiten, vorbeibringen und korrigieren ohne Kontakt mit dem Schüler zu haben, war nicht befriedigend», sagt Simone Schwarz.ZwischenzeitAls die Kinder nach dem Lockdown wieder in die Schule durften, hatten sie sich schnell wieder eingewöhnt. «Wir verspürten in dieser Zeit eine grosse Dankbarkeit von Schülern und Eltern gegenüber der Heilpädagogischen Schule», sagt Beat Zünd. Aber es machte sich bei den Kindern auch schnell eine gewisse Ernüchterung breit, denn sie vermissten die Angebote, die sonst zu ihrem Schulalltag gehören. Beispielsweise durfte nicht geturnt werden. Auch die klassenübergreifenden Aktivitäten, die einen grossen Teil ausmachen, durften nicht mehr stattfinden. Enttäuscht waren die Kids, als sie erfuhren, dass sie nicht ins Sommerlager können. Ganz besonders die Jugendlichen in ihrem letzten Schuljahr fanden es schade, dass sie dieses Highlight verpassen. Immerhin konnte es nach den Sommerferien nachgeholt werden.Zweite WelleDer gefühlte Beginn der zweiten Welle war, als die Maskenpflicht eingeführt wurde. Die Handarbeitslehrerinnen hatten bereits während des ersten Lockdowns und auch während der Sommerferien Masken genäht. In der Oberstufe waren sie Pflicht und der Grundtenor der Schüler: «Das ist nicht so schlimm.» Vereinzelt funktionierte das Maskentragen nicht, auch aus gesundheitlichen Gründen. Grössere Probleme mit der Maskenpflicht hatten die Lehrer. «Die Schüler konnten die Mimik nicht mehr interpretieren, verstanden etwa nicht, was ich will, als ich auf dem Pausenplatz bei einem Streit intervenierte. Als ich die Maske kurz runterzog, musste ich gar nichts mehr sagen. Alles war klar», sagt Simone Schwarz. Zuerst wurde deshalb mit Plexiglasabtrennungen gearbeitet, später war das nicht mehr erlaubt. Besonders litten Schüler mit Sprachschwierigkeiten darunter, da sie kaum mehr kommunizieren konnten.In der Adventszeit fehlte das stufenübergreifende Singen, das die Schüler auf Weihnachten vorbereitet. «Nicht mehr singen zu dürfen, war für mich die bitterste Einschränkung über die ganze Zeit gesehen. Es ist ein verbindendes Element zwischen den Klassen, gibt aber auch einen Rahmen oder lockert die Schulstunden etwas auf. Viele Schüler können beim Singen Energie ablassen, um sich dann wieder konzentrieren zu können», sagt Beat Zünd. Per Zoom wurde versucht, dies ein bisschen zu kompensieren, indem die Lehrer vorsangen. «Teilweise haben ganze Familien mitgesungen, das war wirklich süss», sagt Schwarz. Nach Weihnachten machte sich eine gewisse Corona-Müdigkeit bemerkbar. «Es fehlte eine Perspektive, auch weil es keinen Zeitrahmen gab», sagt Zünd. Viele praktische Projekte konnten nicht durchgeführt werden, weil sie nur klassenübergreifend funktionieren, wie etwa der Pausenkiosk. Das Skilager musste aus organisatorischen Gründen abgesagt werden, weil sich der Kanton zu lange Zeit nahm, grünes Licht dafür zu geben. «‹Scheiss Corona›, war in dieser Phase ein Ausdruck, der oft fiel», sagt Beat Zünd.«Weil die begleiteten Begegnungen der unterschiedlichen Schüler während des Unterrichts fehlten, kam es vermehrt zu Konflikten in der Pause und auf dem Schulweg», blickt Simone Schwarz zurück und sagt weiter: «Als man draussen wieder gemeinsam singen durfte, wurde die Stimmung gleich wieder entspannter.»AusblickDie grösste Hoffnung ist, dass die Maskenpflicht bald aufgehoben wird, was in einigen Kantonen bereits passiert ist. Ein Lichtblick ist, dass das Sommerlager durchgeführt werden kann. Auch sonst erhoffen sich die beiden Lehrer, dass sobald wie möglich Schritt für Schritt zur Normalität zurückgekehrt werden kann. Dazu gehört, dass nicht mehr jeder sein Mittagessen im Schulzimmer an einem Einzeltisch einnehmen muss. «Wenn es beispielsweise etwas mit Käse gab, wird man jeweils noch den halben Nachmittag daran erinnert, sagt Beat Zünd. Überhaupt hoffe er, dass man bald nicht mehr alles im Klassenzimmer, also in einem Raum erledigen müsse, und die Schüler für Einzelaufgaben wieder besser verteilen könne – zumal die Raumverhältnisse sowieso sehr beengt seien.«Essenziell ist, dass die Lehrkräfte sich wieder treffen können. So, dass neben den Sitzungen ein Austausch stattfindet», sagt Simone Schwarz. Es gebe neue Mitarbeiter, die sie noch nie persönlich getroffen habe. Auf dem Online-Portal «Teams» fänden nur funktionale Gespräche statt. Entsprechend hoffen die beiden Lehrkräfte, dass auch bald wieder gemeinsame Anlässe stattfinden können. Beat Zünd sagt: «Es ist wichtig, dass wir wieder gemeinsame Ziele definieren können und nicht jeder anfängt, in eine eigene Richtung zu ziehen. Es braucht den persönlichen Austausch untereinander, damit die Schule eine Einheit bleibt.»Unsere Serie zeichnet chronologisch nach, was sich für die Menschen aus der Region in den einzelnen Phasen der Pandemie verändert hat.